Bischof Echevarría: Benedikt XVI. kennt das Opus Dei besser als Johannes Paul II. zu Beginn seines Pontifikates

Bischof Echevarría hält beim Kölner Weltjugendtag zwei Katechesen in spanischer Sprache.

Rom/Köln, 15. August (dpa) – Der Prälat des Opus Dei, Bischof Javier Echevarría Rodríguez, versichert, dass Papst Benedikt XVI. das „Werk“ genauso schätzt wie Johannes Paul II., der dessen Gründer Josemaría Escrivá (1902–1975) heiliggesprochen und der Organisation ihre endgültige Rechtsform einer Personalprälatur verliehen hatte.

In einem Interview mit dem spanischen Dienst der Nachrichtenagentur dpa betonte Echevarría (73), dass es „leicht zu Vergröberungen“ kommen kann, wenn man die Beziehungen zwischen dem Opus Dei und den beiden Päpsten vergleicht. Zugleich stellte er fest, dass es „auf der eigentlichen Ebene der Verbundenheit und der väterlichen wie kindlichen Zuneigung keine Unterschiede gibt“. Der Prälat des Opus Dei weiter: „Ich kann sagen, dass Benedikt XVI. das Opus Dei besser kennt als Johannes Paul II. zu Beginn seines Pontifikates im Jahre 1978“.

Bischof Echevarría hält beim Kölner Weltjugendtag zwei Katechesen in spanischer Sprache. An dem Groß-Event der Katholischen Kirche nehmen auch zahlreiche Gläubige und Freunde des Opus Dei teil, nach Echevarría aber „ohne eine Gruppe zu bilden, sondern auf höchst unterschiedliche Weise mit ihren jeweiligen Bistümern und Organisationen“.

Das Interview im Wortlaut

dpa: Auf welche Weise werden Sie bzw. die Mitglieder und Freunde des Opus Dei am Weltjugendtag teilnehmen?

Echevarría: Persönlich fahre ich mit viel Glauben und Hoffnung nach Köln. Ich erwarte nämlich, einmal mehr zu erleben, dass die Kirche jung ist, wie der Heilige Vater seit dem ersten Tag seines Pontifikates sagt.

Der Weltjugendtag ist ein Ort der Begegnung, bei dem wir die Bedeutung des Glaubens für die jungen Leute und zugleich die große Bedeutung der Jugend für die Kirche bestätigt sehen können. Die Teilnehmer werden die Gedanken des Papstes hören und der Papst die Hoffnungen der Jugend. Ich bin sicher, dass wir alle mit dem erneuerten Wunsch von Köln heimfahren werden, Jesus Christus dichter nachzufolgen und ihn mehr zu lieben.

Ich denke, dass die Angehörigen des Opus Dei mit derselben Offenheit gegenüber der Gnade kommen werden, aber ohne eine Gruppe zu bilden, sondern auf ganz unterschiedliche Weise mit ihren jeweiligen Bistümern und Organisationen.

dpa: Wie sehen Sie das Verhältnis der heutigen Jugend zur Kirche? Was kann ihnen die Kirche von heute bieten?

Echevarría: Wenn Sie den Ausdruck erlauben, würde ich von einem Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit sprechen: Für die jungen Menschen ist die Kirche lebenswichtig, und die Kirche braucht die Jugend als einen bedeutenden Teil des Gottesvolkes. Durch die Kirche lernen die Mädchen und Jungen Jesus Christus kennen, den Mensch gewordenen Gott, der die Antwort auf ihre tiefsten Sehnsüchte und die Quelle des wahren Glückes ist. Sie schenken der Kirche neues Leben, wenn sie die Gestalt und die Botschaft Christi entdecken, sich von ihm begeistern lassen und den neuen Generationen diese begeisternde Entdeckung weitergeben. In diesem Sinne sind sie selbst die Kirche und stellen zusammen mit den Armen und den Kranken einen ganz besonderen Schatz dar.

Natürlich stößt die Beziehung zwischen Kirche und Jugend auch auf Widerstände und Schwierigkeiten: Einerseits spürt man in der Jugendzeit viel Hoffnung und Großzügigkeit, aber auch manche Unruhe. Andererseits bekommen die jungen Menschen nicht immer zutreffend vermittelt, was die Kirche wirklich ist. Hier können wir vielleicht von Kommunikationsproblemen sprechen, wie sie unsere Zeit mit ihrem Überfluss an Information und ihrem Mangel an Orientierung kennzeichnen. Dieser Umstand stellt eine Einladung an die Katholiken dar, als Kinder Gottes gewissenhaft und verantwortungsbewusst zu handeln und den Kern unseres Glaubens weiterhin kraftvoll und ungeschmälert weiterzugeben.

Wir müssen gegenüber den Mädchen und Jungen, die nach dem Sinn des Lebens suchen, aufrichtig bezeugen, was unser Glück und unsere innere Bindung ausmacht – und zwar jeder aus seinen eigenen Lebensumständen heraus.

dpa: Wie würden Sie Papst Benedikt XVI. beschreiben?

Echevarría: Ich sehe in ihm jetzt und weiterhin den guten Vater der Kirche. Ich möchte ihn nicht weiter beschreiben, denn das Wort „Vater“ fasst bereits alles zusammen.

Sicher, die göttliche Vorsehung hat ihn auf seine Sendung als Papst vorbereitet. In den langen Jahren seines Dienstes hat er nicht nur eine außergewöhnliche Kenntnis dessen erworben, was die Lage der Kirche in der Welt betrifft, sondern auch ein geschärftes Gespür für die Herausforderungen der zeitgenössischen Kultur. Aufgrund seiner genauen Übersicht kann er die Wege ausmachen, die die Kirche in unserer Zeit nach Gottes Willen einschlagen soll.

Wenn ich seinen Lebensweg und sein Profil mit einem Wort zusammenfassen sollte, würde ich sagen: demütige Weisheit und ansteckender Friede. Man merkt dem Papst deutlich an, wie gut er zuhören, verstehen und Antworten suchen kann, die den Durst der Frauen und Männer von heute nach Gott zu stillen vermögen.

dpa: Wie waren bisher Ihre Kontakte zu ihm? Kennt und schätzt er das Opus Dei so sehr wie sein Vorgänger?

Echevarría: Ich gebe zunächst zu bedenken, dass Vergleiche nach meiner Meinung leicht zu Vergröberungen führen können. Immerhin kann ich sagen, dass Benedikt XVI. das Opus Dei besser kennt als Johannes Paul II. zu Beginn seines Pontifikates im Jahre 1978. Aber ich bleibe dabei, dass sich die Beziehungen zwischen dem Papst und den Gläubigen sowie den Institutionen der Kirche nicht allein auf der Ebene von Kenntnissen bewegt, sondern zugleich auf der eigentlichen Ebene der Verbundenheit und der väterlichen wie kindlichen Zuneigung. Und da gibt es keine Unterschiede.

dpa: Wie steht es mit der Ausbreitung des Opus Dei in Deutschland? Hatte der heilige Josemaría irgendeine spezielle Beziehung zu diesem Land?

Echevarría: Das Opus Dei wächst ganz natürlich, seine Botschaft breitet sich von Person zu Person aus, von einem Menschen zum nächsten. Das Apostolat bemisst sich nach dem Menschen, auch wenn sein Motor die Gnade Gottes ist, die ihrem eigenen Rhythmus und ihrer eigenen Logik folgt.

In Deutschland breitet sich das Wirken des Opus Dei besonders unter jungen Familien aus. Ich denke, das gilt für die Kirche allgemein. Es sind Menschen, die ihre Glaubenserfahrung mit anderen teilen und die sich durch bestimmte Mittel christlicher Bildung helfen lassen wollen, die mit ihrem gewöhnlichen Leben vereinbar sind.

Ich weiß, dass in verschiedenen Städten zahlreiche Personen an den apostolischen Aktivitäten teilnehmen. Bei der Messe, die Kardinal Meisner im Januar 2002 aus Anlass des hundertsten Geburtstags von Sankt Josefmaria gefeiert hat, quoll der Kölner Dom förmlich über.

Der heilige Josefmaria war verschiedentlich in Deutschland. Im Jahre 1958 hatte ich erstmals das Glück, ihn zu begleiten. Dabei konnte ich seine Bewunderung für dieses Land und für dieses Volk mit seinen Tugenden feststellen. Er setzte sehr auf den Beitrag, den die deutschen Katholiken weiterhin für den Evangelisierungsauftrag der Kirche leisten können. Wie überallhin kam er auch hierher, um zu lernen, zu lieben und zu dienen.

dpa: Das Opus Dei hatte in den 70er und 80er Jahren unter scharfen Angriffen der Medien zu leiden. Wie sieht das Opus Dei diese Zeit aus dem Abstand der Jahre?

Echevarría: Gelassen. Einerseits sind die Medien offensichtlich nicht unfehlbar, und ihre Angriffe fallen nicht weiter ins Gewicht, sofern sie grundlos sind. Ich will die Medien nicht negativ darstellen, denn sie leisten der Gesellschaft viele gute Dienste. Ich meine nur, dass sie Fehler machen können, wie das in allen menschlichen Bereichen vorkommt. Und wie überall: Wer sich geirrt hat, berichtigt sich eben gentlemanlike.

Andererseits sind Angriffe nichts neues, weder allgemein auf die Kirche, noch speziell auf das Opus Dei. Sie stehen im Drehbuch, sie gehören ins Budget, wenn Sie mir diese Ausdrucksweise erlauben. Nach meiner Erfahrung tragen sie letztlich dazu bei, das Opus Dei bei viel mehr Leuten bekanntzumachen.

dpa: Können sie den Gründer kurz beschreiben? Was haben Sie vor allem von ihm gelernt?

Vielleicht sollten wir die Beschreibung von Johannes Paul II. aus seinem Buch „Auf, lasst uns gehen!“ heranziehen: ein heiliger eifriger Priester für die neuen Zeiten. Denn er hat daran erinnert, wie wichtig es ist, im normalen Leben heilig zu werden – und das gerade zu einer Zeit, in der wir diesen Riss zwischen Glauben und Alltag erleben, wie ihn das Zweite Vatikanische Konzil und die letzten Päpste als eines der großen Probleme unserer Epoche herausgestellt haben. Die Botschaft des heiligen Josefmaria hilft uns, diesen persönlichen und gesellschaftlichen Riss zu heilen.

Es fällt mir immer schwer, mit einem Wort zu sagen, was ich von diesem heiligen Priester gelernt habe. Natürlich hat sich mir seine Liebesfähigkeit für immer eingeprägt. Er lebte für Gott und für seine Mitmenschen und hat sich restlos verausgabt.

Von Vicente Poveda (dpa)