27. Februar 2022 - Fünfter Sonntag des heiligen Josef

Was wir von Josef lernen können: den kreativen Mut. Er entsteht nach Einschätzung von Papst Franziskus vor allem dort, wo man auf Schwierigkeiten trifft. Wenn man vor einem Problem steht, kann man entweder aufhören und das Feld räumen, oder man kann es auf irgendeine Weise angehen.

Auf das Fest des hl. Josef am 19. März bereiten sich viele Gläubige nach langer kirchlicher Tradition während der sieben vorausgehenden Sonntage vor. Heute stellen wir das fünfte Kapitel des Schreibens von Papst Franziskus „Patris corde“ zur Lektüre und Betrachtung vor.

Kapitel 5. "Vater mit kreativem Mut"

Wenn die erste Stufe jeder echten inneren Heilung darin besteht, die eigene Geschichte anzunehmen, das heißt, dem in uns Raum zu schaffen, was wir uns in unserem Leben nicht selbst ausgesucht haben, müssen wir nun eine weitere wichtige Eigenschaft hinzufügen: den kreativen Mut. Er entsteht vor allem dort, wo man auf Schwierigkeiten trifft. Wenn man vor einem Problem steht, kann man entweder aufhören und das Feld räumen, oder man kann es auf irgendeine Weise angehen. Manchmal sind es gerade die Schwierigkeiten, die bei jedem von uns Ressourcen zum Vorschein bringen, von denen wir nicht einmal dachten, dass wir sie besäßen.

Beim Lesen der „Kindheitsevangelien“ stellt sich des Öfteren die Frage, warum Gott nicht direkt und klar eingeschritten ist. Aber Gott wirkt durch Ereignisse und Menschen. Josef ist der Mann, durch den Gott für die Anfänge der Erlösungsgeschichte Sorge trägt. Er ist das wahre „Wunder“, durch das Gott das Kind und seine Mutter rettet. Der Himmel greift ein, indem er auf den kreativen Mut dieses Mannes vertraut, der, als er bei der Ankunft in Betlehem keinen Ort findet, wo Maria gebären kann, einen Stall herrichtet und so bereitet, dass er für den in die Welt kommenden Sohn Gottes ein möglichst behaglicher Ort wird (vgl. Lk 2,6-7). Angesichts der drohenden Gefahr des Herodes, der das Kind töten will, wird Josef im Traum erneut gewarnt, das Kind zu beschützen, und so organisiert er mitten in der Nacht die Flucht nach Ägypten (vgl. Mt 2,13-14).

Bei einer oberflächlichen Lektüre dieser Geschichten hat man immer den Eindruck, dass die Welt den Starken und Mächtigen ausgeliefert ist, aber die „gute Nachricht“ des Evangeliums besteht darin zu zeigen, wie Gott trotz der Arroganz und Gewalt der irdischen Herrscher immer einen Weg findet, seinen Heilsplan zu verwirklichen. Auch unser Leben scheint manchmal starken Mächten ausgeliefert zu sein. Doch das Evangelium sagt uns, dass es Gott immer gelingt, das zu retten, worauf es ankommt, vorausgesetzt, dass wir den gleichen kreativen Mut aufbringen wie der Zimmermann von Nazaret. Er versteht es, ein Problem in eine Chance zu verwandeln, und zwar dadurch, dass er immer in erster Linie auf die Vorsehung vertraut.

Wenn Gott uns manchmal nicht zu helfen scheint, bedeutet das nicht, dass er uns im Stich gelassen hat, sondern dass er auf uns vertraut und auf das, was wir planen, entwickeln und finden können.

Hierbei handelt es sich um denselben schöpferischen Mut, den die Freunde des Gelähmten bewiesen, als sie ihn, um ihn zu Jesus zu bringen, vom Dach herabließen (vgl. Lk 5,17-26). Die Kühnheit und Hartnäckigkeit dieser Freunde war durch keine Schwierigkeit aufzuhalten. Sie waren überzeugt, dass Jesus den Kranken heilen konnte. „Weil es ihnen aber wegen der Volksmenge nicht möglich war, ihn hineinzubringen, stiegen sie aufs Dach und ließen ihn durch die Ziegel auf dem Bett hinunter in die Mitte vor Jesus hin. Als er ihren Glauben sah, sagte er: Mensch, deine Sünden sind dir vergeben“ (V. 19-20). Jesus erkennt den einfallsreichen Glauben, mit dem diese Männer versuchen, ihren kranken Freund zu ihm zu bringen.

Das Evangelium gibt keine Auskunft über die Zeit, in der sich Maria und Josef und das Kind in Ägypten aufhielten. Sicherlich aber mussten sie essen, eine Bleibe und Arbeit finden. Es braucht nicht viel Phantasie, um das diesbezügliche Schweigen des Evangeliums zu füllen. Die Heilige Familie musste sich konkreten Problemen stellen, wie alle anderen Familien, wie viele unserer Brüder und Schwestern Migranten, die auch heute noch aufgrund von Not und Hunger gezwungen sind, ihr Leben zu riskieren. In diesem Sinne glaube ich, dass der heilige Josef in der Tat ein besonderer Schutzpatron für all jene ist, die wegen Krieg, Hass, Verfolgung und Elend ihr Land verlassen müssen.

Am Ende aller Szenen, in denen Josef eine wichtige Rolle spielt, vermerkt das Evangelium, dass er aufsteht, das Kind und seine Mutter mit sich nimmt und das tut, was Gott ihm befohlen hat (vgl. Mt 1,24; 2,14.21). In der Tat sind Jesus und Maria, seine Mutter, der wertvollste Schatz unseres Glaubens.

Im Heilsplan kann man den Sohn nicht von der Mutter trennen. Sie ging »den Pilgerweg des Glaubens. Ihre Vereinigung mit dem Sohn hielt sie in Treue bis zum Kreuz“.

Wir müssen uns immer fragen, ob wir Jesus und Maria, die auf geheimnisvolle Weise unserer Verantwortung, unserer Fürsorge, unserer Obhut anvertraut sind, mit all unseren Kräften behüten. Der Sohn des Allmächtigen kommt als schwaches Kind in die Welt. Er macht sich von Josef abhängig, um verteidigt, geschützt, gepflegt und erzogen zu werden. Gott vertraut diesem Mann, ebenso wie Maria, die in Josef denjenigen findet, der nicht nur ihr Leben retten will, sondern der immer für sie und das Kind sorgen wird. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass der heilige Josef der Schutzpatron der Kirche ist, denn die Kirche ist die Ausdehnung des Leibes Christi in der Geschichte, und gleichzeitig ist in der Mutterschaft der Kirche die Mutterschaft Mariens angedeutet. 23 Indem Josef die Kirche beschützt, beschützt er weiterhin das Kind und seine Mutter, und indem wir die Kirche lieben, lieben auch wir immerfort das Kind und seine Mutter.

Eben dieses Kind wird einmal sagen: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Mt 25,40). So ist jeder Bedürftige, jeder Arme, jeder Leidende, jeder Sterbende, jeder Fremde, jeder Gefangene, jeder Kranke „das Kind“, das Josef weiterhin beschützt. Deshalb wird der heilige Josef als Beschützer der Elenden, der Bedürftigen, der Verbannten, der Bedrängten, der Armen, der Sterbenden angerufen. Und deshalb kann die Kirche nicht umhin, in besonderer Weise die Geringsten zu lieben, weil Jesus für sie eine Vorliebe hatte und sich persönlich mit ihnen identifizierte. Von Josef müssen wir die gleiche Fürsorge und Verantwortung lernen: das Kind und seine Mutter zu lieben; die Sakramente und die Nächstenliebe zu lieben; die Kirche und die Armen zu lieben. Jede dieser Wirklichkeiten ist immer das Kind und seine Mutter.