DER PROLOG des Johannesevangeliums fasst das Geheimnis von Weihnachten in wenigen Worten zusammen. Er erinnert daran, dass einige den Sohn Gottes aufnahmen und so zu Kindern Gottes wurden, während andere ihn verkannten und im Dunkeln blieben. Heute, am letzten Tag des Jahres, wollen wir unser Leben vor dieses Kind hinbringen, unseren Erlöser, der für uns geboren wurde. Es ist ein geeigneter Moment, um das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen, Bilanz zu ziehen und vor allem Gott zu danken, der uns in jedem Augenblick begleitet hat.
Jedes Jahr bringt uns dem Himmel ein Stück näher. Bitten wir den Heiligen Geist, uns zu erleuchten, damit wir diese Zeit, die nun hinter uns liegt, prüfen können. Wie Jesus, von dem es heißt: Seine Weisheit nahm zu, und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen (Lk 2,52), durften auch wir wachsen – in kleinen oder großen Schritten. Vielleicht wollte der Herr heute jedem von uns sagen: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! (Mt 25,21).
Wir wollen uns gedanklich nach Bethlehem versetzen – neben Jesus, Maria und Josef, um unser Leben aus der Perspektive Gottes zu betrachten, in ihre Gedanken und Gefühle einzutreten und uns von unendlicher Dankbarkeit erfüllen zu lassen. Mit den Worten des Evangeliums können wir sagen: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. (...) Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade (Joh 1,14.16).
DAS WORT ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt (Joh 1,14). Nähern wir uns der Krippe, wie die Hirten es taten, die ihre Herzen darbrachten angesichts des Wunders, das sich vor ihren Augen auftat. „Nähern wir uns Gott, der uns entgegenkommt“, lädt uns Papst Franziskus ein, „halten wir inne, um die Krippe zu betrachten, und stellen wir uns die Geburt Jesu vor: das Licht und den Frieden, die extreme Armut und die Ablehnung. Treten wir mit den Hirten in die wahre Weihnacht ein, bringen wir Jesus, was wir sind – unsere Ausgrenzungen, unsere unverheilten Wunden, unsere Sünden. So werden wir in ihm den wahren Geist von Weihnachten verkosten: die Schönheit, von Gott geliebt zu werden. Verweilen wir mit Maria und Josef vor der Krippe, vor Jesus, der geboren wird als Brot für mein Leben. Und während wir seine demütige und grenzenlose Liebe betrachten, sagen wir ihm einfach: Danke, weil du all das für mich getan hast.“1
Wie die Hirten wollen wir heute alles, was wir sind, nach Bethlehem bringen – alles, was wir in diesem Jahr getan oder versäumt haben. Sicherlich gab es viele gute Momente, aber auch solche, die nicht so gut waren. Wahrscheinlich sind wir Gott ein Stück nähergekommen, auch wenn es kaum messbar scheint. Doch eines wissen wir sicher: dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht (Röm 8,28). Daher sind wir erfüllt von Dankbarkeit. Gott hat uns behütet; er war bei uns und hat uns beigestanden. Te Deum laudamus. Dich, Gott, loben wir, aus der Tiefe unserer Seele, dir danken wir, weil du gut bist. An jedem Tag preisen wir dich und loben in Ewigkeit deinen Namen.2
„DANKE, Verzeihung und hilf mir mehr.“ Dieses Stoßgebet, das der selige Álvaro del Portillo oft wiederholte, kann uns heute helfen, unser Zwiegespräch mit Jesus in die richtigen Bahnen zu lenken. Der heilige Augustinus empfahl die Haltung der Dankbarkeit als Lebensgrundlage: „Was können wir Besseres im Herzen tragen, mit dem Mund aussprechen oder mit der Feder schreiben als diese Worte: Dank sei Gott? Es gibt nichts, was mit größerer Kürze gesagt, mit größerer Wonne vernommen, mit größerer Erhebung empfunden oder mit größerem Nutzen getan werden kann.“3
Und so predigte Papst Franziskus in einer Weihnachtsmette: „Heute ist der richtige Tag, um uns dem Tabernakel, der Krippe, dem Futtertrog zu nähern und danke zu sagen. Nehmen wir die Gabe an, die Jesus ist, um wie Jesus Gabe zu werden. Zur Gabe werden, bedeutet, dem Leben Sinn verleihen. Und es ist die beste Weise, um die Welt zu verändern: Wir verändern uns, die Kirche verändert sich, die Geschichte verändert sich, wenn wir anfangen, nicht die anderen verändern zu wollen, sondern uns selbst, indem wir aus unserem Leben eine Gabe machen.“4 Wir haben so viele Geschenke und Gaben von Gott erhalten, wir haben so viele Gründe, um aus unserem Leben eine Gabe zu machen … und erkennen gleichzeitig, wo es an Entsprechung fehlte, wo wir nicht großzügig waren oder uns ablenken ließen. Unsere Dankbarkeit verbinden wir mit der Bitte um Vergebung.
Ein gutes Ziel für das neue Jahr kann sein, uns mehr von Gott helfen zu lassen. Wir wollen die Dinge nicht alleine machen. Vielleicht hat uns das zu Ende gehende Jahr gezeigt, dass wir allein mit unseren Kräften oft nicht weit kommen. „Danke, Verzeihung, hilf mir!“, zitierte Papst Franziskus Don Álvaro in seinem Grußwort anlässlich von dessen Seligsprechung: „In diesen Worten drückt sich die Spannung eines auf Gott gerichteten Lebens aus. Ein Leben von jemandem, der von der größten Liebe schlechthin berührt wurde und ganz aus dieser Liebe lebt.“5 Mit der Hilfe Marias, unserer Mutter, verlangen wir freudig danach, im neuen Jahr noch mehr auf die Gnade ihres Sohnes zu vertrauen.
1 Franziskus, Homilie, 24.12.2016.
2 Vgl. Hymnus Te Deum.
3 Hl. Augustinus, Brief 72.
4 Franziskus, Homilie, 24.12.2019.
5 Franziskus, Brief anlässlich der Seligsprechung von Álvaro del Portillo, 16.6.2014.

