DIE HEILIGE Schrift zeigt uns Jesus von Nazaret als den Sämann des Friedens. Der Bund, den Gott im Alten Testament mit seinem Volk schließt, ist ein Bund des Friedens (vgl. Jes 54,10). Der verheißene Messias trägt den Titel „Fürst des Friedens“ (Jes 9,5). In seinem irdischen Leben wünscht Jesus allen, denen er begegnet, den Frieden (vgl. Mk 5,34), und auch seine Jünger ruft er auf, Friedensstifter zu sein (vgl. Mk 9,50). Umso überraschender klingen die Worte, die wir im Evangelium dieses Sonntags hören: Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern Spaltung. Denn von nun an werden fünf Menschen im gleichen Haus in Zwietracht leben: Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei; der Vater wird gegen den Sohn stehen und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter. (Lk 12,51-53). Wie kann es sein, dass der Friedensfürst als Verursacher von Spaltung erscheint?
Jesus selbst sagt an anderer Stelle, dass sein Friede nicht der Friede ist, wie ihn die Welt versteht (vgl. Joh 14,27). In unserem Denken ist Friede oft gleichbedeutend mit Abwesenheit von Konflikten – mit einer Ruhe, die nicht gestört wird, mit Harmonie ohne Reibung. Doch dieser Friede ist trügerisch, denn er lebt vom Rückzug, nicht von Hingabe. Wie die Bischofssynode einmal festhielt: „Das Leben wird reicher, wenn man es hingibt; es verkümmert, wenn man sich isoliert und es sich bequem macht. Die größte Freude erfahren jene, die sich nicht absichern, sondern sich leidenschaftlich dazu gesandt wissen, anderen Leben zu schenken.”1
Um den Frieden Christi zu verstehen, müssen wir ihn selbst verstehen – und seine Biografie zeigt: Wer ihm folgt, macht sich das Leben nicht einfacher. Im Gegenteil: Man lässt sich auf Neues ein, wagt Unbekanntes – jedoch in der Gewissheit, dass Gott selbst mitgeht. Genau das ist der Friede, den Jesus schenkt: die Sicherheit, dass er da ist – auch in Kampf, in Unruhe und bei schwierigen Entscheidungen. Der heilige Josefmaria ermutigt uns: „Mir ist oft aufgefallen, wie die Augen eines Sportlers leuchten, wenn er vor dem Hindernis steht, das er überwinden will. Was für ein Sieg! So schaut Gott auf uns: Er liebt unseren Kampf. Und wir werden immer Sieger sein, denn seine allmächtige Gnade fehlt uns nie. Daher schreckt uns der Kampf nicht, weil er uns nie verlässt.“2
ICH BIN gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen! (Lk 12, 49). Das Bild des Feuers weckt viele Assoziationen: Es kann reinigen, verwandeln, zerstören. Es ist unerlässlich für viele Bereiche des Lebens – vom Backen von Brot über das Schmelzen von Gold bis hin zur Zerstörung von Keimen. Kein Wunder also, dass Jesus dieses starke Bild verwendet, um von der inneren Erneuerung zu sprechen, die er bringen will: eine Umgestaltung, die daraus erwächst, sich ganz auf ihn einzulassen, ihn als Herrn anzuerkennen und sein Wirken durch den Heiligen Geist im eigenen Leben zuzulassen. Papst Leo sagte: „Christus hat uns ein Vorbild für ein heiliges menschliches Leben gegeben, das jeder nachahmen kann – und zugleich die Verheißung einer ewigen Bestimmung, die alle unsere natürlichen Grenzen und Fähigkeiten übersteigt“3.
Es ist gut, sich zu wünschen, dass dieses Feuer in uns brenne, und mit dem Psalmisten zu beten: Meine Hilfe und mein Retter bist du. Mein Gott, säume doch nicht! (Ps 40,18). Das Gebet ist der Ort, um dieses Feuer zu entfachen. So drückte es der heilige Josefmaria aus: „Dazu gehst du zum Gebet: um Feuer zu werden, eine lebendige Flamme, die Wärme und Licht spendet. Wenn du dich matt fühlst, erloschen, ohne Holzscheite, die du nachlegen kannst, wirf die Zweige und das Laub der kleinen mündlichen Gebete und der Stoßgebete hinein. So wirst du das Feuer weiter nähren. Und du wirst die Zeit gut genutzt haben.“4
Nicht immer lodert das Feuer in voller Stärke – manchmal zeigt sich nur ein schwaches Flämmchen. Doch das bedeutet nicht, dass es weniger wirksam ist. Manchmal ist es gerade die kleine, unscheinbare Flamme, die zum Heilmittel wird – mehr als ein loderndes Feuer.
SICH VOM Feuer des Geistes verwandeln zu lassen – und so auch die Welt zu verwandeln –, ist nicht immer angenehm. Denn damit Neues wachsen kann, muss Altes weichen. Deshalb ruft das Feuer nicht nur Bewunderung hervor, sondern auch Furcht. In der ersten Lesung der Messe hören wir, wie Jeremia verhaftet wird. Weil er das Volk zur Umkehr ruft, heißt es: Dieser Mann muss getötet werden, denn er lähmt die Hände der Krieger, die in dieser Stadt übrig geblieben sind, und die Hände des ganzen Volkes, wenn er solche Worte zu ihnen redet. Denn dieser Mann sucht nicht Heil für dieses Volk, sondern Unheil (Jer 38,4). Doch Jeremia will nichts anderes als Gottes Wort weitergeben – eine Botschaft, die Leben bringt. Dennoch wird sie als Bedrohung empfunden. Denn das Feuer Gottes fordert Veränderung – und davor schrecken Menschen oft zurück. Sie halten lieber an dem fest, was sie kennen, auch wenn es sie lähmt.
Doch viele Heilige haben sich – wie Jeremia – vom Widerstand nicht beirren lassen. Im Bewusstsein ihrer Schwäche blieben sie treu, bewahrten den Schatz des Glaubens und verkündeten ihn mutig.Sie fürchteten sich nicht, weil sie sich sicher wussten – in den Händen der Allmacht der Liebe, die stärker ist als jede Angst. Papst Benedikt sagte: „Wo der Geist Gottes eintritt, dort verjagt er die Angst. Was auch immer geschieht, seine unendliche Liebe verlässt uns nicht. Dies bezeugt der Mut der Märtyrer, der Eifer der Missionare, die Kühnheit der Prediger und die Kraft aller Heiligen – von denen einige erst Jugendliche oder Kinder waren.“ Ein weiteres Zeichen für Gottes Treue ist die Existenz der Kirche selbst, die trotz menschlicher Schwächen und Sünden weiter durch die Geschichte geht – getragen vom Hauch des Geistes und entzündet vom göttlichen Feuer.5 Bitten wir Maria, die auch das Feuer des Heiligen Geistes empfangen hat, uns ein Herz zu schenken, das brennt – ein Herz, das Frieden stiftet, weil es vom lebendigen Feuer ihres Sohnes durchdrungen ist.
1 V. Generalversammlung der Bischöfe von Lateinamerika und der Karibik, Dokument von Aparecida (29. Juni 2007), 360; zitiert von Franziskus, Evangelii Gaudium, Nr. 10.
2 Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 182.
3 Leo XIV., Predigt, 9.5.2025.
4 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 92.
5 Vgl. Benedikt XVI., Predigt, 31.5.2009.