MICHAEL wird im Alten Testament als der Erzengel dargestellt, der das auserwählte Volk im Namen Gottes vor Gefahren beschützt. In der Offenbarung des Johannes wird der Kampf geschildert, den er gegen die Mächte des Bösen führte: Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen. Der Drache und seine Engel kämpften, aber sie hielten nicht stand und sie verloren ihren Platz im Himmel (Offb 12,7-8). Der Sieg Christi bedeutet zugleich die Niederlage des Teufels, und es ist die Aufgabe Michaels, diese Niederlage herbeizuführen. Der heilige Gregor der Große erklärt: „Michael bedeutet: Wer ist wie Gott? (...). Deshalb wird Michael gesandt, wenn etwas von staunenswerter Kraft geschieht. Sein Eingreifen und sein Name sollen zeigen, dass keiner vermag, was Gott vermag.“1 Dem heiligen Michael eine Aufgabe anzuvertrauen, ist gleichbedeutend wie zu sagen, dass nur der Herr sie zuwege bringt. Papst Franziskus erklärt: „Der heilige Michael siegt, da durch ihn Gott selbst handelt.“2
Alle Christen sind Glieder des Leibes Christi, der die Kirche ist. Der heilige Josefmaria erklärte einmal: „Keiner von euch ist allein, keiner ist ein Vers für sich. Wir sind Verse desselben göttlichen Gedichts.“3 Wir rufen den Erzengel Michael, den Fürsten der himmlischen Heere, heute an, über alle Männer und Frauen zu wachen, uns im Kampf zu verteidigen und uns vor den Nachstellungen des Teufels zu schützen.4 Und wir tun dies im Vertrauen auf den endgültigen Sieg, denn gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, der sie bei Tag und bei Nacht vor unserem Gott verklagte (Offb 12,10). Indem wir unsere Beziehung zum heiligen Michael vertiefen, wird unser Glaube an die Allmacht Gottes gestärkt und wir werden demütiger werden, bis wir uns mehr und mehr mit ihm vereinen und bekennen: Mit all meinen Gliedern will ich sagen: Herr, wer ist wie du? (Ps 35,10).
DER KATECHISMUS der Kirche erklärt, dass „die Engel ihrem ganzen Sein nach Diener und Boten Gottes sind“5. Ihr Wesen erschöpft sich im Dienst: Sie existieren, um an den Vorhaben des Herrn freudig mitzuarbeiten und seine Pläne den Menschen zu überbringen. Unter all diesen himmlischen Boten nimmt Gabriel eine besondere Stellung ein. Sein Name bedeutet „Kraft Gottes“, und er wurde immer wieder ausgesandt. So sagt er zu Zacharias: Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und ich bin gesandt worden, um mit dir zu reden und dir diese frohe Botschaft zu bringen (Lk 1,19). Der Prophet Daniel berichtet ebenfalls von einer Begegnung mit Gabriel: Da kam im Flug der Mann Gabriel, den ich früher in der Vision gesehen hatte; er kam um die Zeit des Abendopfers zu mir, redete mit mir und sagte: Daniel, ich bin ausgezogen, um dir klare Einsicht zu geben (Dan 9,21-22).
Dem Lukasevangelium entnehmen wir, wie Gabriel die Jungfrau Maria beruhigt, als sie wegen seines Grußes erschrickt: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden (Lk 1,30). Gabriel überbringt nicht nur die göttliche Botschaft, sondern auch die Zuversicht, dass wir allen Herausforderungen mit Vertrauen und Hoffnung begegnen können, selbst wenn sie unsere Fähigkeiten übersteigen – wie bei der Verkündigung. Er erinnert uns daran, dass für Gott nichts unmöglich ist (Lk 1,37), und steht uns in unseren Kämpfen bei. Der heilige Josefmaria schrieb: „Dir ist, als stürze die ganze Welt über dir zusammen. Nirgendwo zeigt sich ein Ausweg. Wirklich, diesmal ist es unmöglich, der Schwierigkeiten Herr zu werden. (...) Hast du wieder vergessen, dass Gott dein Vater ist? Ein allmächtiger, allwissender, barmherziger Vater? Niemals kann er dir Schlechtes schicken. Was dir Sorgen bereitet, ist gut für dich, auch wenn deine irdischen Augen jetzt blind sind.“6
Gabriel verkündet den Willen Gottes und hilft uns begreifen, dass von dort nichts als Freude und Frieden ausgehen.
TOBIT UND seine Frau litten bei dem Gedanken, ihren jungen Sohn Tobias allein auf eine unsichere Reise in eine weit entfernte Stadt zu schicken. Sie konnten ihn nur aus der Ferne begleiten, was ihnen nicht genug schien. Da erschien ein fröhlicher junger Mann (vgl. Tob 5,10), der sich anbot, Tobias zu begleiten: Ich bin erfahren und weiß alle Wege (Tob 5,6). Es war der Erzengel Raphael. Er begleitete Tobias und lehrte ihn, aus den Herausforderungen der Reise zu lernen (vgl. Tob 6,1-9). Er ermutigte Tobias, seine Ängste zu überwinden, besonders in Bezug auf die Ehe mit Sara (vgl. Tob 6,16.18), er zeigte ihm, wie er seine Frau lieben sollte (vgl. Tob 6,19) und half ihm, zur Freude seiner Eltern zu werden (vgl. Tob 11,9-15).
Wegen dieser seiner besonderen Rolle vertraute der heilige Josefmaria dem Erzengel Raphael die apostolische Arbeit mit jungen Menschen an. Für die ganze Kirche ist die christliche Bildung der Jugend ein kostbares Anliegen. Denn schließlich sehnen sich die nächsten Generationen genauso nach dem, was uns den inneren Frieden gebracht hat. Es ist eine Mission, zu der alle Christen berufen sind, damit sich die Freude des Evangeliums weiter verbreitet. Alle sind eingeladen, den jungen Menschen mit Rat und Tat beizustehen, „damit sie“, so schrieb Don Fernando Ocáriz, „jetzt und im Laufe ihres Lebens christlicher Sauerteig in den Familien, im Beruf und im weiten Feld des menschlichen Lebens in der Welt sind“7.
Papst Franziskus empfiehlt uns, bei den Engeln Hilfe zu suchen: „Wir sind auf unserem Weg und in den Prüfungen des Lebens nicht allein. Die Engel Gottes begleiten und unterstützen uns. Sie bieten uns sozusagen ihre Flügel an, um uns zu helfen, viele Gefahren zu überwinden. So können wir angesichts der Wirklichkeiten, die unser Leben erschweren oder in die Tiefe ziehen, weiter nach oben fliegen.“8 Die drei Erzengel werden uns unser Leben lang begleiten, bis wir am Ende unseres Weges im Himmel mit ihnen die Muttergottes, die Königin der Engel, staunend und freudig betrachten dürfen.
1 Hl. Gregor der Große, Homilien über die Evangelien, 2, 34, 9
2 Franziskus, Segnung einer Statue des Erzengels Michael in den Vatikanischen Gärten, 5.7.2013.
3 Hl. Josefmaria, Betrachtung, 12.3.1961.
4 Vgl. Geborgen in Gott, Tag- und Nachtgebete, Gebet zum heiligen Erzengel Michael, S. 105.
5 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 329.
6 Hl. Josefmaria, Kreuzweg, IX. Station, Nr. 4.
7 Msgr. Fernando Ocáriz, Pastoralbrief, 8.6.2018.
8 Franziskus, Segnung einer Statue des Erzengels Michael in den Vatikanischen Gärten, 5.7.2013.