José Orlandis erinnert sich, dass ihm der hl. Josefmaria im September 1939 sagte, er hätte in der heiligen Messe besonders für Polen gebetet. Da hatte die deutsche Invasion begonnen. „Dieses katholische Land leidet unsäglich viel wegen des Nazi-Überfalls.“
Domingo Díaz-Ambrona hatte 1941 eine Reise nach Deutschland unternommen. Dort wurde ihm die feindliche Einstellung des Nationalsozialismus gegen alles Christliche klar. Bei seiner Rückkehr fiel ihm auf, dass man in Spanien jene Ideologie anders ansah, nämlich bloß als einen weiteren Feind des Kommunismus. Auf einer Zugreise von Madrid nach Avila ergab sich für Diez-Ambrona zufällig die Gelegenheit, mit Escrivá darüber zu sprechen. Es war im August 1941, die Invasion Russlands hatte schon begonnen. Diaz-Ambrona war überrascht über die eindringliche Art, wie Escrivá ihn warnte. Der Nationalsozialismus sei eine heidnische Ideologie, die die Kirche und die Katholiken verfolgte.
Der hl. Josefmaria war gegen jede Form von Totalitarismus, und dies galt besonders in Bezug auf die Nazi-Ideologie. Alvaro del Portillo schreibt dazu: „Selbstverständlich unterschied der Vater unterschied zwischen Nationalsozialismus und deutschem Volk. Gerade weil er eine besondere Zuneigung für die Deutschen empfand, die er von seinem Vater geerbt hatte, schmerzte es ihn, mit ansehen zu müssen, wie Deutschland immer mehr in die Klauen einer Diktatur geriet, und noch mehr litt er unter dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs." (PORTILLO, A. del, Über den Gründer des Opus Dei, Adamas Verlag, Köln, 1996, S. 36)
"Nach den traurigen Erfahrungen des Spanischen Bürgerkriegs in den dreißiger Jahren lebte bei den meisten Spaniern eine begründete Abwehrhaltung gegenüber dem Kommunismus weiter. Beim Nazismus war das anders. Die Regierungspropaganda hatte die Verbrechen des Nationalsozialismus aus dem einen oder anderen Grund vertuscht und verhindert, daß die päpstliche Verurteilung des Nationalsozialismus in Spanien publik wurde. Deshalb mußte sich unser Gründer kraft seines Priesteramts wiederholt zu Wort melden. Gerade weil man in offiziellen Kreisen Spaniens für das in Deutschland an die Macht gelangte Regime Sympathie hegte, hielt er es für seine Pflicht, diejenigen zu warnen, die ihn nach dem Nationalsozialismus fragten. Dabei kritisierte er nicht nur die totalitäre Gesinnung, er verurteilte auch die Verfolgung und Diskriminierung von Katholiken, Juden und anderen Gruppen sowie die heidnischen, gleichwohl religionsähnlichen Züge des Nationalsozialismus. Er fühlte sich verpflichtet, die päpstliche Verurteilung des Nationalsozialismus bekannt zu machen und das päpstliche Schreiben privat zu verbreiten.(PORTILLO, A. del, Über den Gründer des Opus Dei, Adamas Verlag, Köln, 1996, S. 32)
Amadeo de Fuenmayor, Universitätsprofessor für Zivilrecht und Kirchenrecht bezeichnet Escrivás Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus als „einschneidend“. Er schreibt: „Wir haben bei vielen Anlässen zahlreiche Äußerungen zu Hitler und zu seiner Ideologie von ihm gehört.“ Er bringt einige Zitate: „Ich verabscheue alle Totalitarismen.“ - „Der Nationalsozialismus ist etwas Ketzerisches und dazu ein politischer Irrsinn.“ - „Mich freute es, als die Kirche den Nationalsozialismus verurteilte: Diese Verurteilung sprach allen Katholiken aus der Seele.“ - „Rassismus ist immer etwas, das im Widerspruch zum Gesetz Gottes und zum Naturrecht steht.“ - „Ich weiß und bedauere, dass der Nationalsozialismus viele Opfer verursacht hat. Auch wenn nur eine einzige Person zum Opfer aus Liebe zum Glauben und zur Heimat geworden wäre, müsste man das System verurteilen.“ - „Immer habe ich Hitler für einen Besessenen, eine unglückliche Figur, einen Tyrannen gehalten.“ (URBANO, P., El hombre de Villa Tevere, Plaza & Janés, Barcelona 1995, S. 119-120)
Pedro Casciaro erinnert sich:„Was Faschismus und Nazismus angeht, hat das Opus Dei keine eigentliche Konfrontation erfahren, denn das Werk begann in Italien und in Deutschland zu einem Zeitpunkt, da diese Bewegungen nicht mehr existierten. Aber in diesem Zusammenhang erinnere ich mich an einen Moment, als der heilige Josefmaria bewundernd Kardinal Faulhaber erwähnte, der während der Nazizeit mutig einige Adventspredigten im Münchner Dom hielt.“ (Zitiert nach:URBANO, P., El hombre de Villa Tevere, Plaza & Janés, Barcelona 1995, S. 118)
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