Die Meinungen über die „Prälatur vom Heiligen Kreuz und Opus Dei”, kurz auch „Opus Dei” genannt, gehen ziemlich auseinander. Von den einen als „Zeichen der Hoffnung” hochgelobt, warnen andere vor ihrer angeblichen gesellschaftlichen und kirchlichen Macht. Die einen rühmen das Werk als eine neue und notwendige Seite im Buch der Kirchengeschichte und andere wiederum reden von Geheimniskrämerei. Nun ist Macht und Einfluss an sich ja nichts Schlechtes. Entscheidend ist immer, was damit getan wird.
Manche beziehen ihr „Wissen” über das Opus Dei aus kolportierten Gerüchten oder Film-Schinken wie „da Vinci-Code”. Für den kritisch Fragenden lohnt sich die Lektüre über den Gründer des Opus Dei, über den spanischen Priester Josemaría Escrivá. Von der umfänglichen Biografie über ihn liegt nun auch der dritte Band vor. Der erste Band umfasst die Zeit von 1902 bis zum Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs 1936. Band zwei beschreibt die Jahre 1936 bis 1945.
Im dritten Band sind die vielleicht entscheidenden römischen Jahre – Konzilsbeginn und Papstwahlen – bis zu seinem Tod notiert. Dem Autor Andrés Vázquez de Prada stand umfangreiches Quellenmaterial zur Verfügung. Der Leser muss sich daran gewöhnen, dass, wenn er von Escrivá spricht, er stets vom „Vater” schreibt und die Mitglieder des Werkes sind die „Kinder”.
Interessant ist, wie sowohl der Gründer wie auch seine Bewegung immer wieder Verdächtigungen ausgesetzt waren. Auch in der Kirche. Das wird keinesfalls verschwiegen oder schöngeredet. Freilich wünschte man sich deutlicher zu erfahren, wer denn genau und warum es zu solchen Querelen und Verleumdungen kam. An einer Stelle des Buches (Seite 187) macht ein Kardinal, jedenfalls was die Verleumdungen angeht, die Bemerkung: „von sehr weit oben”. Wie denen zumute war, die beim römischen Störfeuer gegen das Werk dabei waren, als Josemaría Escrivá in aller Form und unter dem Beifall von Tausenden auf dem Petersplatz zum Heiligen in der römisch-katholischen Kirche erklärt wurde, wäre auch der Nachfrage wert.
Das Buch liefert das Porträt eines Mannes, der wohl keinen Augenblick seines Lebens sein Ziel und seine Aufgabe aus den Augen verloren hat: Konsequent, furchtlos, wesentlich, überzeugt und zielbewusst auf weltweite Verbreitung des Werkes ausgerichtet. Über-glücklich zeigte sich Escrivá, dass mit der Approbation des Opus Dei durch den Vatikan auch die Frage geregelt war, dass sich auch Diözesanpriester dem Werk anschließen konnten. „Es gibt Platz für sie, es gibt Platz für sie”, jubelte er nach dieser Entscheidung. Gut 700 Seiten berichten über das Opus Dei und das Gedankengut seines Gründers: Seine Position in der Sozialen Frage. Zur Spiritualität der Arbeiter. Über Escrivás Liebe zu Papst und Kirche. Wie man kontemplativ mitten in der Welt leben kann oder auch von der Mobilisierung der Laien.
Eher schmunzelnd liest man das Zusammentreffen (Seiten 15 bis 17) von Alvaro del Portillo mit Kardinal Josef Frings, als der im Auftrag Escrivás vom Kölner Erzbischof ein Empfehlungsschreiben für das Werk haben wollte, um es in Rom vorzulegen. Das Problem war – in welcher Sprache die Unterhaltung stattfinden sollte. Italienisch, Französisch, Spanisch oder Deutsch? Kurzerhand schlug Frings. vor: „In Latein”. Die gesamte Information und Diskussion über das „Werk” lief im klassischen Latein ab. Als ein ganzer Stoß von Papieren vor Kardinal Frings ausgebreitet wurde, entfuhr es ihm: „Sed insatiabiles estis!” – „Ihr seid wirklich unersättlich”.
„Vor euch liegt ein lange gebahnter Weg, sodass ihr euch nicht mehr verirren könnt”, ermahnt der Gründer-Vater selbstbewusst seine Söhne. Mit Josemaría Escrivá muss man sich auseinander setzen. Viele seiner Äußerungen sind kein Zuckerschlecken. Mir scheint der dritte Band der Biografie eine willkommene Plattform zu sein für tiefergehende Diskussionen. Ob man das Opus Dei schätzt oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Aber auf die Informationen über einen Mann, den die Kirche heiliggesprochen hat, sollte man nicht
verzichten.
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