„Allen Menschen wird zuteil Gottes Heil.“
Das ist das, wonach wir Menschen uns sehnen. Egal ob wir alt oder jung, gesund oder krank, Mann oder Frau, weiß oder schwarz sind.
Wir sehnen uns nach dem Heil, weil um uns so vieles unheil ist.
Da tobt der Krieg an vielen Ecken der Welt.
Da erkrankt ein lieber Mensch aus der Verwandtschaft oder Bekanntschaft.
Da gehen Ehen und Familien zu Bruch.
Da fühlt sich der eine oder andere innerlich leer, ausgebrannt.
Da weiß jemand nicht, warum er überhaupt noch leben soll, da ihm alles sinnlos erscheint.
Wir sehnen uns nach dem Heil. Genauer, wir sehnen uns nach einem, der alles heil machen kann. Nach dem, den wir mit dem etwas aus der Mode gekommenen Wort Heiland nennen.
Die Sehnsucht, das Heil, den Heiland zu sehen, verschlug Johannes den Täufer in die Wüste. Dort wollte er sich ganz auf die Ankunft des Messias bereiten. Und er wollte die Menschen wachrütteln durch seine Predigt, dass auch sie dem Herrn den Weg bereiten. Im Evangelium hören wir, wie der Täufer im Gefängnis Jesus fragen lässt: Bist Du der, der kommen soll? Bist Du wirklich der Heiland? Jesus lässt ihm ausrichten: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören. Ja, ich bin der Heiland. In meiner Gegenwart werden die Menschen gesund, heil, an Leib und Seele.
Ist dieser Jesus wirklich der Heiland, der, der kommen soll?
Diese Frage stellen uns Christen jene Menschen, die nicht an ihn glauben. Auch viele Christen, angefochten von einer unheilen Welt, fragen sich das. Das Lied 106 im „Gotteslob“ antwortet auf diese Fragen ähnlich, wie es Jesus tat. In der 3. und 4. Strophe heißt es:
Aus Gestein und Wüstensand werden frische Wasser fließen; Quellen tränken dürres Land, überreich die Saaten sprießen.
Blinde schaun zum Licht empor, Stumme werden Hymnen singen, Tauben öffnet sich das Ohr, wie ein Hirsch die Lahmen springen.
Aber stimmt das denn? Wo sehen wir denn Quellen aus dem Wüstensand entspringen? Wo singen denn die Stummen, wo springen denn die Lahmen? Ja, es gibt solche außerordentlichen Wunder. In Lourdes zum Beispiel oder bei den Heiligsprechungsprozessen werden solche unerklärlichen Ereignisse festgestellt. Da ist Gott am Werk. Da bricht das ewige Heil mit Macht in die unheile Gegenwart auf der Erde ein. Aber es gibt auch weniger Aufsehen erregende Wunder, die deutlich machen, dass Christus wirklich der Heiland aller Welt ist.
Ich durfte während meines Studiums in Freiburg erleben, wie aus einem verhärteten Herzen und einer verwüsteten Seele Ströme lebendiger Liebe flossen. Da war ein Mann, der zwei Menschen auf dem Gewissen hatte. Mit einem Bombenanschlag riss er zwei Ausländer aus dem Leben. Verurteilt, lebenslänglich. Im Gefängnis kam er mit dem katholischen Seelsorger zusammen, bei dem ich wohnte. Angesichts der Botschaft Jesu erkannte er seine tiefe Schuld. Er bekehrte sich. Nicht nur, dass er seine Schuld und seinen Glauben in Kunstwerken verarbeitete. Er wurde auch zur Vertrauensperson für alle im Gefängnis: Wenn es zu Streit kam, vermittelte er zwischen den Insassen, den Wärtern, dem Anstaltsleiter. Der Beamte, der ihn bei Freigängen begleiten musste, wurde sein Freund.
Ich habe nie wieder jemanden gesehen, der so wie er um die eigene Schuld wusste. Ich habe aber auch nie wieder jemanden gesehen, dessen Augen soviel Dankbarkeit ausstrahlten, weil er sich trotz der Schuld von Gott geliebt wusste. Aus dem Mörder ist ein Mensch geworden, der wirklich lieben kann.
„Allen Menschen wird zuteil Gottes Heil.“
Das ist die Verheißung, die wir uns gegenseitig mit dem Lied 106 zurufen. Uns und auch den Suchenden.
Vielleicht überlegen wir in den nächsten Tage auch einmal, wo wir so etwas erlebt haben. Bei anderen. Bei uns selbst. Das kann eine Kraftquelle sein für ein Leben in einer unheilen Welt: zu wissen, dass es diesen Heiland wirklich gibt. Und dass er wirkt. Um darüber nachzudenken, um die Gegenwart des Heilandes in der Welt zu entdecken braucht man Ruhe. Versuchen wir uns doch in der kommenden Woche eine Weile, einen Raum der Ruhe zu erkämpfen. Trotz, gerade wegen der Hektik dieser Tage.