Symposium über ein Video: Josefmaria als Pionier der Heiligung der Arbeit

Der Begriff der „Heiligung der Arbeit“ taucht in der spirituellen Theologie erst im 20. Jahrhundert auf – ist also in einer mehr als 2000 Jahre alten Institution wie der Kirche relativ neu. Und doch hat der Mensch seit Adam und Eva von Gott den Auftrag gehabt zu arbeiten. Jesus selbst hat in der Werkstatt des Josef gearbeitet – was den hl. Josefmaria zu einer Spiritualität der Arbeit inspiriert hat.

Die wichtigsten Beiträge des Symposium „The Heart of Work. A soul for professional work“ vom 21. Oktober 2017 sind jetzt in einem Sammelband auf Deutsch erschienen. Sie drehen sich im Wesentlichen um Aussagen des heiligen Josefmaria zur geheiligten Arbeit, die in Audio- und Videodokumenten erhalten sind, und in dem Video zusammengestellt wurden. Die Einführung zur Premiere dieses Dokumentarfilms stammt von Maria Aparecida Ferrari. Luis Navarro erläutert, dass die Lehren des Heiligen Josefmaria Ausgangspunkt des im Buch dokumentierten Symposiums waren. Javier Lopez Diaz nimmt sich einen historisch-theologischen Überblick zum Thema „Die Heiligung der Arbeit“ vor. Alle drei sind oder waren Dozenten an der Päpstlichen Hochschule Santa Croce in Rom. Fernando Ocariz, der Prälat des Opus Dei beteiligt sich anschließend an einem Gespräch über die Inhalte des Videos.

Das Stichwort „Arbeit“ im theologischen Wörterbuch von 1963

Als Beispiel für eine erste theologische Aufarbeitung der Heiligung der Arbeit zitiert Lopez das theologische Wörterbuch von Dominique Chenu, in dem dieser 1963 schrieb: „Es ist wirklich ein Novum, dass das Wort Arbeit in ein Wörterbuch theologischer Grundbegriffe aufgenommen wird (…) Damit bahnt sich die kürzlich erreichte Sicht von der Stellung des Menschen in Schöpfung und Geschichte innerhalb der traditionellen Struktur der christlichen Theologie ihren Weg.“ Lopez Diaz kommentiert weiter: „Generell gesagt lässt sich feststellen, dass die Theologie der professionellen Arbeit das gleiche Schicksal beschied wie der Berufung und Sendung der Laien: beständig übersehen oder höchstens am Rande vermerkt.“ (Seite 12).

Das verborgene Leben Jesu diente der Predigt des heiligen Josefmaria als Vorbild

Jesu handwerkliches Arbeiten in Josefs Werkstatt war nicht bloß Vorbereitung auf das Heilswirken, das er anschließend auf Golgatha vollbringen sollte, sondern war bereits Teil dieses Erlösungswerks. „Dreißig Jahre lang lebte Jesus so: als fabri filius (Mt 13,55), als der Sohn des Zimmermanns [...]. Und Er war Gott, im Begriff, das Menschengeschlecht zu erlösen und alles an sich zu ziehen (Joh 12,32)“ (vgl. Josefmaria Escriva, Christus begegnen, Köln 2006, Nummer 14)

Die ersten Christen blieben, wo sie waren: bei ihrer Arbeit

Deswegen hörten die frühen Christen nicht auf zu arbeiten, wenn sie sich der Kirche eingliederten. Mehr noch: sie gingen demselben Beruf weiterhin nach, den sie vor ihrer Bekehrung ausgeübt hatten, wie das Tertullian gegen Ende des zweiten Jahrhunderts schrieb: „Daher wohnen wir mit euch in dieser Welt zusammen ... Wir betreiben mit euch zusammen die Schifffahrt, tun mit euch Kriegsdienst, treiben Ackerbau und bringen dann unsern Erwerb in den Handel, die Erzeugnisse unserer Kunstfertigkeit und unserer Arbeit geben wir öffentlich zu eurem Gebrauche hin“ (vgl. Tertullian, Apologeticum, Kap 42, 1-3).

Gab es nicht Vorläufer für die Idee einer „Heiligung der Arbeit“?

Doch was ist das wirkliche Neue an dieser Sicht der Arbeit? Hatte nicht schon das benediktinische Motto ora et labora dies aufgegriffen? Dieses Motto fasste primär den Mönchstag zusammen, der gegliedert ist in Stundengebet und Handarbeit; wobei letztere geschätzt wird als Mittel zum Lebensunterhalt und zur Vermeidung des Müßiggangs. „Der Wert der säkularen, laikalen Arbeit in der Zivilgesellschaft hingegen bleibt unreflektiert. Kein Wort fällt darüber, Arbeit in Gebet zu verwandeln, allenfalls darüber, zu beten und zu arbeiten oder auch bei der handwerklichen oder häuslichen Arbeit zu beten.“ (Seite 21)

Waren die Reformatoren nicht auch vom Wert der Arbeit überzeugt?

Lopez wirft in seinem Beitrag auch einen Blick zurück in die Philosophie- und Religionsgeschichte: „Zu Beginn der Neuzeit begegnet man in den Lehren der protestantischen Reformatoren einer Neubewertung der Mühen rund um die Arbeit. Sie gründet in der offensichtlichen Wertschätzung der Arbeit in der Heiligen Schrift, die für die Reformatoren die einzige göttliche Offenbarungsquelle war. Doch Luther ebenso wie Calvin lehnte die Lehrüberzeugung ab, nach der dem Werk des Christen ein Verdienstcharakter für seine Heiligung und Erlösung innewohnen könnte. Ihrem theologischen Verständnis nach ist es völlig absurd, von Heiligung der Arbeit oder irgendeines sonstigen menschlichen Tuns zu sprechen. Harte, gute Arbeit ist für Calvin, wenn Gott sie mit Erfolg belohnt, durchaus Zeichen der Prädestination; doch nichts weiter als ein Zeichen.“ (Seite 22)

Ein Papst spricht erstmals über die „Heiligung der Arbeit“

Endlich greift auch ein Papst das Thema der „Heiligung der Arbeit“ auf, doch ist das Originaldokument nicht mehr erhalten. Bekannt wurde lediglich ein Zeitungsbericht über die Ansprache, die Papst Pius XI. am 31. Januar 1927 an eine Gruppe junger Arbeiter der Katholischen Aktion hielt.

Zu kurz geratene Auffassungen von einer Heiligung der Arbeit

Da Handarbeiten oft Beten bei der Arbeit zulässt, lässt sich Heiligung der Arbeit demnach als ein bei der Arbeit beten verstehen. Gérard Philips (I laici nella Chiesa, Mailand 1964, französisches Origina von 1954), ein ausgewiesener Kenner der Thematik, bemerkte dazu, es sei damals womöglich ausschließlich darum gegangen, „das profane Leben mit einer gewissen religiösen Zier zu versehen, so wie fromme Seelen bei ihrer Arbeit Stoßgebete beten. Von größerer Bedeutung ist freilich, die Arbeit selbst zu heiligen“. Letzteres war das eigentliche Anliegen des heiligen Josefmaria Escrivá. Er sprach von der Heiligung der Arbeit als Dreh- und Angelpunkt des geistlichen Lebens. Escrivá denkt ganz eigentlich an die Heiligung der Arbeit durch den Christen – an Heiligkeit und Apostolat in der Arbeit und durch die Arbeit. Was unvermeidlich zur Folge hat, dass jeder Mensch nach seinen Möglichkeiten die Arbeits- und Gesellschaftsstrukturen in einer mit der Würde des Menschen vereinbaren Weise mitgestaltet.

Escriva als ein Vorläufer dieser Lehre des 2. Vatikanischen Konzils

Der heilige Josefmaria gilt mit Bezug auf die allgemeine Berufung zur Heiligkeit, „das charak- teristischste Element des gesamten konziliaren Lehramtes und sozusagen dessen letztes Ziel“, als Vorläufer des Zweiten Vatikanischen Konzils. Escrivás Lehren erweisen sich auch als Licht – als theologischer Bezugspunkt – für die Entfaltung dieser Konzilslehre, die die Verbindung von Arbeit und Taufgaben noch erst im Keim enthält.

Die „Heiligung der Arbeit“ im Katechismus der Kirche

Ein paar Jahre nach der Veröffentlichung der Enzyklika fand die Lehre von der Heiligung der Arbeit 1992 Eingang in den Katechismus der Katholischen Kirche mit der Formulierung: „Die Arbeit kann ein Mittel der Heiligung sein und die irdische Wirklichkeit mit dem Geiste Christi durchdringen“ (Nr. 2427). Diese Lehre gehört demnach bereits zum Erbe der christlichen Katechese. Papst Franziskus bezeugt dies, wenn er schreibt, dass der menschgewordene Sohn Gottes in Nazareth „die Arbeit heiligte und ihr einen besonderen Wert für unsere Reifung verlieh“ (Enzyklika „Laudato si“, Nr. 98).

Kernaussagen des Heiligen im Video

Das Kernstück des neuen Büchleins bildet dann der Beitrag von Maria Aparecida Ferrari. Sie erläutert das neue erschienene Video mit Video- und Audio-Dokumenten des heiligen Josefmaria. Ausgewählt wurden Kernaussagen zur Heiligung der Arbeit. Das Video kann jedermann auf Youtube anschauen. Es ist in englischer Sprache und hat deutsche Untertitel, den heiligen Josefmaria hört man im Orignalton auf Spanisch.

Aussprache über das Video

In der sich anschließenden Besprechung kommt Fernando Ocariz, der Prälat des Opus Dei zu Wort. Er erklärt zum Beispiel: „Mir scheint, dass in diesem Video fast alle Grundelemente der Botschaft des hl. Josefmaria, die die Heiligung der Arbeit betreffen, enthalten sind. Zunächst die Arbeit als etwas, das Gott aufgeopfert werden kann; was notwendigerweise das Bemühen voraussetzt, sie gut zu machen. Dann, dass jede Arbeit wertvoll ist, denn der Wert einer jeden Arbeit hängt von der Liebe ab, mit der sie getan wird. Und schließlich Dienst an anderen durch die Arbeit.“

Hilfreich sind am Ende des Büchleins auch die acht Seiten Bibliografie mit Publikationen zur Heiligung der Arbeit. Enthalten sind dort auch die Werke des hl. Josefmaria, Texte des päpstlichen Lehramts, Studien zur Arbeit der Lehre des hl. Josefmaria, sowie weiterführende Monografien. Die Endnoten verweisen auf weitere Fundstellen. RK

Maria Aparecida Ferrari (Hrsg.): Arbeit – ein Weg zur Heiligkeit für alle

Fe-Verlag, (Übersetzung aus dem Italienischen von Thomas Merz) 1. Aufl. Kissleg 2023, 102 Seiten, 5 Euro, ISBN:978-3-86357-372-0