Gott hat im Lauf der Geschichte immer wieder Menschen berufen, nicht nur für sich persönlich den Weg der Heiligkeit zu gehen. Vielmehr hat er einige von ihnen dazu bestimmt, das ihnen gegebene Charisma auch in institutionellen Formen in die Gemeinschaft der Kirche einzubringen. Das waren und sind immer spannende, kritische, wichtige Momente, wenn Gründerpersönlichkeiten die Regeln eines neuen Ordens, die Satzungen einer neuen Gemeinschaft, eines Instituts, einer Bewegung, eines Werkes den zuständigen kirchlichen Autoritäten zu Approbation vorlegen beziehungsweise wenn eine solche Gründung in aller Form kirchenrechtlich errichtet wird.
Für das Opus Dei ist der 28. November 1982 ein ganz wichtiges Datum. Damals, vor 25 Jahren, wurde es durch die Apostolische Konstitution „Ut sit“ von Papst Johannes Paul’ II. als Personalprälatur mit internationalem Geltungsbereich förmlich errichtet. Damit fand eine lange Geschichte ihren Abschluss, über der der Gründer des Opus Dei, der 2002 heilig gesprochene spanische Priester Josefmaria Escrivá bereits sieben Jahre verstorben war. Am 2. Oktober 1928 sah er in Madrid im Gebet seine persönliche Sendung, die darin bestehen sollte, in der Kirche bei möglichst vielen das Bewusstsein zu wecken, dass alle Getauften zur Heiligkeit und einem apostolischen Wirken berufen sind – und zwar mittels der Heiligung ihrer gewöhnlichen Arbeit in der Welt. Damit war das Opus Dei „geboren“.
1934 erschien in erster Ausgabe das wohl bekannteste der geistlichen Bücher des Gründers, „Der Weg“. In diesem Artikel können weder die Geschichte des Opus Dei noch dessen kirchenrechtlicher Weg dargestellt werden, weder seine Präsenz in der Weltkirche noch die Spezifika seiner Spiritualität. Hier geht es nur darum, was denn eine „Personalprälatur“ ist, und um einige rechtliche Fragen, die in diesem Zusammenhang immer wieder gestellt werden.
Kirchliche Sendung
Eine in der Praxis ganz wichtige Rolle spielt für die Kirche, die nicht lediglich eine Glaubens- oder Bekenntnisgemeinschaft ist, sondern in Raum und Zeit existiert, ihre territoriale Gliederung in verschiedene Teilkirchen (Diözesen) und die entsprechenden Substrukturen (Pfarreien). Dieses sog. „Territorialprinzip“ steht freilich in einer gewissen Spannung zum „Personalprinzip“, so dass es etwa neben den uns allen selbstverständlichen Territorialpfarreien im Interesse einer optimalen Wahrnehmung der kirchlichen Sendung auch Personalpfarreien gibt – beispielsweise im Bereich der Hochschulseelsorge oder der Seelsorge für die fremdsprachigen Katholiken; für die Militärseelsorge gibt es sogar einen eigenen Militärbischof.
Ähnlich ist die Personalprälatur ein bereits im Priesterdekret des II. Vatikanischen Konzils vorgesehene Ergänzung der bestehenden territorialen Diözesen. Die Errichtung einer Personalprälatur verfolgt nach Canon 294 im geltenden Kirchenrecht die beiden Zwecke, eine angemessene Verteilung der Priester sicherzustellen und besondere seelsorgliche oder missionarische Aufgaben zu erfüllen. Eine „Kirche in der Kirche“ ist eine solche Personalprälatur nicht, auch nicht so etwas wie eine dem Papst unmittelbar unterstellte besondere Einsatztruppe. Vielmehr handelt es sich um eine dem Kodex des Kirchenrechts von 1917 noch unbekannte Rechtsfigur, die sowohl nach Überzeugung der zuständigen kirchlichen Autorität wie der Betroffenen die dem 1928 gegründeten Opus Dei angemessene institutionelle Form im Gefüge der kirchlichen Verfassung darstellt.
„Ius sequitur vitam – Das Recht folgt dem Leben“. Diese Wahrheit lässt allzu leicht vergessen, dass auch in der Kirche oft lange und schmerzhafte Prozesse durchgestanden werden müssen, bis etwas Neues, was nicht in bereits bestehende Kategorien passt, als solches erkannt und anerkannt wird. So war es zum Beispiel bei der Entstehung der Bettelorden, bei der Gründung der Gesellschaft Jesu und anderer geistlicher oder apostolischer Gemeinschaften. So war es bei der Entstehung der so genannten Säkularinstitute und ist es heute bei der Frage der Einordnung der so genannten neuen geistlichen Gemeinschaften. In all diese Kategorien gehört das Opus Dei nicht. Es ist vielmehr Teil der hierarchischen Struktur der Kirche, weshalb es auch nicht der Kongregation für die Ordensleute oder dem Päpstlichen Laienrat untersteht, sondern der Bischofskongregation.
Ein Angebot für die Ortskirchen
Die Errichtung des Opus Dei durch den Papst ist Ausdruck der Wahrnehmung dessen seelsorglicher Aufgabe als Hirte der Gesamtkirche. Damit wollte der Papst in keiner Weise über die Bischöfe hinweggehen oder in deren Verantwortung eingreifen; vielmehr geht es darum, dass er durch die Personalprälatur den Ortskirchen zur Ergänzung ihrer allgemeinen Seelsorge ein „Angebot pastoraler Dienste mit hierarchischer Struktur“ macht, durch das, wie es Canon 294 formuliert, „besondere seelsorgliche oder missionarische Werke für verschiedene Gebiete oder unterschiedliche Sozialverbände“ verwirklicht werden können. Dies geschieht immer in Ergänzung der allgemeinen Seelsorge der Diözese, nie ohne die vorherige Zustimmung des zuständigen Bischof und stets unter Wahrung seiner legitimen Rechte.
Dem Prälaten des Opus Dei, der die Prälatur nach Statuten leitet, die ebenfalls der Apostolische Stuhl erlassen hat, steht dafür ein eigener, in die Prälatur inkardinierter Klerus zur Verfügung, mit dem die Laien, die sich der Prälatur anschließen, aufgrund ihrer Anteilnahme am Priesteramt Christi im gemeinsamen Priestertum zusammenarbeiten. Die Laien ändern durch ihren Anschluss an das Opus Dei ihren kirchenrechtlichen Status nicht und verlieren nicht die Zugehörigkeit zu jener Diözese, in deren Bereich sie wohnen. Der Jurisdiktion des Prälaten unterstehen sie lediglich hinsichtlich der speziellen pastoralen und missionarischen Aufgaben der Prälatur. Das Ziel des Opus Dei ist von Anfang an, die Berufung aller Menschen zur Heiligkeit durch Heiligung der alltäglichen beruflichen Arbeit zu fördern.
Unser Autor ist Offizial des Erzbistums Köln