Bei einer Gedenkstunde der Israelitischen Kultusgemeinde in der Augsburger Synagoge anlässlich der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 hat der Bischof von Augsburg, Walter Mixa, alle Christen dazu aufgerufen, sich ihrer jüdischen Wurzeln stärker bewusst zu werden und überlieferte uralte Vorurteile gegenüber dem jüdischen Volk „die teilweise auf einer irrigen und ungerechten Interpretation des Neuen Testamentes beruhen“ aufzugeben. Ein Christ könne niemals antisemitisch sein, ohne seinen eigenen Glauben zu verraten, sagte Mixa.
Der in der Bibel der Juden bezeugte Glaube sei für Christen nicht eine andere Religion, sondern das Fundament des eigenen Glaubens. Wörtlich sagte Bischof Mixa: „Deshalb erklingen in der Liturgie der Kirche von den Anfängen bis heute die Stimmen von Moses und der Propheten; das Psalmenbuch Israels ist auch das große Gebetbuch der Kirche. Christen aller Konfessionen müssen sich jederzeit bewusst sein, dass Jesus von seiner menschlichen Natur her ein Nachkomme Davids ist, dass die Jungfrau Maria und die Apostel Juden waren, und dass deshalb die Juden ‚unsere älteren Brüder’ sind.“
Die Shoah, so Mixa, sei „das Werk eines menschenverachtenden neuheidnischen Regimes“ gewesen. Sein Hass gegen den Gott Abrahams und der Antisemitismus dieses Regimes hätten ihre letzten Wurzeln außerhalb der christlichen Kultur und des christlichen Glaubens gehabt. „Mit der Zerstörung des jüdischen Volkes, mit der Shoah, sollte im Letzten auch die Wurzel ausgerissen werden, auf der der christliche Glaube beruht“, betonte der Bischof.
Mit Blick auf die Ereignisse vor 71 Jahren sagte Mixa, viele mutige Männer und Frauen der Kirche, Priester und Bischöfe seien den verfolgten Juden beigestanden und seien dafür nach dem Krieg von jüdischen Organisationen und Persönlichkeiten geehrt worden. Papst Johannes Paul II. habe aber auch freimütig eingestanden und öffentlich namens der ganzen Kirche dafür um Vergebung gebeten, dass während der Judenverfolgung im Dritten Reich „der geistige Widerstand und das konkrete Handeln vieler Christen nicht so war, wie man es von den Jüngern Christi hätte erwarten können.“
Angesichts des unvergleichbaren Grauens der Shoah, dass niemals geleugnet, relativiert oder vergessen werden dürfe, sei es die gemeinsame „heilige Pflicht von Christen und Juden, jederzeit mutig zu bekennen, dass der Mensch von Anbeginn bis zu seinem natürlichen Ende unveräußerliche Rechte hat, die er als Geschöpf Gottes hat, und die ihm deshalb niemand nehmen dürfe.“ Deshalb verurteile die Kirche auch in der Gegenwart jede Art von Rassismus und der Diskriminierung von Menschen wegen ihrer Volkszugehörigkeit, ihrer Religion, ihrer Sprache oder ihrer Hautfarbe.
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