Benedikt XVI. schenkt der Kirche in den USA neue Kraft

ROM, 22. April 2008 - Die USA-Reise des Papstes nimmt für die amerikanische Kirche den Stellenwert einer radikalen Wende und eines neuen Raumes der Hoffnung ein. Galt die Reise Benedikts XVI. in die USA im Vorfeld bei vielen Beobachtern als eine „schwierige Reise“, die mit vielen Fragezeichen versehen war, so gelang es dem Papst in wenigen Stunden und Tagen, seinen Aufenthalt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu einem Erfolg, ja – um der Mediensprache zu folgen – zu einem „Triumph“ zu machen. Und um einen Triumph handelte es sich in der Tat.

Der Papst, der aus einem Land stammt, in dem „der Triumph des Willens“ unter einem barbarischen Regime zum einzigen Maßstab des Lebens, der staatlichen und sittlichen Ordnung einer Barbarei ausgerufen worden war und zum größten Gemetzel der Weltgeschichte geführt hatte, führte den Neuen Kontinent als erster Hirte und Nachfolger des Petrus hinein in den „Triumph der Hoffnung“, die aus der Wahrheit kommt.

Und in der Tat: „Wahrheit“ war der Leitstern der Mission des Stellvertreters Christi. Nur im Licht der universalen und geschenkten Wahrheit war es Benedikt XVI. möglich, auch die heiklen Themen der Fälle sexuellen Missbrauches durch Kleriker anzusprechen und zu einer Lösung zuzuführen; Skandale, die über Jahrzehnte hinweg die amerikanische Kirche in ihren Grundfesten erschüttert haben.

Nur im Licht der Wahrheit und deren Anspruch konnte der Papst zu einem produktiven Dialog mit den anderen Religionen aufrufen. Nur das Licht der Wahrheit, der lehrmäßigen Disziplin und des Gehorsams gegenüber der Schrift und der Tradition ließen es für Benedikt XVI. möglich werden, einen echten und aufrechten ökumenischen Dialog mit den anderen christlichen Konfessionen zu führen. Die Nachfolge in Wahrheit verhindert es, so Benedikt XVI., dass sich jeder seine Privatreligion zusammenschneidert und unter dem Vorwand von „prophetischen Gesten“ sich seine persönliche Religiosität ausstattet.

Der Jugend diktierte der Papst ein Programm christlichen Lebens, das der Anerkenntnis entspringt: Echte Freiheit geschieht nur im Licht des Wahrheit; alles andere ist Illusion, Gewalt, Selbstbetrug, Selbstverlust.

Der Papst ging mutig allen Problemen entgegen, seine väterliche Güte tat der Dringlichkeit seines Gebotes und seiner Anforderungen keinen Abbruch, im Gegenteil. Seine Begegnung mit den Opfern der Skandale des sexuellen Missbrauchs durch Kirchenmänner wurde zum Zeichen des Wirkens des Nachfolgers des Petrus, der nur eines tut: Die Liebe Christi bringen und sie vermitteln. Gerade für die Schwächsten und Missbrauchten, deren Leben bislang nur Dunkel und Lügen kannte, wurde der Papst zum Punkt des neuen Anfangs, der Versöhnung: Nicht weil etwas entschuldigt wurde, sondern weil standhaft klar gemacht wurde: Nie mehr! Alle Menschen können auf den Bischof von Rom zählen, der sich zum persönlichen Garanten für den neuen Aufbruch der Kirche gemacht hat. „Wir brauchen nicht viele, sondern gute Priester.“ – „Wer sich an Minderjährigen vergeht, kann kein Priester sein.“ Diese Worte des Papstes bleiben im Bewusstsein aller Katholiken eingemeißelt.

Zu Recht sagte der Rabbiner Jacob Neusner, Benedikt XVI. sei in Amerika „zum Papst aller geworden“. Der Papst ging keiner Schwierigkeit aus dem Weg, aufrecht und standhaft, klar und eindeutig ließ er sich von allen verstehen – selbst vor den Vereinten Nationen. Ihnen schrieb er eindringlich in die Agenda: Es gibt keine Menschenrechte ohne die Anerkenntnis der unveräußerlichen Würde des Menschen, die nicht dem menschlichen Gutdünken unterstellt ist, sondern zur seiner Natur als Ebenbild Gottes gehört.

Benedikt XVI. hatte ein großes Ziel: Die Kirche der USA sollte wieder zu einer neuen Einheit finden. Ihr Elan sollte gestärkt werden. Moralischer Mut sollte zu den Themen der Glaubens und der Verteidigung der ethischen und moralischen Prinzipien geweckt werden. Gleichzeitig anerkannte der Papst die große Rolle der hispanischen Einwanderer für die Zukunft der amerikanischen Kirche. Seine spanischen Ansprachen bildeten eine Injektion neuen Vertrauens in die Seele derjenigen, die in der reichen amerikanischen Gesellschaft oft auch ein Leben am Rand eben dieser Gesellschaft verbringen. Vor dem Präsidenten der Vereinigten Staaten hatte sich Benedikt XVI. bereits zu Beginn seiner Reise gerade für die hispanischen Immigranten verwandt und einen verstärkten Einsatz der USA für Hilfeleistungen zugunsten der lateinamerikanischen Länder angemahnt. Mit großem diplomatischem Einfühlungsvermögen besprach der Papst mit George W. Bush die Problematik des Irakkrieges und erreichte es, dass der Präsident ein gemeinsames Kommunique unterzeichnete, in dem festgehalten wird: Der Kampf gegen den Terrorismus darf nicht von der Achtung der Menschenrechte absehen.

Benedikt XVI. scheute sich nicht, vor aller Welt an „Ground Zero“, dem symbolischen Ort der Sichtbarkeit des dem Menschen möglichen Bösen, zu beten. So wurde „Ground Zero“ zum Heiligtum der ganzen Menschheit; der Ort der Tragödie verwandelte sich zum Ort der Gegenwart Gottes. Die Opfer des Terroranschlages vom 11.9.2001 grüßten den Papst. Für jeden einzelnen hatte Benedikt XVI. sein Wort – das Wort des Mannes, der das Schiff der Kirche trotz aller Winde des Grauens, des Leidens und der Bosheit sicher durch das Meer der Geschichte führt.

Die Gegenwart des Papstes hatte die US-Medien für sich eingenommen. Die großen Messen und die Begegnungen verschiedenster Art führten dazu, dass die Medien versuchten, diesen Papst und seine Botschaft zu verstehen. Sie folgten dem „Stil Benedikt“, um ihn besser begreifen zu können.

„Ich bin gekommen, um euch im Glauben zu stärken. Aber ihr seid es, die mich in meinem Glauben gestärkt haben.“ Mit diesen Worten wandte sich Benedikt XVI. über einen katholischen Radiosender an die Katholiken des Landes. Und dieser einfache Satz des „einfachen Arbeiters im Weinberg des Herrn“ war es, der wie ein Blitz in die Herzen und in das Bewusstsein der Menschen eintrat.

Benedikt XVI., von dem einige meinten, er sei kein „Papst der Massenmedien“, eroberte sie durch einfache Gesten, die sein Wesen zum Ausdruck bringen. So sein kurzes Gespräch auf dem South Lawn des Weißen Hauses mit einem Kind, dem es gelungen war, die Abschirmung des Secret Service zu überwinden. Nach seiner Begegnung mit den 22.000 Jugendlichen und Seminaristen an der New Yorker Peripherie schien es, als hätte der Papst nicht die Absicht, wegzugehen, derart überwältigend war die Begeisterung der Jugend. Nichts Leichtes hatte er ihnen gesagt: Trotzdem – oder gerade deswegen – wollten sie ihren Hirten nicht verlassen, dem es seinerseits schwer zu fallen schien, sich zu verabschieden.

Die Abschlussmesse im Yankee Stadium von New York bildete einen weiteren Höhepunkt. In seiner Predigt öffnete Benedikt XVI. weit die Türen der Hoffnung, und die Gläubigen dankten es ihm mit einem lang anhaltenden Applaus und Benedetto-Rufen, deren Ende der Papst mit einem fast verlegenen Lächeln abwartete, bevor er die Feier der Messe fortsetzen konnte.

In den Augen der Amerikaner wuchs die Reise Tag für Tag gerade durch diese kleinen Gesten, denen nichts Oberflächliches eignete. Sie entdeckten einen Papst, den sie zuvor nicht kannten. „Gesten, die mächtig sind wie seine Worte“, so der Kommentar der amerikanischen Medien.

„Christus ist unsere Hoffnung“ – unter diesem Motto war Benedikt XVI. in die Neue Welt gefahren. Wie der Direktor des vatikanischen Presseamtes, P. Federico Lombardi SJ, erklärte, sei gerade die Erwartung, die mit diesem Motto verbunden war, voll erfüllt worden. Der Papst habe Hoffnung für den einzelnen, die ganze Gesellschaft und ihre Zukunft überbracht. Es sei ihm gelungen, große Begeisterung für das Leben der christlichen Berufung zu wecken und in einem ganzen Volk das Bewusstsein seiner positiven Aspekte zu stärken.

Von Armin Schwibach (ZENIT.org)