Ein Heiliger wird entdeckt

Präsentation der Biographie des Opus Dei-Gründers im Literaturhaus München

Michael König

„Bücher sind nur so gut wie die Gespräche, die sie auslösen“. Mit diesen Worten eröffnete der Publizist Alexander Pschera im Münchener Literaturhaus die Präsentation einer umfassenden Biographie des vor sechs Jahren heilig gesprochenen Opus Dei-Gründers Josemaría Escrivá. Der abschließende dritte Band des Werkes von Andrés Vázquez de Prada ist jüngst im Kölner Adamas Verlag auf Deutsch erschienen. Es sei alles andere als eine typische Heiligenbiographie, so Pschera, vielmehr ein präzises Lebensbild, voller Lebensatem, voluminös zwar, aber nicht langatmig.

Hinreißend vorgetragen, las Schau- spieler Michael König, En- semblemitglied am Wiener Burg- theater, Passagen des Buches vor. Die von ihm gewählten Texte zeigten Facetten der Persönlichkeit Escrivás, dieses „Heiligen des Gewöhn- lichen“, wie Johannes Paul II. ihn nannte, vor allem seine leiden- schaftliche Liebe zu Christus und zu den Menschen sowie seine tiefe Wertschätzung der Eucharistie.

Die Aktualität der Botschaft Escrivás betonte der Schweizer Philosoph und Priester Martin Rhonheimer, der an der Päpstlichen Hochschule vom Heiligen Kreuz in Rom lehrt. Nicht das Außergewöhnliche, sondern gerade das Normale und Alltägliche als Weg zur christlichen Heiligkeit zu begreifen, sei das Aufrüttelnde und Provozierende an der Botschaft Escrivás. Dabei handle es sich nicht um eine „Methode“ oder „Strategie“. Das gewöhnliche Leben sei nach dem Geist des Opus Dei vielmehr Ausgangspunkt und Mitte allen geistlichen Ringens und somit ganz eigentlich Weg zur innigen Vereinigung mit Gott in einem kontemplativen Leben mitten im Getriebe der Welt. Damit habe Escrivá zwar keine geistliche Revolution gepredigt. Aber seine Verkündigung beinhalte doch die Wiederentdeckung einer im Laufe der Geschichte immer wieder in Vergessenheit geratenen christlichen Wahrheit.

In der anschließenden Podiums- runde mit der Psychologin Consuelo Gräfin Ballestrem sowie dem früheren Präsidenten der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität, Nikolaus Lobkowicz, war man sich einig, dass der gewöhnliche Alltag im Selbstverständnis des modernen Christen nicht als Hindernis des Glaubenslebens begriffen werde. Aber es wurde ebenso deutlich, dass ein unbefangener Umgang mit Heiligkeit noch längst kein Allgemeingut ist, obwohl die allgemeine Berufung zur Heiligkeit Teil der zentralen Lehraussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils ist. „Heiligkeit ist für Christen kein Luxus, sondern Pflicht“, zitierte Pschera Mutter Teresa von Kalkutta. Gräfin Ballestrem erinnerte ferner daran, wie sehr sich Escrivá in seinen Schriften mit der Alltäglichkeit der Heiligkeit gerade in der großen Hingabe im Leben einer Mutter befasst habe.

Keinesfalls dürfe die Heiligung auf eine bloße Berufsmoral reduziert werden, hob Rhonheimer hervor. Es gehe vielmehr darum, das Leben mit seinen Freuden, Bürden und Plagen als „Materie“ ständiger Gottes- begegnung und Nachfolge Christi zu begreifen und genau damit zur „Verwandlung der Welt“ im Sinne einer „Zivilisation der Liebe“ beizutragen. Ob man das nur im Opus Dei könne, fragte Lobkowicz. Ganz gewiss nicht, war sich Rhonheimer sicher, aber für ihn persönlich habe dieser Weg im Opus Dei konkret und verbindlich Gestalt gewonnen. Spontanen Applaus bekam Michael König für sein persönliches Zeugnis, was die Spiritualität Escrivás in Familie und Theater bedeute: ein immer neues Bemühen, das eigene Ego – Stolz, Eitelkeit, Bequemlichkeit – der Hingabe an jene Menschen unterzuordnen, die ihm dort anvertraut worden seien.