Homilie zur Priesterweihe am 9. Mai 2015

Wir bringen die vollständige Homilie der Priesterweihe vom 9. Mai 2015 in der Basilica di Sant' Eugenio, Rom.

Bischof Javier Echevarría, Prälat des Opus Dei

Liebe Neupriester, liebe Brüder und Schwestern!

1. Im Tagesgebet haben wir Gott darum gebeten, diese Tage der Freude zur Ehre Christi des Auferstandenen mit erneuertem Eifer1zu leben. Die Priesterweihe dieser Diakone unterstreicht ausdrucksvoll den österlichen Jubel, welcher die Kirche erfüllt. Ich bin sicher, dass diese Freude – wie Papst Franziskus vor einiger Zeitsagte – „das Innerste unseres Herzens durchdrang, es formte und es sakramental stärkte"2. Diese Wirklichkeit gilt für jeden Christen, da wir alle in der Taufe und der Firmung durch den Heiligen Geist gesalbt wurden, welcher uns mit Christus gleichgestaltete und uns an seinem einzigen Priestertum Anteil haben ließ. Heute werden diese unsere Brüder, auf verschiedene Weise, eine neue Salbung des Parakleten, welche sie mit Christus als Haupt der Kirche gleichgestalten wird und ihnen die Vollmachten zur Ausübung ihres priesterlichen Dienstes – im Namen und mit der Autorität desselben Christus – übertragen wird.

Für euch, meine Söhne, ist es ein Tag der besonderen Freude. Und mit euch freut sich auch die Kirche. „Die Freude des Priesters ist in der Tat ein kostbares Gut, nicht nur für ihn selbst, sondern für das ganze Volk Gottes"3.

2. Die Berufung zum Priestertum ist ein unverdienter Ruf, welchen Gott an einige Männer richtet, damit sie der Kirche dienen, ohne vorhergehende Verdienste noch andere Überlegungen zu berücksichtigen. Wie uns die Erste Lesung der Messe lehrt, ist dies ist die Art und Weise,wie Gott handelt. Angesichts der Herzensenge Einiger, welche sich der Taufe der ersten Heiden entgegenstellten, erklärt der heilige Petrus, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern daß ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist4.

Wir erkennen die Größe der Liebe des Herrn – wir können nicht wissen, wie unendlich sie ist – auch daran, indem wir auch auf die Herkunft der Neupriester schauen, welche aus vier Kontinenten und fünfzehn Ländern stammen. Danken wir Gott für seine Güte und beten wir für sie und für die Priester der ganzen Welt. Erkennen wir, dass die Dreifaltigkeit mit jedem von uns spricht, auch durch ganz verschiedene Umstände. Zugleich schlage ich euch vor, dass ihr für die Familien der ganzen Welt betet, da Gott im Schoß christlicher Familien die verschiedenen Arten der Berufung zur Heiligkeit – wie in einer Gärtnerei – zu kultivieren pflegt.

Wie ich bereits sagte, ist das Priestertum ein unverdienter Ruf, welcher eine unersetzliche Bedeutung in der Kirche hat. Der heilige Josefmaria schreibt: viele große Dinge hängen vom Priester ab: wir besitzen Gott, wir pflegen Umgang mit Gott, wir geben Gott (…). Denkt an das, an die Vergöttlichung bis hin zu unserem Körper; an diese Zunge welche Gott bringt; an diese Hände welche Ihn berühren, an diese Vollmacht Wunder zu wirken im Austeilen der Gnade. Alle Großartigkeiten dieser Welt sind, im Vergleich mit dem was Gott dem Priester anvertraut, nichts wert5.

3. Und ihr, liebe Weihekandidaten, denkt daran, dass ihr von nun an Diener und Ausspender der Mysterien Gottes seid. Ihr werdet allen das Wort Gottes auslegen, die Gnade der Sakramente ausspenden, besonders in der Eucharistie und der Beichte, ihr werdet das christliche Volk – auch mit eurem Gebet und eurem guten Beispiel – auf die Weiden des ewigen Lebens führen und ihr werdet den Seelen eine Stütze sein, damit sie die wunderbaren Seiten des christlichen Lebens immer besser kennenlernen.

Vor kurzem drückte Papst Franziskus dies bei einer Priesterweihe wie folgt aus: „Übt –im Bewußtsein, dass ihr aus den Menschen auserwählt und für das was sich auf Gott bezieht eingesetzt worden seid – mit Freude und aufrichtiger Liebe die priesterliche Tätigkeit Christi aus, indem ihr nur Gott zu gefallen sucht und nicht euch selbst"6.

Darum – so füge ich mit Worten unseres Gründers hinzu – soll der Priester ausschließlich ein Mann Gottes sein und den Gedanken von sich weisen, in Bereichen glänzen zu wollen, in denen die anderen Christen ihn nicht nötig haben. Der Priester ist kein Psychologe, kein Soziologe und kein Anthropologe. Er ist ein anderer Christus, Christus selbst, und hat sich um die Seelen seiner Brüder zu kümmern7.

4. Ich möchte euch kurz an einige Aspekte eures künftigen Dienstes erinnern. Zuerst an die Predigt des Wortes Gottes. Ex abundantia cordis, os loquitur, sagt der Herr im Evangelium8. Um von Gott zu sprechen, schöpft aus der Fülle eures eng mit Gott vereinten Herzens; dazu müsst ihr unsere tägliche Betrachtung pflegen, in welchen ihr mit der Hilfe des Heiligen Geistes tiefer in den Inhalt der Heiligen Schrift eindringt.

In Bezug auf die Vergebung der Sünden in der Beichte, strebt immer danach die Lossprechung zu erteilen; und wenn ein Gläubiger nicht gut vorbereitet sein sollte, helft ihm mit Geduld, mit Liebe, mit Opfergeist. Der Herr hatte Erbarmen mit den Sündern und er rief sie zur Umkehr. Der heilige Josefmaria, welcher versuchte mit einem Herzen nach dem Maß des barmherzigen Herzens Jesu zu handeln, zögerte nicht zu schreiben: beim Dienst an den Seelen im heiligen Sakrament der Buße, erinnert euch an jene Stelle des Evangeliums, als der Herr, auf die Frage wie oft man vergeben muss, antwortet: Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal(Mt 18,22). Immer: immer vergeben, auch im Sakrament der Buße. Ich habe keine Schwierigkeit gehabt viele Male am selben Tag denselben Personen dieselben vielen Fehler zu vergeben. Dennnon est opus valentibus medicus, sed male habentibus(Mt 9,12); nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Und zugleich müsst ihr das nötige tun, damit die Seelen die göttliche Gnade nicht missbrauchen9.

Die Eucharistie! Es gibt keine Worte, welche angemessen das Wunder des eucharistischen Sakramentes ausdrücken. Bemüht euch jeden Tag die Heilige Messe so gut wie möglich zu feiern. Im Opfer des Altares finden wir alle – Priester und Laien – die Gnade, die wir für unsere persönliche Heiligung und für die Heiligung der Gläubigen benötigen. Zelebriert nicht hastig!, sage ich euch mit dem heiligen Josefmaria.

Ich beglückwünsche erneut eure Eltern, eure Verwandten und Freunde, alle die an dieser Zeremonie teilnehmen und alle, die nicht hier zugegen sein konnten. Ich bitte euch alle, dass ihr für die Neupriester betet; sie rechnen wirklich mit euren Gebeten, um würdige Diener Desjenigen zu sein, welcher sie zuerst geliebt und sie Freunde genannt hat10.

Denkt auch an mich in euren Gebeten. Und erheben wir unsere Fürbitten täglich für den Papst, für die Bischöfe, für die Priester, für die ganze Menschheit.

Vertrauen wir diese Anliegen der Fürsprache Mariens, der Mutter der Kirche, an, jetzt im Monat Mai, der besonders der Jungfrau Maria gewidmet ist.

Gelobt sei Jesus Christus!


1 6. Ostersonntag, Tagesgebet.

2 Papst Franziskus, Predigt der Chrisammesse des Gründonnerstags, 17.4.2014.

3 Ebd.

4 6. Ostersonntag, Erste Lesung (B) (Apg 10,34-35).

5 Heiliger Josefmaria, Brief vom 8.8.1956, Nr. 17.

6 Papst Franziskus, Predigt bei einer Priesterweihe, 26.4.2015.

7 Heiliger Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 79.

8 Mt 12,34: „Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund".

9 Heiliger Josefmaria, Brief vom 8.8.1956, Nr. 30.

10 Vgl. 6. Ostersonntag, Evangelium (B) (Joh 15,14): „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage".