Die Stärke des Vertrauens: Der heilige Josefmaria zur Sendung der Frau

Jutta Burggraf, Professorin an der Universität von Navarra, sprach bei einem Festakt anlässlich der Hundertjahrfeier des heiligen Josefmaria über seine Beiträge zur Anerkennung der Sendung der Frau in der Gesellschaft

Prof. Jutta Burggraf.

“Welches ‘Frauenbild’ hatte der heilige Josefmaria?“ Mit dieser Frage eröffnete Burggraf ihren Vortrag. „Dieser bescheidene und schmunzelnde Priester, den die Mehrzahl von uns lediglich von Fotos kennt, entpuppte sich als Pionier für die Förderung der Würde und Emanzipation der Frau in der ganzen Welt”. Burggraf kredenzte den gut 300 Zuhörern aufgrund von ausgewählten Texten des Priesters Überlegungen über den unterschiedslosen Wert der Geschlechter, die Größe einer jeden Person, die berufliche Förderung der Frau, den Wert der Hausarbeit, die Kultur des Vertrauens und die christliche Befreiung. “Nicht die feministische Revolution überzeugte diesen spanischen Priester vom gleichen Wert der beiden Geschlechter,“ bekräftigte Burggraf. „Da der heilige Josefmaria einen offenen Geist und einen lebendigen und tiefen Glauben besaß, verstand er von Jugend auf, dass Mann und Frau genau dieselbe Würde besitzen. Beide sind intelligent und frei; beiden wurde die Pflege der Erde als gemeinsame Aufgabe anvertraut und beide besitzen eine letzte, ausschließliche und unmittelbare Gottbeziehung. Keiner ist mehr wert als der andere, keiner!, pflegte Escrivá zu sagen. Und auf Wegen des Geistes will ich lediglich der Freiheit und Würde eines jeden Menschen helfen. Das ist mein Traum”.

Auf allen Berufswegen

“Escrivá hatte hier bereits Klarheit zu einer Zeit, als in den europäischen Gesellschaften von den Frauen nichts anderes erwartet wurde als Männern zuzulächeln, Klavier zu spielen, zu sticken und den Katechismus zu lernen. Während der junge Josefmaria in der Universität von Saragossa Jura studierte (1923-27), gab es vermutlich keine Frau unter den Kommilitonen; und als Gott ihn sehen ließ, dass es durchaus angebracht sei, Frauen ins Opus Dei aufzunehmen, 1930, da gab es in Spanien noch kein Frauenstimmrecht, genauso wenig wie in Frankreich, Italien, der Schweiz und anderen Ländern".

Das Publikum im Studentenheim Saomar.

"Josefmaria Escrivá -fuhr Burggraf fort- strengte sich an, die Frauen immer mehr aus der ihnen aufgedrängten Sekundärrolle herauszureißen, und damit in positiver Weise zu einer gerechteren und anziehenderen Welt beizutragen. Er sah Frauen auf allen Berufswegen, auf allen Wegkreuzungen des Arbeitslebens, und nicht bloß in den Aufgaben des eigenen Zuhause. Der Gründer des Werkes erwartete von den Frauen, dass sie ihr Berufsleben ernst nehmen, er ermunterte sie, Aufgaben von größerer Tragweite und herausfordernde Ämter zu übernehmen: nicht um persönlich zu “brillieren”, sondern um mehr und besser dienen, um wirksam lieben zu können". Burggraf erläuterte ebenfalls, wie sich Josefmaria Escrivá der entwickelteren Werte der Frau bewusst war. "Auch wenn Männer und Frauen alles Wesentliche in der gemeinsamen menschlichen Natur teilen, besitzen sie hier und da unterschiedliche Sensibilitäten und Bedürfnisse: sie erfahren die Welt verschieden und fühlen, planen und reagieren ungleich, wie es jeder realistische Mensch leicht einsehen kann. In diesem Sinn bejahte Josefmaria, daß die Frau dazu berufen sei, ihr Charakteristikum in Familie, Zivilgemeinschaft und Kirche einzubringen, das, was ihr eigen ist und nur sie geben kann: zärtliches Feingefühl, unermüdliche Großzügigkeit, Liebe zum Konkreten, Scharfsinn, Intuitionsfähigkeit… Escrivá ermunterte die Frauen, ihr Verschiedensein bewusst und entschieden zu bejahen: ihre eigenen Talente zu entdecken, zu akzeptieren und zu entwickeln".

Zuhause und Draußen

Bezüglich der Hausarbeiten erläuterte die Referentin, dass “Josefmaria weit davon entfernt war, den Frauen zu raten, sie sollten ins ‘süße Heim’ zurückkehren. Doch wollte er, daß alle Menschen in Freiheit die Entscheidungsmöglichkeit hätten, eine gewisse Unbefangenheit, zu tun, was sie glaubten, dass gut für sie wäre. Auf dieser Linie lehrte er, dass die Hausarbeit in besonderer Weise zur Entfaltung einer Fähigkeit beitragen kann, hier zu sein, frei für die anderen. So enthalten diese augenscheinlich so öden Arbeiten eine geheime Quelle des Glücks und der Wirksamkeit für die ganze Familie". Jutta Burggraf beendete ihre Darlegung mit dem Hinweis, daß der heilige Josefmaria, “vorgefertigte Lösungen für die konkreten Probleme neuer Zeiten weder anbieten wollte noch konnte. Es sei unsere Aufgabe, diese Lösungen zu finden für eine jede Epoche, die wir durchlaufen. Es sei unser Auftrag heute, uns anzustrengen, dass die unverkürzte Würde der Person auf der ganzen Welt Anerkennung finde und dass schließlich die Frau aufhöre, ein Thema mit Dornen zu sein. Um das zu erreichen, tue es gut, in den Geist dieses realistischen Träumers tiefer einzudringen, sich seiner weit reichenden Visionen bewusst zu werden und uns an seinem Enthusiasmus und seinem Wagemut zu inspirieren”.