Wird Gott wieder modern?

Univ.-Prof. DDr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz zu Gast im Kulturzentrum Geidorf. Die deutsche Philosophin referierte über das Auslaufmodell Postmoderne und zeigte anhand einiger Beispiele, dass der Aufstand gegen eine sinnentleerte Welt von namhaften Philosophen mitgetragen wird.

DDr. Gerl-Falkovitz

Graz, 10.10.2008. Wieso sind die Religionen nach langer und gründlicher „Aufklärung“ nicht am Ende?, wendet sich Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, eine der renommiertesten Philosophinnen des deutschen Sprachraums, an das Publikum: Spricht Gott heute lauter, hören wir ihn wieder besser oder sind wir einfach am Ende angelangt im Ausloten unseres Nicht- oder auch Anti-Glaubens? Der Boom der Esoterik und die Abkehr ehemals deklarierter Gegner des Transzendenten von ihren Standpunkten sind als Indikatoren dafür zu begreifen, so die Referentin, dass der Mensch von sich aus ein ewig Gott-Suchender ist. Das Angezogenwerden durch das Heilige bleibt im Menschen als etwas nicht Auszulöschendes, zu erkennen auch an der Tendenz zur Inszenierung des Heiligen im profanen, also nicht sakralen Bereich, ob beim Erwerb eines Pkws oder anderer Konsumartikel.

Die Postmoderne wird durch eine immer größer werdende Sinnleere charakterisiert, so die Professorin für Religionsphilosophie an der Technischen Universität Dresden. Das Nicht-Akzeptieren der Unfertigkeit im Menschsein und der Zustand der Unzulänglichkeit findet keine Erklärungen und somit keinen Ausweg mehr. Und danach ist es von der Post-moderne zum Post-humanen oft nur mehr ein Schritt.

Doch zeichnen sich unter dem Einfluss einer Reihe zeitgenössischer Kulturschaffender Gegenströmungen ab. In Deutschland reflektiert der widerspenstige Dramatiker und Essayist Botho Strauß über die Dekonstruktion der Wirklichkeitsmacht von Sprache zu beliebigen Textfragmenten, von Deutungsspielereien zu Wortmüll, der nicht meint, was es sagt. Er ruft auf zur Befreiung von der „sekundären Welt“ und ihren diktatorischen Diskursen, um das Auge für die theophane Herrlichkeit wieder frei zu machen. Er sieht den Menschen als „sakramentales Wesen“. Prof. Gerl-Falkovitz erwähnt ebenso Jürgen Habermas, dessen Denken um die Jahrtausendwende eine Wende erfuhr. Habermas schätzt den großen Thesaurus der Religionen, vor allem jener jüdisch-christlichen Ursprungs, als eine Quelle lebensnotwendiger Normen. Sie seien nicht ablösbar durch die aufgeklärte Vernunft und ihre Zwecksetzungen, durch Psychohygiene und andere Mechanismen. Hierin erkennt Gerl-Falkovitz die Suche nach einer Anthropologie „jenseits des Nihilismus“ und eine Rückkehr zur Geschichte – ein Charakteristikum der Post-Moderne sei das Ad-Acta-Legen der Tradition und der Vergangenheit – „history is five years old“.

Ihr abschließendes Plädoyer gilt einer neuen Aufklärung von Vernunft, einem Ausloten der Vernunft bis in alle ihre Möglichkeiten hinein, um auf diesem Wege Gott und die Dinge Gottes zu erkennen. Sie stellt fest, dass Glaube vor allem einmal Wissen über Glauben sei, und empfiehlt, man möge sich um ein „Begriffsbesteck“ bemühen, um Religion zu verstehen und zu erklären. Das Christentum hat Mühe, so die Philosophin, die Größe Gottes in ihrer Fülle unverfälscht darzustellen, und möge das immer als einen Herzenswunsch betrachten.

Die Ausführungen ließen sicher niemanden unberührt, im Gegenteil, die Referentin konnte viel Weitblick und Optimismus schenken.