Betrachtungstext: 18. Oktober – Heiliger Lukas

Der heilige Lukas zeigt uns die Normalität Gottes – Das Evangelium des Erbarmens – Maler der Jungfrau Maria

DER HEILIGE LUKAS wurde in Antiochia geboren. Er war heidnischer Herkunft, wahrscheinlich Grieche, und Arzt. Nachdem er um das Jahr 40 zum Christentum übergetreten war, begleitete er den heiligen Paulus auf dessen zweite apostolische Reise und verbrachte den letzten Teil seines Lebens mit ihm. Er ist der Verfasser des dritten Evangeliums sowie der Apostelgeschichte.

Er ist der Evangelist, der uns den besten Einblick in die Kindheit Jesu gewährt. Er überliefert viele Einzelheiten, die uns die Menschheit Jesu Christi und die Normalität des Lebens der Heiligen Familie näherbringen: das in Windeln gewickelte Kind, das in einer Krippe liegt, die Reinigung Marias und die Darstellung des Kindes im Tempel, der Verlust des Jesusknaben in Jerusalem ... Ereignisse, wie sie wahrscheinlich die allermeisten Familien der damaligen Zeit durchgemacht haben.

Mit den folgenden Worten schließt Lukas die Kindheitserzählungen ab: Jesus aber wuchs heran und seine Weisheit nahm zu und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen (Lk 2,52). Lukas zeigt auf, dass der Sohn Gottes diese Lebensabschnitte durchlief, wie jeder von uns sie durchlaufen kann, und im Heranwachsen seinen Eltern gehorsam war. Wenn wir das ganze Leben Christi als Offenbarung des Vaters betrachten, sind auch diese verborgenen Jahre im Leben des Herrn, wie der heilige Josefmaria betonte, „weder bedeutungslos noch bloße Vorbereitung auf die Jahre danach, auf sein öffentliches Wirken. (…) Gott will, dass wir Christen uns das ganze Leben des Herrn zum Beispiel nehmen. (…) Der Herr will, dass viele Menschen in den Jahren seines stillen, unscheinbaren Lebens ihren Weg finden.“1


ALLE Taten und Worte Jesu offenbaren Gottes Barmherzigkeit gegenüber den Menschen. Doch wie Johannes Paul II. erklärte, ist es vor allem der Evangelist Lukas, der „diese Themen der Lehre Christi“ besonders behandelt, weshalb sein Evangelium „den Ehrennamen ,Evangelium des Erbarmens‘ erhielt“2. Lukas unterstreicht, dass Jesus gekommen ist, um zu suchen und zu retten, was verloren war, Lukas erzählt von der Vergebung, die einer sündigen Frau zuteil wurde, Lukas beschreibt Jesu Blick auf Petrus nach dessen Verleugnung, Lukas berichtet von Jesu Gebet und Bitte um Vergebung für diejenigen, die ihn ans Kreuz gebracht haben ... Sein Evangelium enthält außerdem drei Gleichnisse, die veranschaulichen, wie Gott uns beständig sucht, um uns seine Liebe zu schenken. In diesen Erzählungen, so sagte Papst Franziskus, „offenbart Jesus die Natur Gottes als die eines Vaters, der nie aufgibt, bevor er nicht mit Mitleid und Erbarmen die Sünde vergeben und die Ablehnung überwunden hat.“3

In all diesen Geschichten finden wir das Herzstück des Evangeliums und des Glaubens: Wenn wir unsere Herzen für die Barmherzigkeit Gottes öffnen, empfangen wir die bedingungslose Liebe eines guten und allmächtigen Gottes, der uns mit seinem Leben erfüllen will. „Die Barmherzigkeit, die Gott uns erweist, sollte uns immer dazu führen, zu ihm zurückzukehren,“ sagte der heilige Josefmaria. „Meine Kinder, das Beste ist, nicht von seiner Seite zu weichen, ihn nicht zu verlassen; doch solltet ihr euch irgendwann aus menschlicher Schwäche von ihm entfernen, dann kommt zurückgelaufen. Er empfängt uns immer mit offenen Armen, so wie der Vater des verlorenen Sohnes, und mit noch größerer Liebe.“4 Dank Lukas, „dem Chronisten der Langmut Christi“5, wie ihn der italienische Schriftsteller Dante Alighieri nannte, wissen wir, dass der Herr stets ein offenes Herz für uns hat. In Anbetracht der Güte Gottes zog die heilige Therese von Lisieux folgende Schlussfolgerung: „Welche Freude zu denken, dass Gott gerecht ist, das heißt, dass Er unserer Schwäche Rechnung trägt, dass er um die Gebrechlichkeit unserer Natur genau weiß. Wovor sollte ich mich also fürchten? Ach, der unendlich gerechte Gott, der sich herabließ, dem verlorenen Sohn alle seine Fehler mit so viel Güte zu vergeben, sollte Er nicht auch mir gegenüber Gerecht sein, die ich ,immer bei Ihm bin‘?“6


SCHON IN ÄLTESTER Zeit wurde der heilige Lukas als Maler der Jungfrau Maria bezeichnet. Tatsächlich ist er der Evangelist, der Maria am deutlichsten als Vorbild des Antwortens auf Gott beschreibt. Er hebt die Gaben hervor, die sie in größerer Fülle als jedes andere Geschöpf vom Herrn erhalten hat: Sie ist voll der Gnade, hat vom Heiligen Geist empfangen und wird von allen Geschlechtern seliggepriesen werden ... Zugleich betont er, mit welcher Demut und Dankbarkeit Maria auf diese göttlichen Gaben reagiert: Sie nimmt die Botschaft des Engels demütig an, gibt sich den göttlichen Plänen bereitwillig hin und ehrt die Bräuche ihres Volkes.

Der heilige Lukas schreibt am Ende der Kindheitsberichte Jesu, dass Maria all die Worte in ihrem Herzen bewahrte (Lk 2,51). Dies lässt uns erahnen, dass eine der Hauptquellen des Evangelisten die Muttergottes selbst war: Nur sie konnte, wenn sie ihr Inneres öffnete, solche Einblicke in das Geschehen gewähren. Die Worte zeigen uns zudem, wie unsere Mutter die Wirklichkeit aufnahm: Sie wollte stets den Herrn lieben. Der heilige Josefmaria kommentiert dazu: „Für das Leben Mariens gibt es nur eine Erklärung: ihre Liebe. Eine Liebe bis zum Äußersten, bis zur völligen Selbstvergessenheit; freudig an dem Platz, an dem Gott sie haben wollte, erfüllte sie sorgsam seinen Willen. Daher ist selbst die unscheinbarste Geste von ihr niemals banal, sondern stets voll Inhalt.“7 Bitten wir den heiligen Lukas, unsere Herzen zu öffnen, damit wir uns wie Maria vertrauensvoll dem Willen Gottes überlassen.


1 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 20

2 Hl. Johannes Paul II., Dives in misericordia, n. 3.

3 Franziskus, Bulle Misericordiæ vultus, 11.4.2015, Nr. 9.

4 Hl. Josefmaria, Notizen von einem Familientreffen, 27.3.1972.

5 Vgl. Dante Alighieri, De Monarchia, 1.

6 Hl. Theresa von Lisieux, Autobiographische Schriften 8.

7 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 148.