Betrachtungstext: 3. Osterwoche – Donnerstag

Gott Vater zieht uns zu Jesus hin – Um das Brot des Lebens bitten – Die Eucharistie erfüllt uns mit Hoffnung

ALS JESUS in der Synagoge von Kafarnaum verkündete, er sei das Brot des Lebens, verschlossen sich viele seiner Zuhörer – insbesondere einige Pharisäer und Schriftgelehrte – und glaubten sich damit auf der sicheren Seite: Ist das nicht Jesus, der Sohn Josefs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie kann er jetzt sagen: Ich bin vom Himmel herabgekommen? (Joh 6,42). Der Herr reagierte sofort und forderte sie auf, sich für eine neue Sichtweise zu öffnen, wenn sie ihn wirklich kennen wollten: Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag. Amen, amen, ich sagte euch, wer glaubt, hat das ewige Leben (Joh 6,44.51).

Diese Evangeliumsstelle führt uns ein „in die Dynamik des Glaubens, der Beziehung ist: die Beziehung zwischen einer menschlichen Person und der Person Jesu, wobei der Vater eine entscheidende Rolle spielt und natürlich auch der Heilige Geist, der hier mitverstanden ist“, wie Papst Franziskus bei einem Angelusgebet sagte. Und er fuhr fort: „Es genügt nicht, Jesus begegnet zu sein, um an ihn zu glauben. Es genügt nicht, die Bibel, das Evangelium zu lesen. so wichtig das auch ist! Ebenso wenig genügt es, bei einem Wunder wie der Brotvermehrung dabei zu sein. Viele Menschen standen in engem Kontakt mit Jesus und glaubten dennoch nicht an ihn, im Gegenteil: Sie verachteten ihn und verurteilten ihn sogar. Und ich frage mich: Warum war das so? Sind sie nicht vom Vater angezogen worden? Nein – ihr Herz war verschlossen für das Wirken des Geistes Gottes. Und wenn das Herz verschlossen ist, kann der Glaube nicht eintreten. Gott, der Vater, zieht uns immer zu Jesus hin – aber wir müssen unser Herz öffnen.1

Auch heute zieht uns der Vater zu seinem Sohn, damit wir uns von ihm anleiten lassen, um seine Jünger zu werden. Das aber erfordert Offenheit, wie Franziskus betont: „Der Glaube, der wie ein Samenkorn in der Tiefe des Herzens liegt, keimt auf, wenn wir uns vom Vater zu Jesus hinziehen lassen und zu ihm gehen – mit offenem Herzen, ohne Vorurteile. Dann erkennen wir in seinem Antlitz das Antlitz Gottes und in seinen Worten das Wort Gottes.“2


DERSELBE GOTT, der die Sehnsucht nach Ewigkeit in unsere Herzen gelegt hat, ist in der Eucharistie bei uns geblieben. Christus, in der Eucharistie mit seiner Gottheit und Menschheit gegenwärtig, kann unsere Sehnsucht nach ewiger Liebe stillen. Papst Benedikt appellierte an die Gläubigen auf dem Petersplatz: „In den von Sorgen und Problemen erfüllten Tagen, aber auch in jenen des Ausruhens und der Erholung, lädt uns der Herr ein, nicht zu vergessen, dass es – obgleich es notwendig ist, sich um das materielle Brot zu kümmern und die Kräfte zu erneuern – noch wichtiger ist, die Beziehung mit ihm wachsen zu lassen, unseren Glauben an ihn zu stärken, der das ,Brot des Lebens‘ ist, der unser Verlangen nach Wahrheit und Liebe erfüllt.“3

Die Eucharistie ist nicht bloß eine Erinnerung an vergangene Ereignisse, sondern ein wahres Opfergeschehen, in dem der göttliche Hohepriester unblutig opfert, was er am Kreuz leidvoll dargebracht hat: sich selbst als wohlgefälliges Opfer an den ewigen Vater. Die eucharistischen Gebete und viele Hymnen bringen dies vielfältig zum Ausdruck: „O memoriale mortis Domini! Panis vivus, vitam praestans homini – Denkmal, das uns mahnet an des Herren Tod! Du gibst uns das Leben, o lebendig Brot.“4 Die Eucharistie hat einen Bezug zur Vergangenheit, zur Gegenwart, aber auch zur Zukunft. So lesen wir im Katechismus der Katholischen Kirche: „Jedesmal, wenn die Kirche die Eucharistie feiert, erinnert sie sich an diese Verheißung und richtet ihren Blick auf den, der kommt (Offb 1,4).“5 Unser irdischer Weg wird somit gleichsam zu einer Pilgerreise von Eucharistie zu Eucharistie – bis zur endgültigen Teilnahme am himmlischen Gastmahl.

In Anbetracht der heilbringenden Wirkung der Eucharistie im Leben der Gläubigen spricht Papst Pius XII. in seinem Rundschreiben über die Liturgie einen brennenden Wunsch aus: „Gebe Gott, dass die Gläubigen, wenn sie es können, sogar täglich am göttlichen Opfer nicht nur in geistiger Weise teilnehmen, sondern auch durch die Anteilnahme am hochheiligen Sakramente, indem sie den Leib Jesu Christi empfangen, der für alle dem ewigen Vater dargebracht wurde! Erweckt, ehrwürdige Brüder, in den Seelen derer, die eurer Hirtensorge anvertraut sind, einen sehnlichen, gleichsam unersättlichen Hunger nach Jesus Christus! (…) Ruft alle Menschen jeden Standes und drängt sie, herbeizukommen (vgl. Lk 14,23), denn dies ist das Brot des Lebens, dessen alle bedürfen.“6


JESUS BESCHLIESST seine Predigt in der Synagoge, indem er die zentrale Botschaft seiner Rede nochmals wiederholt: Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Und er fügt hinzu: Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt (Joh 6,51). Damit spricht der Herr das Unerhörte aus: Unter der Gestalt des Brotes verbirgt sich sein Opfer – das Opfer, durch das er der Welt das Leben schenkt. In der Eucharistie ist er also „so gegenwärtig – mit Fleisch und Blut, mit Seele und Gottheit –, wie er Thomas gegenwärtig war, als dieser seine Finger in die Seitenwunde des verklärten Leibes legen durfte …“7 Gleichzeitig verheißt er uns das Unvorstellbare: die Teilhabe an seinem göttlichen Leben durch den Empfang der göttlichen Speise, die uns immer zur Verfügung stehen wird – und beflügelt in uns die Hoffnung, jene „göttliche Tugend, durch die wir das ewige Leben als unser Glück von Gott ersehnen und erwarten.8 Die Tradition nennt die Eucharistie nicht umsonst das „Unterpfand der kommenden Herrlichkeit“.

Diese Verheißung, die im Himmel ihre Vollendung findet, erhellt auch schon unsere Schritte auf Erden. Denn sie lässt uns gewiss sein, so schrieb der Prälat des Opus Dei, „dass unsere täglichen Beschäftigungen einen Sinn enthalten, der weit über das hinausgeht, was uns vor Augen liegt; sie werden, wie der heilige Josefmaria versicherte, zu Schwingungen der Ewigkeit, wenn wir sie aus Liebe zu Gott und unseren Mitmenschen verrichten.“9

Wie die Kirche lehrt, macht die Teilnahme am heiligen Opfer „unser Herz seinem Herzen gleich, unterstützt unsere Kräfte auf dem Pilgerweg dieses Lebens, lässt uns das ewige Leben ersehnen und vereint uns schon jetzt mit der Kirche des Himmels, mit der heiligen Jungfrau und mit allen Heiligen“10. Maria, unsere Hoffnung, möge unseren Sinn wecken für die Hoffnung und Freude, die unter den Gestalten von Brot und Wein verborgen sind.


1 Franziskus, Angelus-Gebet, 9.8.2015.

2 Ebd.

3 Benedikt XVI., Angelus-Gebet, 5.8.2012.

4 Hymnus Adoro Te devote.

5 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1403.

6Pius XII, Mediator Dei, 306.

7 Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, 684.

8 Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 387.

9 Prälat Fernando Ocáriz, Botschaft, 4.11.2018.

10 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 294.