Betrachtungstext: 21. Dezember – Advent

Maria brach eilends ins Bergland auf – Dankbarkeit für die Güte Gottes – Die Freude des Glaubenden

IN DIESEN TAGEN machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa (Lk 1,39). Ihr inneres Gespür sagte ihr, dass ihre Verwandte sie brauchte, und ohne zu zögern machte sie sich auf den Weg zu ihr. Welch ein Glück für Elisabeth, eine solch hilfsbereite, einfühlsame und aufmerksame Verwandte zu haben! Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? (Lk 1,43). Vielleicht können auch wir ein solches Gebet an den Herrn richten: Warum habe ich das Glück, dich zu kennen, Herr? Warum darf ich jetzt mit dir reden und dich in meiner Seele wohnen haben? Wir bitten die heilige Elisabeth, die den ersten Besuch des Mensch gewordenen Messias empfing, uns zu helfen, Gott für seine Wohltaten für jeden von uns zu danken. Dies ermutigt uns zugleich, wie Maria eilends aufzubrechen, um dieses Geschenk mit vielen Seelen zu teilen.

Die Ankunft ihrer Verwandten bewegte Elisabeth zutiefst. Etwas rührte sich in der Tiefe ihrer Seele: Sie wurde vom Heiligen Geist erfüllt. Bereits bei den ersten Takten des Neuen Bundes durchflutet Gott die Seelen mit seiner Gnade, die sich von ihr umfangen lassen. So erfahren wir, dass Maria die Gesegnete war und Elisabeth vom Heiligen Geist erfüllt wurde (Lk 1,41). Die Fähigkeit des menschlichen Herzens, Gott eine Wohnstatt zu bieten, ist beeindruckend. Der heilige Josefmaria war überwältigt von der Größe und Unendlichkeit eines Schöpfers, der uns so nahe sein will: „Wie groß bist du, und wie schön, und wie gut! Und ich, wie dumm von mir, dass ich dich zu begreifen suchte. Wie gering wärest du, wenn du in meinen Kopf Platz finden würdest! Doch du findest Platz in meinem Herzen, und das ist nicht wenig.“1


DIE GRÖSSE der ihnen übertragenen Sendung ist für die beiden Frauen kein Anlass, sich erschrocken zurückzuziehen. Sie lassen sich weder von der Angst vor dem Scheitern noch von der Angst vor der Überforderung leiten. Stattdessen vertrauen sie vollkommen auf Gott, sind dankbar und sehen sich von Gaben umgeben. Ohne allzu sehr an die Schwierigkeiten zu denken, die sie bereits durchlebt haben oder die noch bevorstehen könnten, überbieten sie sich in Danksagung.

Maria und Elisabeth zeigen sich gelassen, froh und dankbar. Ihr Vertrauen in die Liebe Gottes spornt sie weit über das menschlich Vernünftige hinaus an. Die beiden Mütter sind begeistert, denn ihre Söhne werden, jeder auf seine Weise, ein Vorher und Nachher in der Geschichte der Menschheit markieren. Die genauen Umstände und Mechanismen, wie dies geschehen wird, bereiten ihnen wenig Sorge, da sie überzeugt sind, dass Gott alles in bester Weise lenken wird. Der heilige Josefmaria notierte: „,Selig bist du, weil du geglaubt hast‘, so preist Elisabeth unsere heilige Mutter. – Die Vereinigung mit Gott, das Leben der Gnade in uns, geht stets mit einer anziehenden Ausübung der natürlichen Tugenden einher: Maria bringt Freude in das Haus ihrer Base, da sie Christus ,bringt‘.“2

Die Stummheit des Zacharias, ihres Gatten, wird auf für Elisabeth eine Quelle der Gnade. Wahrscheinlich führte es sie dazu, mehr zu beten und Gott direkt nach dem Sinn seiner Pläne zu fragen. In aller Stille bereiteten sich Elisabeth und Zacharias gemeinsam auf die Geburt des Johannes vor, ohne dass oberflächliches Gerede das große Geheimnis der Erlösung, das sich vor ihren Augen auftat, verdeckte. Die Erwählung, Verwandte des Messias zu sein, genügte ihnen, ihre Stunden mit einem beständigen Dialog mit Gott zu füllen.


DU BIST GEBENEDEIT unter den Frauen(Lk 1,42) – dieser Satz ist wahrscheinlich einer der am häufigsten wiederholten in der Geschichte. Er erklingt in jedem „Gegrüßt seist du, Maria“, das alle Christen aller Zeiten gebetet haben. Und die Jahre haben gezeigt, dass Elisabeth sich nicht getäuscht hatte. Wer auf Gott vertraut, erfährt Segen. Die einzigen Versprechen, die Bestand haben, sind die des Herrn. Ähnlich wie bei der Berufung Marias können wir auch in der Geschichte von Elisabeth erkennen, dass die Freude eine wichtige Voraussetzung hat: Johannes hüpft vor Freude im Schoß seiner Mutter, weil Jesus gegenwärtig ist.

Es ist wahrscheinlich, dass die heilige Elisabeth viele Jahre lang für dieses Ereignis gebetet hat. Vielleicht hatte sie schon akzeptiert, kinderlos zu bleiben. Doch dann griff Gott in ihr Leben ein und machte sie zur Mutter des Größten, der von einer Frau geboren wurde (vgl. Mt 11,9). So ist Gott – und genauso handelt er auch in unserem Leben. Dort, wo es an etwas zu fehlen scheint, segnet er uns. Wo wir machtlos sind, schenkt er uns überreich seine Gnade. Wenn wir uns seiner Vorsehung überlassen, erkennen wir, dass seine Pläne die besten, hinreißendsten und hochfliegendsten sind. Papst Franziskus predigte an einem Heiligen Abend: „Nehmen wir die Gabe an, die Jesus ist, um dann wie Jesus Gabe zu werden. Zur Gabe zu werden bedeutet, dem Leben Sinn zu verleihen. Und es ist die beste Weise, um die Welt zu verändern: Wir verändern uns, die Kirche verändert sich, die Geschichte verändert sich, wenn wir anfangen, nicht die anderen verändern zu wollen, sondern uns selbst, indem wir aus unserem Leben eine Gabe machen.3

Sechs Monate zuvor hätte niemand sich vorstellen können, dass Maria die Mutter des Messias und Elisabeth die Mutter des Vorläufers werden würde. Wie oft wird unser Glaube durch widrige Umstände oder unseren Wunsch, alle Variablen und zukünftigen Möglichkeiten berücksichtigen zu wollen, auf die Probe gestellt. Wir bitten Elisabeth und Maria um ihre Hilfe, damit wir mit derselben Freude wie sie Dank zu sagen können. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt (Lk 1,43).


1 Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen von einer Predigt, 9.6.1974.

2 Ders., Die Spur des Sämanns, Nr. 566.

3 Franziskus, Homilie, 24.12.2016.

Foto: Mak Flex (unsplash)