Betrachtungstext: 31. Dezember

Das Jahresende: eine Gelegenheit, Bilanz zu ziehen – Gott bringen, was wir sind – Danke, Verzeihung, hilf mir mehr

DER PROLOG des Johannesevangeliums, den wir in der Messe lesen, ist wie eine Zusammenfassung von Weihnachten. Es heißt hier, dass, während einige den Sohn Gottes aufnahmen und zu Kindern Gottes wurden, andere ihn verkannten und im Dunkeln blieben. Heute, am letzten Tag des Jahres, wollen wir unser ganzes Leben vor dieses Kind hinlegen, das uns geboren wurde, unseren Erlöser. Es ist ein guter Moment, um sich das Jahr noch einmal zu vergegenwärtigen, Bilanz zu ziehen und, vor allem, Gott zu danken, der uns in jedem Moment zur Seite stehen wollte.

Jedes Jahr, das vergeht, rückt uns dem Himmel ein Stück näher. Wir können den Heiligen Geist bitten, uns zu erleuchten, damit wir diese Zeit, die nun vorbei ist und die uns Gott näher bringt, einer summarischen Prüfung unterziehen. Wir konnten heranwachsen, wie Jesus, von dem es heißt: Seine Weisheit nahm zu und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen (Lk 2,52). Ein Jahr mehr, in dem sich der Herr an diesem letzten Tag mit folgenden Worten des Evangeliums an jeden einzelnen richten möchte: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! (Mt 25,21).

Das würde uns heute gefallen: Unsere Tage in Bethlehem zu verbringen, mit Jesus, Maria und Josef, um unser Leben von Gott her zu sehen; in ihre Gefühle einzutreten, in ihr Denken und Wollen, und so unsere Herzen mit unendlicher Dankbarkeit zu erfüllen. Wir verlangen danach, mit Worten des Evangeliums der Messe sagen zu können: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. (...) Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade (Joh 1,14.16).


DAS WORT ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt (Joh 1,14). Wir wollen uns der Krippe nähern, wie die Hirten es taten, die ihr Herz hinschenkten angesichts des Wunders, das sich vor ihren Augen eröffnete. Nähern wir uns Gott, der uns nahe kommt, lädt uns Papst Franziskus ein, halten wir inne, um die Krippe anzuschauen, stellen wir uns die Geburt Jesu vor: das Licht und den Frieden, die extreme Armut und die Ablehnung. Treten wir mit den Hirten in die wahre Weihnacht ein, bringen wir das zu Jesus, was wir sind, unsere Ausgrenzungen, unsere nicht ausgeheilten Wunden, unsere Sünden. So werden wir in Jesus den wahren Geist von Weihnachten kosten: die Schönheit, von Gott geliebt zu werden. Stehen wir mit Maria und Josef vor der Krippe, vor Jesus, der geboren wird als Brot für mein Leben. Und indem wir seine demütige und grenzenlose Liebe betrachten, sagen wir ihm einfach Dank: Danke, weil du all das für mich getan hast1.

Wie die Hirten wollen wir heute alles, was wir sind, nach Bethlehem tragen: alles, was wir getan und was wir nicht getan haben in diesem Jahr, das sich dem Ende zuneigt. Sicherlich wird es viele gute Dinge geben und auch einige, die es nicht sind. Sind wir Gott etwas näher gekommen, wenn auch auf kaum messbare Weise? Jedenfalls sind wir sicher, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht (Röm 8,28). Daher sind wir erfüllt von Dankbarkeit. Gott hat uns behütet; er war bei uns und hat uns beigestanden. Te Deum laudamus. Dich, Gott, loben wir, aus der Tiefe unserer Seele, dir danken wir, weil du gut bist. An jedem Tag benedeien wir dich und loben in Ewigkeit deinen Namen2.


DANKE, Verzeihung und hilf mir mehr. Vielleicht kann uns dieses Stoßgebet, das der selige Álvaro del Portillo gerne wiederholte, heute helfen, unser inniges Zwiegespräch mit Jesus zu kanalisieren. Der hl. Augustinus empfahl eine beständige Haltung der Dankbarkeit als die beste Lebensweise: Was können wir Besseres im Herzen tragen, mit dem Mund aussprechen, mit der Feder schreiben als diese Worte: Dank sei Gott? Es gibt nichts, was mit größerer Kürze gesagt, mit größerer Wonne vernommen, mit größerer Erhebung empfunden oder mit größerem Nutzen getan werden kann3.

Heute ist der richtige Tag, so Papst Franziskus, um uns dem Tabernakel, der Krippe, dem Futtertrog zu nähern, um danke zu sagen. Nehmen wir die Gabe an, die Jesus ist, um dann wie Jesus Gabe zu werden. Zur Gabe zu werden bedeutet, dem Leben Sinn zu verleihen. Und es ist die beste Weise, um die Welt zu verändern: Wir verändern uns, die Kirche verändert sich, die Geschichte verändert sich, wenn wir anfangen, nicht die anderen verändern zu wollen, sondern uns selbst, indem wir aus unserem Leben eine Gabe machen4. So viele Geschenke von Gott, so viele Gaben, so viele Motive, um aus unserem Leben eine Gabe zu machen … und im Kontrast dazu stellen wir auch in unserem Leben einen Mangel an Entsprechung fest. Wir können unsere Dankbarkeit mit einer Bitte an Gott um Vergebung verbinden für die Male, in denen wir nicht großzügig waren oder die vielen Gelegenheiten, in denen wir einfach zerstreut waren. Wir wissen genau, dass uns seine Gnade nie fehlen wird, wenn wir voll guter Wünsche sind, denn allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden (Joh 1,12).

Ein gutes Ziel für das neue Jahr kann sein, uns mehr von Gott helfen zu lassen. Wir wollen die Dinge nicht alleine machen. Vielleicht kann das zu Ende gehende Jahr viele Versuche unsererseits bezeugen, allein mit unseren Kräften rechnen zu wollen, und haben wir erlebt, dass diese Formel nicht funktioniert. Danke, Verzeihung, hilf mir! schrieb Papst Franziskus in einem Brief anlässlich der Seligsprechung von Don Álvaro, In diesen Worten drückt sich die Spannung eines auf Gott gerichteten Lebens aus. Von jemandem, der von der größten Liebe schlechthin berührt wurde und der ganz aus dieser Liebe lebt5. Mit der Hilfe Mariens, unserer Mutter, freuen wir uns darauf, uns im beginnenden Jahr mehr und mehr auf die Gnade ihres Sohnes zu stützen.


1 Franziskus, Homilie, 24.12.2016.

2 Vgl. Hymnus Te Deum.

3 Hl. Augustinus, Brief 72.

4 Franziskus, Homilie, 24.12.2019.

5 Franziskus, Brief anlässlich der Seligsprechung von Álvaro del Portillo, 16.6.2014.