Der Zölibat des Priesters

von Alvaro del Portillo. Köln Adamas-Verlag 1973

Der Zölibat des Priesters

Als am 24. Juni 1967 die Enzyklika Sacerdotalis Caelibatus veröffentlicht wurde, verstieg sich mancher Theologe zu der Behauptung, der Papst dieser Enzyklika könne nicht als das Haupt der allgemeinen Kirche betrachtet werden, sondern nur als Primas von Italien, allenfalls noch als Patriarch des Abendlandes[1]. Urteile dieser Art, vielleicht freundlicher in der Form, doch gleichermaßen polemisch und der Aufrechterhaltung des Priesterzölibats entgegen­gesetzt, haben in einigen Bereichen der öffentlichen Mei­nung ihr Echo gefunden, die stark dem wachsenden Druck bestimmter ideologischer «pressure groups» aus­gesetzt sind. Die 5. Sitzungsperiode des holländischen Pastoralkonzils hat dafür einen schlagenden Beweis ge­liefert.

Uns scheint jedoch, daß derartige Urteile und Meinungen für ebenso oberflächlich und vom Standpunkt wissen­schaftlicher Methodologie aus für ebenso willkürlich zu halten sind, wie sie im Gegensatz stehen zum höchsten kirchlichen Lehramt - nicht nur zum päpstlichen, sondern auch (und das muß mit Nachdruck betont werden) zu dem des gesamten Bischofskollegiums. Es ist in der Tat offen­sichtlich, auch wenn diese Tatsache in den oben angeführten Überredungs- und Indoktrinierungsversuchen systematisch totgeschwiegen wird, daß die ganze Lehre von Sacerdotalis Caelibatus, wie alle weiteren diesbezüglichen Lehraussagen Papst Pauls VI., zutiefst und radikal auf dem feierlichen Lehramt des ökumenischen Zweiten Va­tikanischen Konzils basieren, d. h. auf dem feierlichen Lehramtdes ganzen Bischofskollegiums, vereint in dem universalsten aller bisher von der Kirche gefeierten Konzilien.

Zu Beginn seiner Enzyklika erinnert Paul VI. selbst daran, daß sie ein «schon den ehrwürdigen Konzilsvätern gemachtes Versprechen» erfüllt[2], Konzilsvätern einer Kirchenversammlung, die «nicht gezögert hat, die alte, heilige und gottgewollte geltende Vorschrift des Priester­zölibats zu bekräftigen, und die auch die Motive darlegte, die dieses Gesetz rechtfertigen, wo immer Menschen im Geist des Glaubens und mit echter, großherziger Hingabe die göttlichen Gaben zu schätzen wissen»[3]. Es handelt sich um eine Bestätigung und Motivierung, die überdies auf dem II. Vatikanum einen hohen Prozentsatz an Stimmen erhielt: die beiden Konzilstexte, die diese spä­ter in die Enzyklika Pauls VI. wiederaufgenommene Lehre vertiefen, sind der Abschnitt 16 des Dekretes Presbyterorum Ordinis über Dienst und Leben der Priester (angenommen am 7. Dezember 1965 mit 2390 gegen 4 Stimmen)[4] und der Abschnitt 10 des Dekretes Optatam totius über die Priesterausbildung (angenommen am 28. Oktober 1965 mit 2318 gegen 3 Stimmen)[5].

Welche sind nun aber die Gründe, deretwegen zunächst das ganze Bischofskollegium und dann der Papst glaubten, dieses Problem behandeln zu müssen? Was das Konzil angeht, so ist zu sagen, daß das Thema Priesterzölibat in den Quaestiones Commissionibus Praeparatoriis Concilii Oecumenici Vaticani II positae (eine Liste, die am 2. Juli 1960 von Papst Johannes XXIII. approbiert worden ist) nicht enthalten war; ja es war nicht einmal unter den Fragen zu finden, die die verschiedenen Vorbereitungs­kommissionen in Anwendung ihres Vorschlagsrechts hin­zugefügt hatten. In der Tat spürte man erst während der Konzilsarbeiten selbst die Notwendigkeit, diese Proble­matik anzugehen. Die Konzilsväter waren es, die darauf hinwiesen, daß es sinnvoll sei, die theologische Lehre vom Zölibat des Priesters weiterzuentwickeln, d. h. sie auf die Höhe der großen ekklesiologischen Errungen­schaften des II. Vatikanischen Konzils zu bringen, damit sie in der nachkonziliären Zeit nicht als dürftig und un­zureichend erschiene. Dazu mußte das theologische Ver­ständnis der engen Bindungen zwischen der völligen und dauernden Enthaltsamkeit propter regnum coelorum und dem Amtspriestertum des Neuen Testaments vertieft werden. In einem Wort: mit einer vorkonziliären Theo­logie des Zölibats der Priester kam man nicht weiter. Diese Gesinnung - und ich möchte sagen, diese intellek­tuelle Redlichkeit der Konzilsväter - wurde von Paul VI. gut verstanden und gedeutet, als er in seinem berühmten Brief vom 10. Oktober 1965 an den Präsidenzialrat des Konzils und später zu Beginn der Enzyklika Sacerdotalis Caelibatus sagte: «Unser erklärtes Ziel ist es, dem Prie­sterzölibat unter den gegenwärtigen Umständen neuen Glanz und neue Kraft zu verleihen»[6].

Geschichte des Konzilstextes

In demselben Brief erachtete es der Papst für unange­messen, den Priesterzölibat in den öffentlichen Diskus­sionen der Konzilsaula zu behandeln. Diese Tatsache wurde von einigen irrtümlicherweise als eine autoritative Maßnahme interpretiert, die darauf abzielte, das Thema der Kompetenz des Konzils zu entziehen: man hätte, mit anderen Worten, im Dekret Presbyterorum Ordinis, das damals gerade in der Generalversammlung zur Debatte stand, über dieses Problem schweigen müssen oder doch den Zölibat nur in einer sehr allgemeinen Form erwähnen können, ohne Zugeständnis eines eingehenderen, tieferen Studiums.

Die Fakten haben diese Interpretation widerlegt: der Brief des Papstes wollte angesichts eines so delikaten Themas Diskussionen vermeiden, die durch die unbedach­te, wenig gewissenhafte Berichterstattung gewisser sen­sationshungriger Kommunikationsmittel in vielen Berei­chen der öffentlichen Meinung Verwirrung gestiftet hät­ten. Im wesentlichen ging es darum, etwaigen unnötigen Schwierigkeiten vorzubeugen, die auf der anderen Seite einem nüchternen und gründlichen Studium des Themas keinesfalls förderlich gewesen wären. Von einer Begren­zung der Freiheit der Konzilsväter kann gar keine Rede sein. Diese brachten weiter schriftlich Bemerkungen zum Zölibatstext des Dekretes vor, wie sie es im übrigen schon früher mehrfach getan hatten.

Wenn man folglich die Stellen der Konzilsdokumente betrachtet, die dieses Problem behandeln, sowie den lan­gen iter, der beim Studium dieser Fragestellung durch­laufen wurde, so kann man mit gutem Recht behaupten, daß bis dahin niemals ein ökumenisches Konzil das Thema des Priesterzölibats so unmittelbar, in einer so zahlreichen und repräsentativen Versammlung und mit einer solchen Fülle und Reichhaltigkeit an Daten behandelt hat.

In der Tat enthielten die Verlautbarungen der früheren Konzilien über den Zölibat disziplinäre Vorschriften, die selten einmal, und dann nur flüchtig, durch Erklärungen doktrineller Art ergänzt wurden[7]. Es genügt, daran zu erinnern, daß die Synode von Elvira (zwischen 300 und 306) im Kanon 33 nicht eigentlich den Zölibat festlegte, sondern nur einen Teilaspekt desselben: es wurde denen die Ausübung einer bereits geschlossenen Ehe verwehrt, die als Verheiratete zum Priestertum berufen worden wa­ren[8]. Sogar das Konzil von Trient handelte in seiner XXIV. Sitzungsperiode vom Zölibat nur indirekt: es be­schränkte sich darauf, die Nichtigkeit der Ehen von in sacris ordinierten Klerikern festzulegen. Die entsprechen­de Vorschrift findet sich übrigens nicht bei den Anord­nungen bezüglich der Priester, sondern unter den Kanones über die Ehe[9].

Demgegenüber hat das Il. Vatikanische Konzil das Thema des Priesterzölibats umfassend behandelt, besonders, wie schon gesagt, im Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 16, und im Dekret Optatam totius, Nr. 10. Diese Texte sind das Ergebnis langer und dokumentierter Studien in kol­legialer Zusammenarbeit der kompetenten Konzilskom­missionen, unter dauernder Beachtung der Wünsche und Forderungen der Konzilsväter, ohne jede autoritative Einflußnahme auf die Redaktion. Die Konzilskommission De disciplina cleri selbst hatte sich kurz nach dem Beginn des Konzils dafür ausgesprochen, das Thema zu behan­deln, ohne daß eine Stellungnahme der Koordinierungs­kommission, geschweige denn eine persönliche Direktive des Papstes vorausgegangen wäre. Im ersten, von der vorbereitenden Kommission im Jahre 1961 vorgelegten Entwurf des Schemas, das nach neun Redaktionen schließ­lich in das Dekret Presbyterorum Ordiniseinmünden sollte, war nur von der Bedeutung der Keuschheit im Leben der Priester die Rede[10]. Ein Schritt nach vorn wurde getan mit dem Schema De clericis vom 22. April 1963. Auch hier wurde noch sehr allgemein von der Keuschheit ge­sprochen, allerdings unter Einführung eines neuen Ele­ments: ihre Beobachtung gemäß der Tradition und die Vorschriften der verschiedenen Riten wurden berücksich­tigt. So nahm man ausdrücklich Bezug auf die in den Ostkirchen geltende Disziplin[11].

Im Schema De sacerdotibus, Absatz 6, vom 27. April 1964, zeichnete sich der Text noch deutlicher ab. Dort wurde vor der eigentlichen Behandlung der Keuschheit und an­derer Tugenden das allgemeine Prinzip der Nachfolge Christi und des Lebens gemäß dem Evangelium dargelegt. Dabei legte man allerdings Wert darauf, eine Reduktion auf die sogenannten evangelischen Räte auszuschließen, um eine Identifizierung der Askese des Priesterstandes mit jener der Ordensleute zu vermeiden[12]. In der folgen­den Redaktion hielt die Kommission dafür, den Inhalt desAbschnittes über die priesterliche Keuschheit zu er­weitern, und erwähnte nicht nur diese, sondern auch ausdrücklich den Zölibat der Priester[13]. Gleichzeitig legte sie die doktrinellen Gründe dar, auf die er sich stützt. Die Kommission glaubte, so vorgehen zu müssen, weil, wie es in der einleitenden Relation zu dem Schema heißt, «heute viele konfuse Stimmen laut werden, die den Zölibat anfechten wollen; darum erschien es höchst ange­bracht, ihn ausdrücklich zu bekräftigen und seine her­vorragende Bedeutung im Leben und Dienst des Priesters aufzuzeigen»[14].

Als diese Redaktion des Schemas der zwölf kurzen propositioneserstmals in der Generalkongregation im Oktober 1964 diskutiert wurde, verlangten die Konzilsväter, die schon seit der ersten Redaktion des Textes zahlreiche schriftliche Anmerkungen eingesandt hatten, das Schema sollte hinreichend erweitert werden, um mit der nötigen Tiefe auf die Problematik des Priestertums eingehen zu können. So wurde es möglich, den Konzils­vätern noch vor Abschluß der 3. Sitzungsperiode den Entwurf des Dekrets De ministerio et vita Presbyterorum[15] vorzulegen, worin das Thema des Priesterzölibats adäquat entwickelt wurde. Es wurden nunmehr auch die nötigen Unterscheidungen gemacht und Bezug genommen auf die Priester der Ostkirche, die im rechtmäßigen Ehe­stand leben[16].

Auch dieser letzte Text wurde noch Gegenstand schrift­licher Eingaben der Konzilsväter. Die Kommission überar­beitete ihn darum noch zweimal, im März 1965[17] und im Oktober des gleichen Jahres[18]. Der Stil und die Termino­logie wurden präziser gefaßt und korrigiert, wo immer sie Anlaß zu Mehrdeutigkeit bzw. Fehlinterpretation hät­ten geben können. Trotz all dieser von der Kommission auf Grund der Vorschläge der Konzilsväter nach sorgfälti­gem Studium vorgenommenen Textverbesserungen wur­den anläßlich der Abstimmung, die der Billigung des Schemas durch die Generalkongregation vorausging, noch einmal neue Verbesserungsvorschläge zum Text über den Zölibat vorgelegt, die insgesamt von 1150 Konzilsvätern unterzeichnet waren[19]: ein offensichtliches Zeichen für das Interesse und die Gründlichkeit, mit der das Problem vom Konzil verfolgt und behandelt wurde. Dieser summarische geschichtliche Rückblick sollte zeigen, wie die Konzilsväter stets in völliger Freiheit ihre Meinung zu diesem Thema geäußert haben, selbst wenn in der letzten Sitzungsperiode der Zölibat von der mündlichen Diskus­sion der Generalversammlung ausgeschlossen blieb - und dies übrigens nur teilweise. Es waren immerhin 1691 Konzilsväter, die während der neun aufeinanderfolgenden Redaktionen des Schemas Abänderungen, Ideen oder Verbesserungsvorschläge zum Text über den Zölibat vorgebracht hatten[20]. Schließlich wurde der dem Zölibat gewidmete Abschnitt zusammen mit dem Rest des De­kretes Presbyterorum Ordinis, wie schon gesagt, von 2390 der 2394 in der IX. öffentlichen Sitzung des Konzils anwesenden Konzilsvätern am 7. Dezember 1965 end­gültig gebilligt[21].

Amtspriestertum und Zölibat

In rigoroser Selbstüberprüfung hat sich die Kirche des II. Vatikanischen Konzils gefragt, was nun für sie im letz­ten der Priesterzölibat bedeute, welchen Wert er habe. Sie hat sich gefragt, ob es angemessen sei - göttliche Weisheit oder menschliche Klugheit? -, die jahrhunder­tealte kirchliche Disziplin, die ihn für die lateinische Kirche vorschreibt, aufrechtzuerhalten oder nicht. Das waren die beiden großen Fragenkomplexe, auf die die Konzilsväter während der Erarbeitung des Dekretes Presbyterorum Ordinis die vielfältigen Überlegungen theologischer, pastoraler, asketischer, anthropologischer, ökumenischer und disziplinärer Ordnung reduzieren zu können glaubten, welche die Problematik des Zölibats mit sich brachte. Der Zölibat gehört nicht zur inneren Wesensstruktur des Priestertums und wird deshalb von ihm auch nicht suapte natura gefordert[22]: dies ist eine theologische Evidenz, die auf dem Zeugnis der Urkirche (vgl. 1 Tim 3, 2-5; Tit 1, 6) und der Praxis der Ostkirchen beruht, wie auch immer die historischen Annahmen über die konkrete Form lauten mögen - verheiratet oder un­verheiratet -, in welcher die Apostel die vollkommene Keuschheit lebten[23]. Eine erste Annäherung ans Thema kann nur zu dieser Aussage führen. Sogleich stellen sich jedoch weitere Fragen: Welcher ist denn dann der Grund für das Bestehen des Bandes Zölibat-Priestertum? Ent­spricht vielleicht diese Verbindung, wie andere kirchliche Institutionen nicht-göttlichen Rechtes, nur einer geschichtlichen und vergänglichen, sozialen oder lehrmäßigen Kon­figuration im Leben der Kirche, die unter anderen Um­ständen ihre Daseinsberechtigung gehabt hat, heute aber nicht mehr?

Einige der historischen Hypothesen, die über den Ur­sprung des Priesterzölibats vorgebracht wurden, meinten, in der fortschreitenden Ausformung eines dualistischen Bewußtseins im Raum der Kirche zu Beginn des 3. Jahr­hunderts einen entscheidenden Einfluß gnostischer, en­kratitischer oder montanistischer Lehren (alle platonischer Herkunft) feststellen zu können. Eine Folgeerscheinung davon sei die unterschiedslose Gleichsetzung der Sexual­sphäre mit dem Materiellen und Unreinen. Meist werden als Vertreter dieser Tendenz Origenes und Tertullian ge­nannt. Letzterer trat bekanntlich 308 zum Montanismus über. Gleichzeitig mit einer gewissen Abwertung der Ehe habe sich in der Folge das geistliche christliche Ideal zu­nehmend und immer ausschließlicher mit der Jungfräu­lichkeit, der ehelichen Enthaltsamkeit und der Witwen­schaft identifiziert, die von einer reichen asketischen Literatur in übertriebener Weise hervorgehoben und ge­priesen worden seien. Ein derartig radikales Ideal der Reinheit, zunächst entstanden als allgemeine Bestre­bung der Gläubigen und ohne konkrete Verbindung zum pastoralen Amt, habe sich nach und nach immer enger an das Amt gebunden, ganz besonders von dem Augen­blick an, da sich das ministerium des Bischofs, des Presby­ters oder des Diakons vom ursprünglich familiären Bereich seiner Ausübung in der domus ecclesiae abgelöst hätte und sich allmählich zum öffentlichen und heiligen Amt gestaltete. Es sei nun evident, so schließen diese Hypothesen, daß, wenn man schon jeglichen Gebrauch der Sexualität für unrein ansah, notwendigerweise am Ende die Trennung des unmittelbaren Sakramentendienstes, der natürlich die höchstmögliche Reinheitsstufe er­forderte, zunächst von der Ausübung der Ehe und dann sogar von der Möglichkeit zur Heirat überhaupt stehen mußte. Hier ist nicht der Ort, uns lange darüber zu ver­breiten, was an diesem globalen Urteil über die gesamte christliche Spiritualität vom 3. Jahrhundert an als in der Tendenz dualistisch und von Verachtung für jegliche Sexualität durchsetzt nun der historischen Realität ent­sprechen mag oder nicht.

Es ist jedoch eine unbestreitbare Tatsache, daß das kirch­liche Lehramt die christliche Ehe immer hoch einschätzte, sacramentum magnum (vgl. Eph 5,32), auch wenn es dabei nie übersah, gleichzeitig die besondere theologische und ekklesiologische Vorzüglichkeit der gottgeweihten Jung­fräulichkeit[24] gemäß dem Beispiel und der Lehre des Herrn selbst (vgl. Mt 19, 11-12) zu lehren; denn jeder Gläubige muß auf der Ebene der inneren Berufung dem Geschenk des Geistes, das er erhalten hat, folgen (vgl. 1 Kor 7, 7). So scheint also die Behauptung, die doktrinelle Abwertung der Ehe als ein quid impurum sei der Haupt­grund für die Angemessenheitsbande zwischen dem Sakra­ment der Priesterweihe und dem Zölibat, ohne ausrei­chendes Fundament zu sein; haben sich doch beide Ele­mente im Laufe der Geschichte positiv als einander zu­geordnet gleichsam entdeckt und schätzen gelernt, zu­nächst im charismatischen Leben des Gottesvolkes und dann in seinen Institutionen.

Injedem Fall ist es völlig undenkbar, daß auf dem II. Vatikanischen Konzil - in einem Augenblick der Heils­geschichte, in dem das Lehramt tiefer denn je die uni­versale Berufung zur Heiligkeit verkündet und besonders die Ehe als Berufung und Weg zur Heiligkeit herausge­stellt hat[25] - gleichzeitig eine platonisierende oder ma­nichäische Mentalität die Konzilsväter bewogen hätte, die schwerwiegenden Gründe einer multimoda convenientia[26]des Zölibats für das Priestertum darzulegen. Ebenso abwegig wäre es anzunehmen, eine solche, die radikale Opposition von Fleisch und Geist verewigende Mentalität habe das doktrinelle und geschichtliche Urteil des Konzils getrübt, als es bekräftigte: «Die Kirche hat die vollkom­mene und ständige Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen, die, von Christus dem Herrn empfohlen, in allen Jahrhunderten bis heute von nicht wenigen Gläubigen gern angenommen und lobenswert geübt worden ist, besonders im Hinblick auf das priesterliche Leben immer hoch eingeschätzt»[27].

Aber welche sind nun diese Angemessenheitsgründe? Was den Text desDekretes Presbyterorum Ordinis anlangt, den wir kommentieren, glauben wir, daß die dar­gelegten Gründe in den zwei großen Leitlinien - Weihe und Sendung - enthalten sind, welche die ganze Bemü­hung des Konzils um eine Vertiefung der Theologie des Priestertums, verstanden im Raum des Mysteriums Christi und der Kirche, bestimmt haben.

 

Der Priester: ein Mann Gottes

Der Priester ist zutiefst ein geweihter Mann, ein Mann Gottes (1 Tim 6, 11). In der Pilgerschaft des Gottesvolkes durch die Geschichte der Menschheit ist der Priester immer ein Auserwählter gewesen, ein Gesalbter, «aus den Menschen genommen» (Hebr 5, 1). Die Gestalt und das Leben dessen, der zum Dienst am Kult des einen wahren Gottes berufen ist, erscheint wie eingehüllt von einem besonderen Schicksal, einem Geschick der Aussonderung, das ihn gewissermaßen außerhalb oder über die allge­meine Geschichte der übrigen Menschen stellt: «ohne Vater, ohne Mutter, ohne Stammbaum», wie der hl. Paulus von der zugleich prophetischen und geheimnisvollen Gestalt des Melchisedeck sagt (Hebr 7, 3).

Diese Berufung und Erwählung erhielt eine besondere Tie­fe und eine einzigartige theologische Dimension, als Gott selbst in der Fülle der Zeit (vgl. Gal 4, 4) sich in der überaus vollkommenen und heiligen Menschheit des Ein­geborenen vom Vater, in Christus Jesus, zum Priester machte: in Christus, dem «Hohenpriester der künftigen Güter» (vgl. Hebr 9, 11), der im Tempel seines Leibes ein neues Priestertum aufrichtete (vgl. Jo 2, 21), indem er sich Gott als unbeflecktes Opfer anbot (vgl. Hebr 9, 14), und der sein Opfer in der Zeit dauern lassen wollte (vgl. Lk 22, 19; 1 Kor11, 24) durch die Handlung anderer Menschen, die er teilhaben ließ und läßt an seinem höch­sten und ewigen Priestertum (vgl. Hebr 5, 1-10; 7, 24; 9,11-28).

Von diesem Augenblick an ist das Amtspriestertum im Gottesvolk mehr geworden als ein heiliges, öffentliches Amt, ausgeübt im Dienst an der Gemeinde der Gläubigen: es ist wesentlich und vor allem eine Angleichung, eine sakramentale und geheimnisvolle Umgestaltung der Per­son des menschlichen Priesters in die Person Christi selbst hinein, des einzigen Mittlers (vgl. 1 Tim 2, 5). Inder Tat wird das Priestertum des Neuen Bundes «durch ein eigenes Sakrament übertragen. Dieses zeichnet die Priester durch die Salbung des Heiligen Geistes mit einem besonderen Prägemal oder Charakter und macht sie auf diese Weise dem Priester Christus gleichförmig»[28]. Die Sendung und das Leben des Priesters im Neuen Testa­ment sind in einem solchen Maß der Sendung und dem Leben des Eingeborenen vom Vater angeglichen, daß die­ses Sakrament das Wunder vollzieht, daß ein Mensch trotz aller in der menschlichen Natur liegenden Schwächen im Namen Christi selbst, des Hauptes der Kirche, handeln kann[29]; ja, er nimmt teil an der Vollmacht, «mit der Christus selbst seinen Leib auferbaut, heiligt und leitet»[30]:um Gott dem Vater Ehre zu geben und den Menschen dauernd das göttliche Leben mitzuteilen, bis ans Ende der Zeiten (vgl. Mt 24, 3), «wenn er selbst das Reich Gott dem Vater übergeben hat»[31].

In der Priesterberufung ist in der Tat eine derartigeinnige Aufnahme der Person durch Gott gegeben, daß diese sich restlos dem Dienst und der totalen Liebe Chri­sti, des Hohenpriesters, verbindet und weiht. Der Reich­tum dieser Vereinigung mit Christus ist so groß, daß ein der Gnade seiner Berufung treuer Priester wie kein anderer sich die Worte des Apostels zu eigen machen kann: «Christus ist für mich das Leben» (Phil 1, 21), «Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir» (Gal 2, 20).

Im Lichte dieser Überlegungen sieht man leicht, wie der Inhalt und die Bedeutung der Berufung selbst - Gegen­stand reicher Meditation und immer tieferen theologischen Verständnisses - den christlichen Priester hat begreifen lassen, daß für ihn ein Leben vollkommener Enthaltsam­keit, nach dem Prototyp und Vorbild der Jungfräulichkeit Christi, des Hohenpriesters, äußerst sinnvoll und ange­messen ist. Diese Enthaltsamkeit bestätigt und bestärkt unzweifelhaft die mystische Vereinigung des Dieners Christi mit seinem Herrn, dem er sakramental gleichge­staltet wurde. Durch die vollkommene Enthaltsamkeit werden in der Tat die Priester «in neuer und vorzüglicher Weise Christus geweiht»[32].

Wenn man betrachtet, daß Christus, für dessen Handlung der Priester ein lebendiges Werkzeug ist, sich sein ganzes Leben lang vorbehaltlos der liebenden Erfüllung des Ver­söhnungswerkes (vgl. Röm 5, 11), zu dem er gesandt war, gewidmet hat, versteht man besser, wieso der Priester die Angemessenheit, sein Leben aus Liebe zu Gott und den Menschen der Jungfräulichkeit Christi, die vollends Gott und den Menschen geweiht war, gleichzugestalten, nun für so eng mit seiner Weihe verbunden hält. Will er sich doch dadurch nur umso inniger mit Dem verbinden, der ihn erwählt hat, und sich vollständiger Ihm anglei­chen.

Wenn Jesus Christus, der Hohepriester, den ganzen Reichtum seiner vollkommenen Menschheit[33] ausschließ­lich der Erfüllung des Willens des Vaters weihen wollte (vgl. Jo 4, 34; 5, 30; 6, 38), entschlossen, stets einzig und allein die Ehre des Vaters zu suchen, so ist es nicht schwer einzusehen, wie angemessen es ist, daß der Prie­ster in seinem ganzen Sein und Leben, dessen Zentrum und Wurzel das eucharistische Opfer ist[34], diese liebe­volle Aufopferung und vorbehaltlose Hingabe Christi als Opferlamm selbst nachvollzieht, indem er Gott seine eigene Jungfräulichkeit darbringt.

Christus, die menschgewordene göttliche Liebe, hat jede noch so edle und gute menschliche Bindung vermieden, die in irgendwelcher Weise seine völlige Hingabe an den Dienst hätte hindern oder der Fülle dieser Widmung hätte Abbruch tun können. Da leuchtet es sehr wohl ein, wenn der Priester seinem Beispiel folgt und mit dem Zölibat freiwillig auf etwas in sich Gutes und Heiliges verzichtet, um sich leichter Christus mit ungeteiltem Her­zen zu vereinen (vgl. Mt 19, 12; 1 Kor 7, 32-34) und sich durch Ihn und in Ihm mit größerer Freiheit dem vollen Dienst an Gott und den Menschen zu weihen. Hier wird deutlich, welch enge Beziehung besteht zwischen dem Ruf Christi zum Priesteramt und der Einladung an seine Jünger, auf Familie, Frau und Kinder zu verzichten «um meinetwillen und um des Himmelreiches willen» (vgl. Mk 10, 23-30; vgl. auch Mt 20, 23-29; Lk 18, 24-30). Wenn man schließlich bedenkt, daß Christus, «der wohl dem Leibe nach den Tod erlitten hat, dem Geiste nach aber zum Leben erweckt wurde», (1 Petr 3, 18), für sich kein anderes Eheband wollte als das in seiner Kirche geschlossene Band mit der ganzen Menschheit, so be­greift man klar, in welchem Maße die priesterliche Jung­fräulichkeit die Teilhabe des Dieners Christi an der uni­versalen Liebe des Meisters bedeutet und auch erleichtert, und damit die Teilhabe an seiner Sendung, ganz für den Dienst an der neuen Menschheit da zu sein, die nicht aus dem Blute, nicht aus dem Begehren des Fleisches, nicht aus dem Wollen des Mannes, sondern aus Gott geboren ist (vgl. Jo 1, 13).

Zum Dienst an den Menschen bestellt

Diese letzte Betrachtung führt uns unmittelbar zum zwei­ten Aspekt von Berufung und Dienst des Priesters, den wir oben schon anklingen ließen: die besondere Bezie­hung zwischen dem Amtspriestertum und dem Volk Gottes.

Wie für das Priestertum des Alten Testamentes, so gilt auch für das des Neuen Bundes: «für die Menschen inihren Angelegenheiten bei Gott bestellt» (Hebr 5, 1). Diese Widmung des Priesters an die Menschen, zum Dienst am Gottesvolk, hat eine neue und tiefere theo­logische Dimension erhalten, als Christus in die Welt kam, der Gute Hirte (vgl. Jo 10, 11; 1 Petr 5, 4), den der Vater geheiligt und gesandt hat (vgl. Jo 10, 36), «damit er uns loskaufe von aller Ungerechtigkeit und für sich rein mache ein Volk, das Ihm gehört und eifrig ist im Wirken des Guten» (Tit 2, 14): ein Werk, das er in der Zeit ausführt durch den Dienst seiner Priester, die ge­weiht und gesandt werden durch den Heiligen Geist, da­mit sie in der Kirche Ausspender der Geheimnisse Gottes seien (vgl. 1 Kor 4, 1). Christus, der unter uns wohnt «wie der Sohn in seinem Hause» (Hebr 3, 6), ruft durch seine Diener alle Kinder Gottes, sammelt sie in seiner Kirche, vermittelt ihnen das göttliche Leben und führt sieso im Geiste zum Vater[35].

Das christliche Priestertum ist also aufs engste mit dem Geheimnis, dem Leben, dem Wachstum und dem Geschick der Kirche verbunden, die die jungfräuliche Braut Christi ist (vgl. Apk 19, /; 21, 2; 22, 17; 2 Kor 11, 2). Der Prie­ster ist Vater, Bruder und Diener aller. Seine Person, sein ganzes Leben, ist für die anderen da. Er gehört jener Kirche, die ihn liebt mit der Liebe der Braut und die ihm gegenüber - der ja Christus, ihren Bräutigam vertritt - Bande und Rechte hat, die kein anderer Mensch je bean­spruchen kann. Auch die Ehe ist Zeichen (vgl. Eph 5, 25) für die bräutliche Liebe Christi und seiner Diener zur Kirche: gerade darin erscheint noch klarer der Sinn des Zölibats, der besser die ungeteilte Einheit des mensch­lichen Herzens garantiert (vgl. 1 Kor 7, 33) und so die Bande der bräutlichen Liebe, die das christliche Priester­tum andie Braut Christi binden, verteidigt, stärkt und bereichert. Von hier aus wird begreiflich, wie die priesterliche Jungfräulichkeit dahin wirkt, die Liebe des Guten Hirten, der väterlich, brüderlich und freundschaftlich sich ohne Rückhalt dem Dienst an der ihm anvertrauten Herde hingab (vgl. Jo 10, 11; 1 Jo 3, 16), im Priester zu entfachen und zu steigern und so vor den Gläubigen wie auch vor der Welt sichtbar zu machen, zu bezeugen: jene Hirtenliebe, die für den Priester das Band der Vollkommenheit darstellt, zu der er berufen ist[36].

Erwählt, geweiht und gesandt, um mit dem Wort und der Gnade Gottes die Kirche zu formen und zu nähren, erfährt der Priester in seinem Hirtenleben die göttliche und menschliche Größe seiner Berufung, indem er entdeckt, wie sehr die anderen Menschen ihn nötig haben. Er fühlt sein Herz weit werden und spürt, dass seine Affektivität und Liebesfähigkeit voll und ganz Erfüllung finden in der pastoralen und väterlichen Aufgabe (vgl. Gal 4, 19), das Gottesvolk zum Leben im Glauben zu zeugen, es zu bereiten und «wie eine keusche Jungfrau» (vgl. 2 Kor 11, 2) zum Vollalter des Lebens in Christus zu führen. Deshalb ist die Jungfräulichkeit, deren Fruchtbarkeit keiner Fruchtbarkeit des Fleisches vergleichbar ist[37], besonders für den Priester «Quell geistlicher Fruchtbarkeit in der Welt»[38]. Sie versetzt ihn in die Lage, in umfassendem Ausmaß die Vaterschaft in Christus zu empfangen und auszuüben[39]. Sie hebt sein Bedürfnis, Kinder seiner Liebe zu zeugen und zu erziehen - das der Priester spürt wie jeder andere Mann - auf eine höhere Ebene: die eines wirksameren Einsatzes im Dienst an der Wiedergeburt. Doch befindet sich die jungfräuliche und fruchtbare Braut Christi auf Erden wie auf einer Pilgerfahrt (vgl. 2 Kor 5, 6), sie sehnt sich nach den Din­gen des Himmels und, im Besitz der Erstlingsgabe des Geistes, seufzt sie (vgl. Röm 8, 23) und verlangt unge­duldig danach, bei Christus zu sein (vgl. Phil 1, 23) in der Herrlichkeit der kommenden Welt (vgl. 2 Kor 3, 4): dann werden die Kinder der Auferstehung, der Herrlichkeit Christi gleichgestaltet (vgl. Phil 3, 21), «weder Frau noch Mann nehmen» (Lk 20, 35).

Der Zölibat macht den Priester nicht nur zu einem be­sonders repräsentativen Zeichen der Jungfräulichkeit und der fruchtbaren Liebe der Braut Christi, er macht ihn gleichzeitig zum prophetischen Zeugen in der Zeit für jene zukünftige Welt, in der die Gerechtigkeit wohnt (vgl. 2 Petr 3, 13) und die Erlösten Gott ähnlich sind, da sie Ihn von Angesicht zu Angesicht schauen (vgl. 1 Jo 3, 2).

Besonders angesichts der durch die verschiedenen Formen des Materialismus in der Welt hervorgerufenen Glaubens­krise führt die vollkommene Enthaltsamkeit um des Him­melreiches willen den Menschen deutlich jene eschatologische Berufung vor Augen, die der Sendung der ganzen Kirche innewohnt sowie dem Evangelisationsdienst des einzelnen Priesters, dieses beunruhigenden Zeugen der Ewigkeit.

Alle diese Gründe, die die unleugbare Kongruenz von Zölibat und Priestertum bezeugen und die im Geheimnis und in der Sendung Christi wurzeln[40], findet die Kirche in ihrem Bemühen um ein tieferes Verständnis der Theologie des Priestertums. Die Braut Christi ahnt die inneren Kraftfelder, die das Mysterium ungeteilter Liebe und das Geheimnis des neutestamentlichen Priestertums verbin­den. Daher lehrt sie, daß diese Begründungen - nicht mit absoluter Notwendigkeit, aber doch mit dem ganzen Gewicht höchster Angemessenheit - den Zölibat als ein unersetzbares, entscheidendes Element der priesterlichen Spiritualität ausweisen, die ausgerichtet ist auf die größt­mögliche Gleichgestaltung, ja auf die mystische Umgestal­tung des Dieners Christi in den Hohenpriester selbst.

Diese Tatsache sollte immer klar vor Augen stehen; denn die Konzilsväter[41] haben stets vermeiden wollen, daß der Priesterzölibat mit einer Annäherung der priester­lichen Spiritualität an die des Ordensstandes verwechselt werden könnte, wie es in der Tat, wenn auch in bester apologetischer Absicht, manchmal vorgekommen ist. Die im Dekret Presbyterorum Ordinis vorgetragenen Begrün­dungen erstrecken sich nicht auf den Wert der vollkom­menen Enthaltsamkeit in sich selbst - ein Wert, der von der Schrift klar bezeugt wird -, noch stützen sie die An­gemessenheit des Zölibats auf die Tatsache, daß er die persönliche Vervollkommnung und Heiligung des Prie­sters erleichtert, geschweige denn auf die Absicht, eine Unterscheidung einzuführen zwischen der allgemeinen christlichen Vollkommenheit, zu der alle Gläubigen ge­rufen sind, und einer höheren, die ausschließlich den Prie­stern und Ordensleuten vorbehalten wäre[42]. Eine dahin­gehende Aussage findet sich nirgendwo im Dekret und hätte auch nicht in den Text aufgenommen werden kön­nen: es gibt nur eine Heiligkeit, und alle Gläubigen in der Kirche sind vom Vater zur gleichen Vollkommenheit berufen[43]. Demgegenüber lehrt das Konzil, daß der Zölibat dem Priestertum höchst angemessen ist, weil er «sehr gut die priesterliche Sendung erhellt und den Priestern wirksam hilft, ihre Aufgabe vollkommen zu er­füllen»[44]; denn er verstärkt die innerste sakramentale Bindung des Werkzeuges an die göttliche Liebe, die es benutzt.

Wir halten es für wichtig, dieser Lehre treu zu bleiben, auch im Hinblick auf eine richtige geistliche Leitung der Weltpriester und auf eine rechte Ausbildung der Semi­naristen. Es ist notwendig, daß die einen wie die anderen den Zölibat nicht wie ein äußerliches Element - eine Superstruktur - ansehen und leben, die ihrem Priester­tum unter dem Einfluß einer mönchischen Askese aufge­stülpt wurde, sondern als ein wichtiges Element der Teil­habe am Priestertum selbst, dessen Haupt Christus ist und das im Dienst an der neuen Menschheit steht, die der Priester in Ihm und durch Ihn zeugt und zur Vollendung führt[45]. So bringt die Betrachtung der Geheimnisse, welche in seiner Berufung beschlossen und zeichenhaft angedeutet sind, den Priester von sich aus dazu, den Zöli­bat zu lieben und in Großmut und Freude dieses frucht­bare Opfer zu bringen. Das Verständnis der inneren theo­logischen und pastoralen Bande, die Zölibat und Priester­tum vereinen, kommt übrigens auch einem tiefen mensch­lichen Bedürfnis entgegen, einer Forderung, die vielleicht gerade in unseren Tagen mit besonderer Empfindlichkeit erhoben und verstanden wird: dem Verlangen nach Authentizität, nach verantwortlichem Leben, das jede mög­liche Inkongruenz zwischen Sein und Handeln vermeidet. Dieser Anspruch ist, angewandt auf das ethische und geist­liche Verhalten, nichts anderes als der Aufruf zu Liebe und Treue gegenüber der eigenen Berufung.

 

Der Zölibat, Gnadengeschenk und Gesetz

Das Band zwischen Priestertum und Zölibat ist also keine künstliche und kurzlebige Einrichtung. Auch wenn der Priesterzölibat nicht zur Grundverfassung der Kirche ge­hört, so ist er deshalb keineswegs eine Superstruktur ohne Fundament, vergängliche geschichtliche Last. Er ist Frucht des Wirkens des Heiligen Geistes in der Kirche, deut­liches Zeichen für die lebendige Entwicklung des evan­gelischen Samenkorns, das zu einem kräftigen Baum heranwächst (vgl. Mt 13, 31-32). Lange bevor die Re­flexion der Theologen die christologischen, ekklesiologischen und eschatologischen Gründe seiner Angemessen­heit abgeleitet hatte, war ihnen der sensus fidei bereits auf der Spur und hatte begonnen, die tiefe spirituelle und pastorale Dimension des Bandes zwischen Zölibat und Priestertum zu begreifen. Der übernatürliche Instinkt der prophetischen Gemeinde, die gesalbt ist vom Heiligen (vgl. 1 Jo 2, 20), kam so den Schritten des hierarchischen Lehramtes zuvor, welches zu Beginn allen Klerikern den Zölibat empfohlen hatte, um schließlich in der lateinischen Kirche die juridische Verpflichtung des Bandes für alle die festzulegen, die zur Priesterweihe zugelassen werden sollten.

Die Hierarchie tat nichts anderes, als eine Bewegung zu regeln, die im charismatischen Schoß der Kirche ent­standen war; sie kanalisierte auf sozialer Ebene, was der Heilige Geist in der Kirche gewirkt hatte. In unseren Tagen nun «billigt und bekräftigt» die Kirche, versam­melt im - soziologisch gesehen - universalsten aller bis­herigen Konzilien, von neuem diese Gesetzgebung[46] für alle Kleriker, die zum Priestertum berufen sind[47]. Diese Tatsache tut der besonderen Disziplin der Ostkirche keinerlei Abbruch. Und da es sich, wie schon gesagt, um ein Element handelt, das nicht zur Grundverfassung der Kirche gehört, berührt es auch nicht die Disziplin der ge­trennten christlichen Gemeinschaften, mit denen ein auf­richtiger ökumenischer Dialog in Gang gekommen ist. Als die Konzilsväter des II. Vatikanischen Konzils das Zölibatsgesetz bekräftigten, konnten sie nicht umhin, einen Einwand zu berücksichtigen, der an sich in der Geschichte nicht neu war: Kann der Zölibat durch ein menschliches Gesetz auferlegt werden? Sicherlich nicht. Darum wird schon zu Beginn des Abschnitts 16 im Dekret daran er­innert, daß die vollkommene Enthaltsamkeit um des Him­melreiches willen ein göttliches Gnadengeschenk ist, das Gott gewährt, wem Er will. Es ist ein Geschenk, das völlig umsonst gegeben ist und frei angenommen wird, das zum gemeinsamen Erbe des Gottesvolkes gehört[48] und in seiner Annahme wie auch in seiner Ausübung keinerlei menschlichen Zwang zuläßt. Die kirchliche Autorität kann weder geben noch auferlegen, worüber sie keine Verfü­gungsgewalt hat. Sie begnügt sich damit festzulegen, daß der Empfang dieses Geschenkes eine Bedingung für die Zulassung zur Priesterweihe ist. Genau auf diesen Punkt bezieht sich das Zölibatsgesetz. Damit entscheidet die Hierarchie, die die von Christus eingesetzten Sakramente hütet und verwaltet, das Weihesakrament nur denen zu spenden, bei denen die moralische Gewißheit besteht, daß sie das Charisma der vollkommenen Enthaltsamkeit er­halten haben und daß sie sich frei und verantwortlich ver­pflichten, es zu hüten und zu bewahren. Da nun das Amts­priestertum die Ausübung eines öffentlichen Amtes und einer öffentlichen Macht innerhalb des Gottesvolkes und zu seinem Dienst beinhaltet[49], ist es völlig legitim und verständlich, daß die kirchliche Autorität um des bonum commune der Kirche willen und in Anbetracht der theolo­gischen und pastoralen Gründe, die die Angemessenheit des Priesterzölibats aufzeigen, ihn durch ein Gesetz zur Bedingung erheben kann für die Zulassung zum Priester­tum. Wenn die Kirche so handelt, greift sie keineswegs die Würde der menschlichen Person an, indem sie sie etwa an der Ausübung eines Naturrechts hinderte, das einen integralen Bestandteil dieser Würde ausmacht, nämlich des ius connubii. Tatsächlich wird der Verzicht auf dieses Recht in vollkommener Freiheit von dem ausgesprochen, der das göttliche Gnadengeschenk der völligen Enthalt­samkeit empfangen hat[50]. Die Hierarchie ist an erster Stelle daran interessiert, daß - aus Achtung vor der menschlichen und christlichen Würde des Gläubigen und mit Rücksicht auf das pastorale Wohl des Gottesvolkes - der künftige Priester eine derartige Verantwortung wirk­lich bewußt und frei übernimmt, in der Freiheit der Kinder Gottes (vgl. Röm 8, 21).

Alle zur Rechtfertigung auch des juridischen Bandes von Zölibat und Priestertum in der lateinischen Kirche dar­gelegten Gründe blieben selbstverständlich bei den Über­legungen der Konzilsväter einer letzten und endgültigen Frage untergeordnet, zu deren Formulierung auch wesent­liche pastoraltheologische, soziologische und statistische Motive beitrugen: Ist es klug, die Zukunft des Amts­priestertums von der hinreichenden Gewährung der Gna­dengabe der vollkommenen Enthaltsamkeit abhängig zu machen? Die Antwort ist ein ehrlicher und bewegender Glaubensakt der Braut Christi, die durch das im Konzil versammelte Bischofskollegium die gegenwärtige Gesetz­gebung bestätigt hat, «im Geist vertrauend, daß der Vater das Geschenk der Berufung zum ehelosen Leben, das dem neutestamentlichen Priestertum so angemessen ist, großzügig geben wird»[51].Im Vertrauen auf die Barm­herzigkeit Gottes überläßt sich die Kirche der Liebe und Macht Dessen, an den sie glaubt. Sie bringt Ihm denselben Glauben entgegen, der immer ihren Bräutigam bewegt und gewonnen hat (vgl. Mt 8, 10) und der ihr den Weg des Heiles anzeigt (vgl. Mt 9, 2; Mk 16, 16; Lk 8, 12).

Den Priestern, die diese göttliche Gabe hüten sollen, und der ganzen Gemeinde der Gläubigen, für deren Leben die Priester ihr eigenes Leben als Opfer darbringen, obliegt die Pflicht, demütig und unablässig den Vater im Namen Christi zu bitten (vgl. Jo 14, 13), seinem Volk das über­reiche Maß dieser Gnadengabe nicht zu verwehren. «So bittet dieses Heilige Konzil nicht nur die Priester, sondern alle Gläubigen, sie möchten sich die kostbare Gabe des priesterlichen Zölibats ein wirkliches Anliegen sein lassen, und alle mögen Gott bitten, daß Er dieses Geschenk seiner Kirche stets in Fülle zukommen lasse»[52].

 

Persönliche Treue zum Charisma

Die im Dekret Presbyterorum Ordinis entwickelten Ge­danken über den Wert und die Bedeutung des Priester­zölibats und über die Natur und den Sinn des Gesetzes, das in der lateinischen Kirche den Zölibat für alle Priester fordert, haben das II. Vatikanische Konzil dazu geführt, in allgemeinen Umrissen eine Reihe von Motiven darzu­legen, die die Angemessenheit der Verbindung von Zöli­bat und Priestertum bekräftigen und die zur Zeit Gegen­stand weiterer Reflexion der Theologen sind. Da nun der Zölibat tiefe persönliche und existentielle Dimensionen umgreift, können diese Begründungen des Konzils, die notwendigerweise generell gefaßt und formuliert sind, manch einem vielleicht abstrakt und ungenügend erschei­nen, wenn er sie rein rationalistisch beurteilt oder aus einer bedrückenden, möglicherweise von subjektivem Ressentiment belasteten persönlichen Situation bewertet. Man sollte jedoch nicht vergessen, daß der Konzilstext, gerade weil es sich um allgemeine Lehre handelt, die vielfältigen existentiellen Perspektiven nicht im Detail behandeln will und auch nicht kann; sie sind vielmehr Anlaß und Ausgangspunkt für die persönliche Anstren­gung der Priester - jedes einzelnen Priesters, der sich sein Leben lang in liebevoller Hingabe um ein tieferes persönliches Verständnis (vgl. Mt 19, 12) der erhaltenen Gnadengabe bemühen und sie treu bewahren muß.

Gerade um die Dringlichkeit dieser persönlichen Vertie­fung und Meditation zu unterstreichen, «mahnt das Konzil alle Priester, die im Vertrauen auf Gottes Gnade in freier Entscheidung nach Christi Vorbild den Zölibat angenom­men haben, ihm großmütig und mit ganzem Herzen anzuhangen und treu in diesem Stand zu beharren, in der Erkenntnis der hohen Gnadengabe, die ihnen vom Vater gegeben wurde und die der Herr so offenkundig gepriesen hat»[53].

Nur im Gebet, in der Intimität eines unmittelbaren und persönlichen Dialogs mit Gott, der die Herzen und den Geist aufschließt (vgl. Apg 16, 14), kann der gläubige Mensch verstehen, was Gott in seinem Leben von ihm verlangt. Wenn die Priester als Erzieher im Glauben[54] gerade diese Lehre den anderen Gläubigen übermitteln sollen, so ist es nur selbstverständlich, daß das Konzil die Priester an die dringende Notwendigkeit erinnern wollte, selbst die Meditation nicht zu vernachlässigen und zu beten, um ihrer Berufung und den mit ihr verliehenen Gaben treu bleiben zu können. Denn nur in einer Logik, die vom Skandal, von der Torheit und von der Fruchtbar­keit des Kreuzes erhellt ist (vgl. 1 Kor 1, 23; Jo 12, 32), kann der im Zölibat beschlossene Grund der Liebe voll erfaßt werden. Nur durch eine Logik, die weder intel­lektualistisch noch abstrakt ist, die der redlichen persön­lichen Antwort an Gott, der einen jeden bei seinem Namen ruft (vgl. Is 43, 1), nicht ausweicht, kann der Priester Ein­gang finden «in die großen Geheimnisse, die im Priester­zölibat bezeichnet werden und ihre Erfüllung finden»[55].Der Geist des Gebetes und der Anbetung, mit dem die Priester «die Gabe der Beharrlichkeit und der Treue er­flehen sollen, die denen niemals verwehrt wird, die um sie bitten»[56],verhilft in der konkreten Situation des priesterlichen Lebens zu einem rechten und ausgewogenen Verständnis der Schwierigkeiten, die bei jedem physiolo­gisch und psychologisch normalen Mann die Bewahrung und Verteidigung der Gabe der vollkommenen Enthalt­samkeit mit sich bringt; und eben dieser Geist führt auch zu einer feinfühligen Würdigung und Beachtung der «durch die Erfahrung der Kirche bewährten asketischen Verhaltensweisen und Normen, die in der modernen Welt nicht weniger notwendig sind»[57].

Der Zölibat des Priesters schließt die Freude und das menschliche Glück keineswegs aus (vgl. 1 Kor 7, 40), auch nicht in diesem irdischen Leben. Nichtsdestoweniger ist der Zölibat, wie jede radikale und endgültige Entschei­dung, die die totale Existenz des Menschen engagiert, ein schweres und schwieriges Band der Liebe. Wie bei der zwischenmenschlichen Liebe, verlangt auch die vom Zöli­bat geforderte völlige Liebeshingabe eine tägliche Erneu­erung und Aktualisierung in freudiger Selbstentsagung. Nur so können die Schwierigkeiten überwunden werden, die im Laufe der Zeit als Folgen der Routine auftauchen, sowie die Widerstände, die - durchaus verständlich bei einem normal veranlagten Mann - das Fleisch dieser Verzichtleistung entgegensetzt. Der Zölibat ist eine nor­male Möglichkeit für eine wohl konstituierte Natur, aber er kann mit menschlichen Kräften allein nicht bewahrt werden: «Niemand kann enthaltsam sein, wenn nicht Du es gewährst (Weish 8, 21). Gewiß hättest Du es gewährt, hätte ich mit Herzensklage an Dein Ohr gepocht und mit fester Zuversicht meine Sorge auf Dich geworfen»[58].

Imprimatur. Coloniae, die 25 octobris 1973

Jr.-Nr. 75066 I 73

    + Hubert Luthe, vic. eplis.

 

      Alle Rechte vorbehalten

Adamas-Verlag GmbH • 5 Köln 41 • Postfach 410 107

Umschlaggestaltung: J. B. Gurewitsch

Gesamtherstellung: Gesellschaft für Buchdruckerei AG, Neuss, 1973

[1]     «Destin religieux de la Hollande», in Le Monde, 17.8.1967, S.6.

[2]     Enzyklika Sacerdotalis caelibatus, Nr. 1.

[3]     Enzyklika Sacerdotalis caelibatus, Nr. 17.

[4]     L'Osservatore Romano, 7.12.1965.

[5]     L'Osservatore Romano, 28.10.1965.

[6]     Sacrosanctum Oecumenicum Concilium Vaticanum II, Con­stitutiones, Decreta, Declarationes, Bd. II, S. 919 ff.

[7]     In Beschränkung auf die ökumenischen Konzilien können wir zitieren: Concilium Nicaenum 1, c. 3, in Conciliorum Oecumenicorum Decreta, S. 6; Concilium Chalcedonense, c. 27; ebd., S. 75; Concilium Nicaenum II, c. 18, ebd., S. 128; Con­cilium Lateranense 1, cc. 7und 21, ebd., S. 167 und 170; Con­cilium Lateranense II, cc. 6, 7, 21, 27,ebd., S. 174, 178, 179; Concilium Lateranense III, c. 11, ebd., S. 193; Concilium Lateranense IV, c. 14, ebd., S. 218; Concilium Viennense, c. 8, ebd., S. 340; Concilium Basilense, sess.XV und XX, ebd., S. 449, 461-463; Concilium Lateranense V, sess. IX, ebd., S. 598; Concilium Tridentinum, sess. XXIV, c. 9 und sess. XXV, de ref., cap. XIV und XV, ebd., S. 731, 768-770. Zu erwähnen wäre auch das Concilium Trullanum II, cc. 6 und 13, Mansi 11, 944 und 948.Besonders wichtig sind c. 21 des Lateranense I und c. 7 des Lateranense II, die als die ersten Texte betrachtet werden können, in denen vom Zölibat des Priesters im Vollsinne und in allgemeiner Ausdehnung auf die ganze lateinische Kirche gesprochen wird.

[8]     «Placuit in totum prohibere episcopis, presbyteris et diaconibus vel omnibus clericis positis in ministerio abstinere se a coniugibus suis et non generare filios; quicumque vero fecerit ab honore clericatus exterminetur», Mansi 2, 11. - Vgl. auch can. 27.

[9]     «Si quis dixerit, clericos in sacris ordinibus constitutos, vel regulares, castitatem solemniter professos, posse matrimo­nium contrahere, contractumque validum esse, non obstante lege ecclesiastica vel voto, et oppositum nil aliud esse, quam damnare matrimonium; posseque omnes contrahere matrimonium, qui non sentiunt se castitatis (etiam si eam voverint) habere donum: a.s. Cum Deus id recte petentibus non deneget, nec patiatur, nos supra id, quod possumus,tentari» (Conciliorum Oecumenicorum Decreta, S. 731). Vgl. auch sess. XXV, de ref., cap. XIV und XV, ebd., S. 768-770.

[10]    Schema De clericorum vitae sanctitate, Nr. 10, Typis Poly­glottis Vaticanis 1961, S. 9. Vgl. auch das Schema De clericis, Nr. 9, in Schemata Constitutionum etDecretorum ex quibus argumenta in Concilio disceptanda seligentur, series quarta. Typis Polyglottis Vaticanis 1963, S. 32.

[11]    Schema De clericis, Nr. 8, in: Schemata constitutionum et decretorum de quibus disceptabitur in Concilii sessionibus, Typis Polyglottis Vaticanis 1963, S. 8.

[12]    Schema De clericis, Typis Polyglottis Vaticanis, vom 27.4.1964, S. 24.

[13]    Schema De vita et ministerio sacerdotali, Nr. 2, Typis Polyglottis Vaticanis, vom 2.10.1964, S. 8-9.

[14]    Ebd., S. 4. Vgl. auch die Relation über die propositio 2, Abs. a, c und d. Doch sah sich die Kommission gezwungen, diesen Text zu kürzen und zusammenzufassen, denn nach den Anweisungen der Koordinierungskommission sollte das Schema auf 12 kurze propositiones reduziert werden.

[15]    Textus emendatus et relationes, Typis Polyglottis Vaticanis, vom 12.11.1964.

[16]    Vgl. das in der vorigen Anmerkung angeführte Schema, Nr. 15, ebd., S. 25 ff. Ebenso die Relation zu dieser Nr. 15, ebd., S. 39.

[17]    Schema zum Dekret De ministerio et vita presbyterorum, textus recognitus et relationes, Typis Polyglottis Vaticanis, vom 28.5.1965.

[18]    Schema zum Dekret De ministerio et vita presbyterorum, textus emendatus et relationes, Typis Polyglottis Vaticanis, Oktober 1965.

[19]    Schema zum Dekret De presbyterorum ministerio et vita, textus recognitus et modi, Typis Polyglottis Vaticanis, No­vember 1965, S. 108-119.

[20]    Außerdem gelangte an die Kommission eine Menge weiteres, nicht offizielles Material - Studien, Untersuchungen, Vor­schläge, etc. -, das dem Sekretariat teils direkt von privaten Personen oder Organisationen, teils auch durch Konzilsväter oder Periti, die solche Arbeiten veranlaßt oder gesammelt hatten, übergeben wurde. Nie wurde die Überprüfung dieser Studien und Vorschläge unterlassen: es wurde ihnen immer die gebotene Aufmerksamkeit gewidmet, sei es daß sie Überlegung und Objektivität widerspiegelten, sei es daß sie von einer gewissen verständlichen Einseitigkeit zeugten, die manchmal besonders schmerzlichen Umständen entsprang.

[21]    Das Resultat der Abstimmung in der Generalkongregation vom 3.12.1965 über die Schlußfolgerungen, zu denen die Kom­mission nach dem Studium der Verbesserungsvorschläge - modi - der Konzilsväter gekommen war, ergab für Kapitel III, Artikel II (in welchem sich der Abschnitt über den Zölibat befindet) folgendes Verhältnis: Anwesende Konzilsväter - 2271; Placet - 2243; Non placet - 27; Ungültige Stimmen - 1.

[22]    Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 16.

[23]    So sagt z. B. Tertullian: «Petrum solum invenIo maritum, per socrum; monogamum praesumo per ecclesiam, quae super illum omnem gradum ordinis sui de monogamis erat collocatura. Ceteros cum maritos non invenio, aut spadones intelligam necesse est aut continentes» (De Monogamia 8, 4 CChr. 2, 1239). Der hl. Ambrosius allerdings behauptet das Gegenteil (Vgl. In II Cor 11, 2, ML 17, 320).

[24]    Concilium Tridentinum, sess. XXIV, De sacr. matr., c. 10, in: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, S. 731. Pius XII., Enzyklika Sacra Virginitas, 25.3.1954, AAS 46 (1954), S. 176 ff. Es könnten überdies viele päpstliche Texte sowohl über die christliche Wertschätzung der Ehe als auch über die Vorzüg­lichkeit der vollkommenen Enthaltsamkeit zitiert werden.

[25]    Concilium Vaticanum II, Const. past. Gaudium et spes, Nr. 48und 52; Const. dogm. Lumen gentium, Nr. 11 und 41; etc.  

[26]    Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 16.

[27]    Ebd.

[28]    Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 2.

[29]    Concilium Tridentinum, sess. XXII, cap. II, in: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, S. 709-710; Pius XII., Enzyklika Mediator Dei, 20.11.1947, AAS 39 (1947), S. 553; Concilium Vaticanum II, Const. dogm. Lumen gentium, Nr. 10 und 28; Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 2.

[30]    Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 2.

[31]    Ebd.

[32]    Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 16.

[33]    Symbolum Quicumque, 32, Denzinger-Schönmetzer Nr. 76 (40).

[34]    Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 14.

[35]    Concilium Vaticanum II, Const. dogm. Lumen gentium, Nr. 28; Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 4-6.

[36] Dekret Presbyterorum Ordins, Nr. 14.

[37] «Nulla ergo carnis fecunditas sanctae virginitati etiam carnis comparari potest» (S. Augustinus, De sancta virginitate 8, ML 40, 400):

[38] Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 16.

[39] Ebd. Vgl. auch Const. dogm. Lumen gentium, Nr. 42.

[40] Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 16.

[41] Als die Kommission De disciplina cleri den Text der Ab­schnitte 12-17 des Dekrets Presbyterorum Ordinis erarbei­tete, folgte sie dem von der Generalversammlung gebillig­ten Kriterium, die Grundzüge einer echt priesterlichen Spi­ritualität darzulegen, welche alle Priester unabhängig von ihrem Status als Welt- oder Ordenspriester zur vollkomme­nen caritas pastoralis leiten sollte, d. h. zur persönlichen Heiligung in und durch die vollendete Ausübung ihres Dien­stes. Was die Konzilstexte über das geistliche und asketische Leben des Priesters aussagen, leitet sich somit, aus Gründen innerer Notwendigkeit oder besonderer Angemessenheit, di­rekt und unmittelbar vom Sakrament des Ordo her - bzw. ist mit ihm eng verbunden - sowie von dem Dienst, zu dem der Ordo befähigt und bestellt. Aus dem gleichen Grund wird bei der Darlegung dieser priesterlichen Spiritualität vermieden, mit der numerischen und formalen Klassifizierung der Tugenden in die Nähe der drei sogenannten evangeli­schen Räte zu geraten, wie sie in der thomistischen Theorie über den Stand der Vollkommenheit erscheinen. Sowohl das Studium der Geschichte dieses Dekrets als auch besonders die erklärenden Relationen der Kommission bestätigen diese Intention der Konzilsväter: vgl. z. B. das Schema zum Dekret De ministerio et vita presbyterorum, Typis Polyglottis Vaticanis, Oktober 1965, Relationen zu Nr. 12 (§ A), Nr. 14 (§ A), Nr. 15 (§§ A und B), S. 60-62. Gerade deshalb lehnte die Kommission ausdrücklich den von einigen Konzilsvätern vor­gebrachten Wunsch ab, auch auf die Priester den Begriff des status perfectionis auszudehnen, den der heilige Thomas auf die Bischöfe anwendet (vgl. Summa Theologiae, II-II, q. 184, a. 5). Für diesen wie auch für andere Gesichtspunkte der Deutung der Lehre des II. Vatikanischen Konzils sollte man im Auge behalten, daß die neuere Ekklesiologie den Akzent nicht etwa auf die Trennung der Mitglieder des Gottesvolkes in verschiedene Stände legt, sondern auf die Vielzahl und Vielfältigkeit der Dienste auf der Basis der fundamentalen Gleichheit der Würde und Sendung aller christifideles.

 

[42] An keiner Stelle des Dekrets wird behauptet, die zölibatären Priester der lateinischen Kirche oder in den Ostkirchen seien heiliger als jene Priester des Ostritus, die in rechtmäßiger Ehe leben. Die Kommission wies alle Vorschläge zur Text­änderung ab, in denen der Gedanke anklang, die verheirate­ten Priester des orientalischen Ritus seien zu einer geringe­ren Heiligkeit berufen.

[43] Concilium Vaticanum II, Const. dogm. Lumen gentium, Nr. 11, 39 etc.; vor allem Kapitel V.

[44] Schema zum Dekret De ministerio et vita presbyterorum, Typis Polyglottis Vaticanis, Oktober 1965, Relation zur Nr. 16, S. 62.

[45] «Semper spectavit ad gratiam sacerdotum iacere semina integritatis et virginitatis studia provocare» (S. Ambrosius, De virginitate 5, 26, ML 16, 272 D).

[46] Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 16.

[47] Diese Präzisierung wurde in den Text des Dekrets an Stelle der Formel des CIC eingebracht: Clerici in maioribus ordinibus constituti... (can. 132, 1); dabei hatte man vor Augen, was in der Const. dogm. Lumen gentium, Nr. 9, über die Möglichkeit verheirateter Diakone gesagt worden war.

[48] Jedweder Gläubige, jedes Mitglied des Gottesvolkes kann Empfänger dieses Geschenks sein. Darum benutzt der Text des Dekrets den Ausdruck: «... die vollkommene und stän­dige Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen ..., von nicht wenigen Gläubigen gern angenommen und lobenswert geübt ...» (vgl. Anm. 27). In der Relation zu den Studien über die Verbesserungsvorschläge wird darauf hingewiesen, daß dieser allgemeine Bezug auf alle Gläubigen in den Text übernommen wurde, weil «auf diese Weise noch klarer wird, daß die vollkommene Enthaltsamkeit kein Monopol der Kle­riker und der Ordensleute ist». Vgl. das Schema zum Dekret De Presbyterorum ministerio et vita, textus recognitus et modi, Typis Polyglottis Vaticanis, November 1965, Antwort auf modus 11 zu cap. III, art. 1, S. 109.

[49] Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 2 - Diese Sachlage wird von denen übersehen, die die Legitimität der Zölibatsgesetz­gebung kritisieren, indem sie behaupten, sie sei ein Eingriff in die persönlichen Rechte der Gläubigen. Sie halten das Priestertum für etwas Persönliches, d. h. für einen Beruf wie jeden anderen, den der Einzelne das Recht habe zu erwählen, wobei er sich zunächst - wenn nicht sogar ausschließlich - um seine persönlichen Interessen kümmert. Sie vergessen, daß gerade wegen des besonderen amtlichen und öffentlichen Charakters des Priestertums es die Hierarchie ist, die über die Eignung eines Kandidaten zu entscheiden hat. Ja in der Urkirche galt es als kaum zulässig, daß sich ein Gläubiger anbot, Priester zu werden: es war die kirchliche Gemeinde zusammen mit dem Bischof, die ihn auswählten.

[50] Es kann natürlich immer vorkommen, daß in der Folge ein Priester an der eigenen Berufung zweifelt. Dieser Irrtum kann aber nicht der kirchlichen Gesetzgebung, der Institution, angelastet werden, vorausgesetzt, daß bei der Zulassung des Kandidaten mit der notwendigen Vorsicht vorgegangen wur­de (angemessene Berücksichtigung des Alters, der Freiheit der Entscheidung, der psychologischen Reife, der Gesundheit, etc.), sondern eher dem Priester selbst, der trotz allem nicht der vom Heiligen Geist erhaltenen Gabe zu entsprechen wußte.

[51] Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 16.

[52] Ebd.

 

[53] Ebd.

[54] Ebd.

[55] Ebd.

[56] Ebd.

[57] Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 16 - Einige dieser Mittel waren in der Redaktion des Textes über den Zölibat aufge­führt, der den Konzilsvätern am 28. Mai 1965 übergeben wurde. (Vgl. das Schema zum Dekret De ministerio et vita presbyterorum, Typis Polyglottis Vaticanis, vom 28. Mai 1965, Nr. 14, S. 37). - In der Folge hielt die Kommission es für angebrachter, in diesem Abschnitt des Textes die ein­zelnen Hilfsmittel nicht zu erwähnen - die Aufzählung ver­längerte den Text zu sehr -, zumal bereits an anderen Stellen des Dekrets von ihnen die Rede war. Diese Hilfen sind zur Genüge bekannt: eucharistische Frömmigkeit, kind­liche Liebe zur Mutter Gottes, häufige Beichte, geistliche Lei­tung (vgl. Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 18), Vereini­gungen, die den Priestern helfen in ihrem Bemühen um die Heiligung ihres Lebens und Dienstes (vgl. Dekret Presbyte­rorum Ordinis, Nr. 8), etc.

[58] S. Augustinus, Confessiones, 6, 11.