Betrachtungstext: 4. Woche der Fastenzeit – Sonntag (B)

Ein durch nichts zu ermüdender Heilsplan – Ein Kreuz, das zur Freude führt – Liebe und Kreuz

Kind im Auto voll Freude auf dem Weg der untergehenden Sonne entgegen

AM VIERTEN Sonntag der Fastenzeit feiern wir traditionell den Laetare-Sonntag, der seinen Namen den einführenden Worten der Messe verdankt: „Laetare, Ierusalem … Freu dich, Stadt Jerusalem, seid fröhlich zusammen mit ihr, alle, die ihr traurig wart.“ Ostern, der Augenblick unserer Erlösung, rückt näher, und der Gedanke daran bringt Vorfreude in diese Bußzeit, die, wie der heilige Josefmaria sagte, „gleichermaßen eine Zeit der Stärkung wie der Freude ist. Wir sollen wieder Mut fassen, weil uns die Gnade des Herrn nicht fehlen wird: Gott wird uns zur Seite stehen.“1

Der Hauptgrund für diese Vorfreude liegt in der Betrachtung der Liebe Gottes zu uns, seiner Barmherzigkeit und Geduld mit uns. Dies wird in der ersten Lesung deutlich, die daran erinnert, wie die wiederholte Untreue des Volkes Israel in einer gewaltsamen Invasion durch Nebukadnezar II. endete. Der heidnische König zerstörte die Stadt, legte den Tempel in Schutt und Asche und verschleppte die Überlebenden als Sklaven nach Babylon. Doch trotz der fortgesetzten Missachtung der prophetischen Mahnungen zur Umkehr ließ Gott sein Volk in dieser dunklen Zeit nicht allein. Nach einer Phase der Reue und Buße, in der es sich sehnsüchtig an das gelobte Land erinnerte, bestimmte der Herr den heidnischen König Kyrus, die Freilassung der Israeliten anzuordnen.

Auch wenn wir auf Gottes Willen manchmal treulos reagieren, weist er uns nicht zurück, sondern liebt uns weiterhin wie ein guter und geduldiger Vater. Sein Verlangen, uns von der Sünde zu befreien, wird noch deutlicher durch die Menschwerdung, den Tod und die Auferstehung seines Sohnes, wie der heilige Paulus in der zweiten Lesung zum Ausdruck bringt: Gott aber, der reich ist an Erbarmen, hat uns, die wir infolge unserer Sünden tot waren, in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, zusammen mit Christus lebendig gemacht (Eph 2,4-5). Die Süße der Vergebung und der göttlichen Gnade zu verkosten, wird uns helfen, die Erschlaffung oder Entmutigung zu überwinden, die uns in dieser Fastenzeit oder zu anderen Zeiten in unserem Leben beschleichen kann. Jetzt, da Ostern vor der Tür steht, wollen wir unseren Wunsch erneuern, uns dem Herrn zuzuwenden und das Heil, das er uns anbietet, zu empfangen.


UND WIE Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden (Joh 3,14). Im Evangelium des heutigen Sonntags spricht der Herr diese Worte zu Nikodemus, mit dem er über das neue Leben spricht, das er auf die Erde bringen will. Und er richtet sie an jeden von uns. Christus lädt uns ein, unser Gebet auf das Kreuz zu richten, „in dem die erlösende Liebe Gottes ihren vollen Ausdruck gefunden hat“2, wie Benedikt XVI. es ausdrückte. Von dort aus können wir lernen, den Schmerzen, die unweigerlich im Leben auftreten, nämlich, wie der heilige Josefmaria sagte, „unsere Leiden, unsere Trübsal und Angst, unseren Hunger und Durst nach Gerechtigkeit“3, mit Frieden und Freude zu begegnen.

Gestützt auf seine persönliche Erfahrung erklärte der heilige Josefmaria, weshalb das Kreuz einen positiven Sinn haben kann: „Dem Kreuz begegnen heißt Christus begegnen. Und wo er ist, ist immer Freude, selbst angesichts von Ungerechtigkeit, von Missverständnissen, von physischen Schmerzen. Deshalb empfinde ich Unmut – auch wenn ich verstehe, dass dies eine gängige Ausdrucksweise ist –, wenn ich höre, dass die Widrigkeiten als Kreuze bezeichnet werden, denn oft kommen sie aus dem eigenen Stolz und sind nicht das Kreuz, das wahre Kreuz, denn sie sind nicht das Kreuz Christi. Ich habe mich nie unglücklich gefühlt, und der Herr hat mir reichlich Schmerzen geschickt (...). Du hast mich verstehen lassen, Herr, dass das Kreuz zu haben, bedeutet, Glück und Freude zu finden. Und der Grund – ich sehe es klarer als je zuvor – ist folgender: Das Kreuz tragen, bedeutet, mit Christus eins zu werden, es bedeutet, Christus zu sein und somit ein Kind Gottes zu sein.“4

An Schwierigkeiten und Sorgen wird es in unserem persönlichen Leben und in unserer Welt nicht mangeln: Lieblosigkeiten, Ungerechtigkeit, Krankheiten, Tod ... Diese Momente sind auch Gelegenheiten, unseren Glauben und unsere Hoffnung auf den Herrn zu erneuern, auf die rettende Kraft seines Erlösungsopfers, mit dem wir uns in unserem Alltag vereinen können: „Am Kreuz spürt Jesus das ganze Gewicht des Bösen, und mit der Kraft der Liebe Gottes überwindet er es, besiegt es in seiner Auferstehung. Das ist das Gute, das Jesus uns allen erweist – auf dem Thron des Kreuzes. Das mit Liebe angenommene Kreuz Christi führt niemals in die Traurigkeit, sondern zur Freude, zur Freude, gerettet zu sein, und ein klein wenig das zu tun, was er an jenem Tag seines Todes getan hat.“5


GOTT HAT die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat (Joh 3,16). Wir betrachten einmal mehr die Hingabe des Sohnes durch den Vater, die im Tod Jesu am Kreuz endete, wie Papst Benedikt XVI. es empfiehlt: „Jeder Christ ist berufen, die Herrlichkeit des Gekreuzigten zu verstehen, zu leben und durch sein Dasein zu bezeugen. Das Kreuz – die Selbsthingabe des Sohnes Gottes – ist letztendlich das ,Zeichen‘ schlechthin, das uns geschenkt wurde, um die Wahrheit des Menschen und die Wahrheit Gottes zu verstehen: Wir alle sind geschaffen und erlöst worden von einem Gott, der aus Liebe seinen einzigen Sohn geopfert hat (…) – Liebe in ihrer radikalsten Form.“6

Gottes Liebe zu uns fordert uns zu einer Antwort heraus. Eine Möglichkeit, dies zu tun, besteht darin, das Leiden, das der Herr in unserem Leben zulässt, mit kindlichem Vertrauen anzunehmen. „Christsein ist nicht watteweich und zuckersüß“, versicherte der heilige Josefmaria. „Auf Erden muss es Schmerz und Kreuz geben.“7 Und er erklärte dies ausführlicher in einer seiner Predigten: „Gelegentlich spricht man von der Liebe, als ob sie nur ein Drang zur eigenen Befriedigung oder ein bloßes Mittel zur egoistischen Vervollständigung des eigenen Ichs wäre. So ist es aber nicht. Wahre Liebe ist ein Herausgehen aus sich selbst, ist Hingabe seiner selbst. Liebe bringt Freude, allerdings eine Freude, deren Wurzeln die Form des Kreuzes haben. Solange wir hier auf Erden leben und noch nicht zur Vollendung des zukünftigen Lebens gelangt sind, kann es wahre Liebe ohne die Erfahrung von Schmerz und Opfer nicht geben: Schmerz, den man auskostet, der liebenswert und freudespendend ist, aber dennoch wirklicher Schmerz, denn er schließt ein, dass wir den Egoismus überwinden und die Liebe zum Richtmaß jedweder Handlung machen.“8

So wie Christus aus Liebe am Kreuz gestorben ist, gibt es auf unserem irdischen Weg keine wahre Liebe – zu Gott, zu uns selbst und zu den anderen –, wenn das Kreuz in unserem Leben nicht präsent ist: die Fähigkeit, mit Freude und innerer Freiheit zu leiden, um uns den anderen zu schenken oder aufzugeben, was uns an die Sünde bindet. Und selbst wenn – vielleicht manchmal harte und unerwartete – objektive Widrigkeiten auftreten, werden wir mit seiner Gnade in der Lage sein, das Kreuz zu umarmen. Der heilige Josefmaria schrieb: „Immer offen und beherzt angesichts von Widrigkeiten, wenn sie kommen, oder angesichts dessen, was die Menschen Misserfolge nennen. Der Erfolg oder Misserfolg findet im inneren Leben statt. Der Erfolg besteht darin, das Kreuz Jesu Christi mit Fassung zu empfangen, die Arme weit auszubreiten, denn für Jesus wie für uns ist das Kreuz ein Thron, es ist die Erhöhung der Liebe; es ist der Gipfel der erlösenden Wirksamkeit, um die Seelen zu Gott zu bringen.“9 Bitten wir Maria, die es verstand, am Fuße des Kreuzes zu stehen, uns zu helfen, die Schwierigkeiten mit dem Wunsch anzunehmen, ihren Sohn zu trösten.


1 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 63.

2 Benedikt XVI., Predigt, 26.3.2006.

3 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 168.

4 Hl. Josefmaria, Mitschrift aus einer Betrachtung, 28.4.1963.

5 Franziskus, Predigt, 24.3.2013.

6 Benedikt XVI., Predigt, 26.3.2006.

7 Hl. Josefmaria, Mitschrift aus einer Betrachtung, 25.2.1963.

8 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 43.

9 Hl. Josefmaria, Brief, 31.5.1954, Nr. 30.