Unterwegs zur Hundertjahrfeier – Berufung, Sendung und Charisma

Die Besonderheit der Berufung im Opus Dei im Kontext der allgemeinen Berufung zur Heiligkeit, das Spezifikum der Sendung des Opus Dei in der Kirche und der Zusammenhang von Berufung, Sendung und Charisma. Ein Überblick

Zur Vorbereitung auf die Hundertjahrfeier des Opus Dei hat Prälat Fernando Ocáriz dazu eingeladen, über dessen Wesen, Geschichte und Sendung nachzudenken. Eine Artikelserie soll uns helfen, in die Tiefe zu gehen. Ihr besonderer Fokus liegt auf der Heiligung der Arbeit als einem Wesensmerkmal des Werkes. Artikel 1 gibt eine Einführung in die besondere Berufung im Opus Dei im Kontext der allgemeinen Berufung zur Heiligkeit, das Spezifikum der Sendung des Opus Dei in der Kirche und den Zusammenhang von Berufung, Sendung und Charisma. 

BERUFUNG, SENDUNG UND CHARISMA

Im Anfang war das Wort (...). Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist (Joh 1,1-2). Gott ruft ins Sein – alles, was existiert. Sein fruchtbares Leben ist ein Leben der interpersonalen Beziehung, die göttlichen Hervorgänge – Zeugung und Aushauchung – sind auf das persönliche Sein ausgelegt: Der Vater zeugt den Sohn und der Vater und der Sohn hauchen den Heiligen Geist aus. Wenn Gott erschafft, folgt er derselben Logik: Er will persönliche Wesen vor sich haben, nach dem Vorbild des Sohnes und aus Liebe. Das gesamte Universum ruft er ins Leben, um persönliche Wesen an seinem Leben teilhaben zu lassen – freie Geschöpfe, die ihn kennen und lieben können.

In diesem Sinne ist die geschaffene Welt Ergebnis einer Berufung. Jeder Einzelne von uns wurde persönlich ins Dasein gerufen: mit seinem einzigartigen Gesicht, mit seiner Stimme, mit der Farbe seiner Augen. Jeder steht mit seinem personalen Ich vor dem göttlichen Du. Deshalb hat Gott die Welt gewollt und erschaffen: weil er an jeden Einzelnen von uns gedacht hat.

Berufung: vom Schrecken zur Freude

Das Wort Berufung ist für uns ein vertrautes, wohlklingendes Wort. Es ist kein abstrakt gemeintes Wort, sondern an jeden persönlich gerichtet. Es enthüllt, ruft und lädt ein. Die gesamte Heilsgeschichte zeigt sich als eine ununterbrochene Kette von Berufungen – ständige Rufe Gottes an Männer und Frauen, quer durch Raum und Zeit, an Herrscher und einfache Menschen, an ganze Städte, Völker und Generationen.

Die Lehre des heiligen Josefmaria bringt uns das Wort Berufung näher und zeigt uns seine Größe und Universalität auf. Der Gründer des Opus Dei trug entscheidend dazu bei, dass in einer Zeit – vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil –, als das Verständnis von Berufung noch ziemlich eng gefasst war, erneut von Berufung gesprochen wurde. Mit seinem weiten Verständnis griff er die Lehren vieler Heiliger auf und stellte Berufung als etwas dar, das allen Menschen zukommt.

Wenn jemand in seinem Buch „Der Weg“ oder in seinen Predigten – unvorbereitet – auf das Wort Berufung stieß, mochte er zunächst überrascht gewesen sein oder vielleicht sogar einen gewissen Schrecken empfunden haben. Doch bald dürfte er Freude verspürt haben, denn der heilige Josefmaria sprach von Berufung im Zusammenhang mit dem gewöhnlichen Leben: Studium, Freundschaft, Familie, kulturelle Interessen und die ganze Palette der beruflichen Arbeit. So verstanden stellte die Berufung diese alltäglichen Bereiche in ein neues Licht und gab ihnen eine Bedeutung, die ihnen bis dahin scheinbar nicht zugekommen war. Dank der Botschaft des heiligen Josefmaria wurde das Wort Berufung für viele Männer und Frauen zu einem nahen und erreichbaren Begriff.

Der heilige Josefmaria erklärte einmal: „Die Berufung ist wie ein Licht, das uns den Sinn unseres Daseins erkennen lässt. Im klaren Licht des Glaubens erfassen wir das Warum unserer irdischen Realität. Unser Leben – das vergangene, gegenwärtige und zukünftige – erhält eine neue Tragweite, eine bisher ungeahnte Tiefe. Alle Ereignisse und Geschehnisse erhalten nun ihren wahren Platz: Wir verstehen, wohin der Herr uns führen will und fühlen uns überwältigt von der uns anvertrauten Aufgabe“ (Christus begegnen, Nr. 45).

Allgemeine Berufung, allgemeine Sendung

Viele Menschen, die die Lehren Josefmarias hörten, waren überrascht und angetan von seinem Beharren darauf, dass es nicht unbedingt nötig sei, die eigene Stellung in der Welt, die vorhandene Berufsarbeit oder die gewohnten familiären Umstände zu ändern, um Gottes Ruf zu folgen. Denn dieser Ruf ertönt genau da: im Alltag eines Mannes oder einer Frau von heute, oft unerwartet, vielleicht in dem Moment, in dem du gerade dein Arbeitswerkzeug in der Hand hältst.

Josefmarias Art, über Berufung zu sprechen, wurzelte tief in der Heiligen Schrift. Er betonte den konkreten persönlichen Wert des allgemeinen theologischen Prinzips, dass Gott jeden Menschen beruft, ihn zu kennen und zu lieben. Jeder ist berufen, seinem Sohn gleichgestaltet zu werden und an seinem Geist teilzuhaben. Deshalb und dafür leben wir – niemand ist von diesem Ruf ausgeschlossen. Ob gesund oder krank, reich oder arm, Arbeiter oder Akademiker und unabhängig von den individuellen Begabungen: Alle sind gerufen.

Die Berufung, unseren Schöpfer zu kennen und zu lieben und seinem menschgewordenen Sohn ähnlich zu werden, weil wir in Christus erschaffen wurden, hat einen Namen. Es ist die Berufung zur Heiligkeit – das heißt die Berufung, am Leben Gottes teilzuhaben, der allein heilig ist. Jeder Mensch erhält diese Berufung, unabhängig davon, ob er bereits Teil des Volkes Gottes, der Kirche, ist oder noch nicht einmal weiß, dass er dazu bestimmt ist, ihr anzugehören. Gott ruft alle ohne Ausnahme dazu auf, an seinem Leben teilzuhaben.

Der heilige Augustinus predigte einmal: „Jener Paradiesgarten des Herrn enthält nicht nur die Rosen der Märtyrer, sondern auch die Lilien der Jungfrauen, das Efeu der Verheirateten und die Veilchen der Witwen. Mit einem Wort, Geliebte, kein Mensch soll an seiner Berufung zweifeln: Christus ist für alle gestorben. In Wahrheit steht von ihm geschrieben: Er will, dass alle Menschen gerettet werden und dass alle zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen (1 Tim 2,4)“ (Hl. Augustinus, Predigt 304, 3, 2).

Gott ruft immer auf eine Sendung hin, um eine Aufgabe zu übertragen. Dies zeigt sich deutlich in der Heilsgeschichte. Gott spricht den Menschen an und sagt: „Geh, tu dies; handle so, wie ich es dich lehren werde; verlasse diesen Ort; sprich in meinem Namen; geh an den Ort, den ich dir zeigen werde.“ Es ist fast, als wollte er sagen: „Dafür habe ich dich geschaffen!“ Gewissermaßen sind alle diese besonderen Aufträge Konkretisierungen des ursprünglichen Auftrags, den Gott der Menschheit bei der Schöpfung anvertraute: Gott, der Herr, nahm den Menschen und gab ihm seinen Wohnsitz im Garten von Eden, damit er ihn bearbeite und hüte (Gen 2,15).

Der allgemeinen Berufung zur Heiligkeit entspricht eine allgemeine Sendung: dem Bild des Sohnes gleich zu werden, mit brüderlicher und kindlicher Liebe zu lieben und die Werke der Sünde zurückzuweisen. Dem Sohn gleich werden bedeutet, an seiner Sendung teilzuhaben, die durch die Sünden der Menschen gestörte Ordnung der Welt wiederherzustellen und sie im Heiligen Geist zum Vater zurückzuführen.

Unterschiedliche Sendungen in der Kirche

Mit der Erschaffung der Welt hat Gott die Geschichte für die Möglichkeit geöffnet, Sendungen zu empfangen: die Sendung des Wortes, das vom Vater in die Welt gesandt wurde, um die menschliche Natur anzunehmen, die Schöpfung zu vollenden, den Menschen von der Sünde zu erlösen und ihm die volle Würde als Tochter oder Sohn im Sohn zurückzugeben; und die Sendung des Heiligen Geistes, der vom Vater und vom Sohn in die Welt und in die Geschichte gesandt wurde, um die Gläubigen dem Sohn gleichzugestalten und sie im Leib Christi zu sammeln. Die Kirche Jesu Christi entsteht aus diesen beiden Sendungen und ist wie ihre Fortsetzung in der Geschichte (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Lumen gentium, Nr. 2-4). Die ganze Kirche ist einberufen und gesandt: Sie ist durch Jesu Verkündigung des Reiches Gottes einberufen und nach seiner Auferstehung zu allen Völkern gesandt, um ihnen das Evangelium zu verkünden und sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen.

Die Kirche lebt für diese Sendung, und dieser Aufgabe dienen auch die verschiedenen Sendungen, die der Heilige Geist im Laufe der Geschichte erweckt hat. So vielfältig und schön wie die Blumen der Erde, so vielfältig und schön sind auch die Sendungen, die Gott unzähligen Heiligen, christlichen Gemeinschaften, Laien, Priestern, Ordensleuten und Ordensfrauen anvertraut hat. Jede Sendung trug und trägt zu der einen missio Ecclesiae (Sendung der Kirche) bei.

Wenn wir das Leben des heiligen Josefmaria betrachten und seine Lehren hören, begreifen wir, dass er von Gott – in der Kirche und im Sinne der Kirche – auch eine besondere Sendung empfangen hat. Durch seine Heiligsprechung und die Hervorhebung seiner Lehren hat das Lehramt der Kirche seine Sendung als Teil der Sendung der Kirche anerkannt.

Kurz nach Beginn seines priesterlichen Wirkens suchte der heilige Josefmaria nach einem Namen für die Sendung, die er von Gott erhalten hatte, um seinen geistlichen Söhnen und Töchtern eine Richtung vorzugeben. Er nannte sie Opus Dei, Werk Gottes, operatio Dei. Um die göttliche Initiative zu betonen, sprach er von einer neuen Gründung und bezeichnete den 2. Oktober 1928 als „den Tag, an dem der Herr sein Werk gegründet hat“ (Persönliche Aufzeichnungen, Nr. 306, 2. Oktober 1931).

So umfassend und allgemein eine vom Heiligen Geist inspirierte Sendung in der Geschichte der Menschheit auch sein mag – und das trifft auf das Opus Dei zweifellos zu, das der heilige Josefmaria als „Meer ohne Ufer“ beschrieb –, jede Gründung hat eine besondere Note, die ihr „Wozu“ begründet.

Die Suche nach dieser Besonderheit dient nicht einfach dazu, sie von anderen Initiativen des Heiligen Geistes abzugrenzen, sondern um sie besser zu verstehen. Die Einzigartigkeit einer weiteren Gründung lässt sich nicht durch Abgrenzung von dem definieren, was andere tun oder nicht tun, durch die Betonung von Unterschieden oder die Verteilung der Aktionsfelder. Die Besonderheit derjenigen, die im Weinberg des Herrn arbeiten, muss betont werden, ohne dabei je die eine Sendung der ganzen Kirche aus den Augen zu verlieren – in einer Haltung der Einheit, die die Gemeinschaft sucht.

Bei jeder neuen Gründung besteht ein delikates Verhältnis zwischen ihrer Besonderheit und der kirchlichen Tradition, zwischen dem Neuen oder scheinbar Neuen und den unveränderlichen Elementen der christlichen Botschaft. Die Kirche erachtet bestimmte Aufgaben als wesentlich, die sie von Christus empfangen hat: das Volk Gottes zur Heiligkeit aufzurufen, die Gläubigen in eine persönliche und kindliche Beziehung zu Gott zu führen, die Eucharistie als Zentrum des Lebens zu fördern, die priesterliche Bereitschaft zur Sakramentenspendung zu fördern, alle Getauften daran zu erinnern, dass sie Apostel in einer zu evangelisierenden Welt sind, und die Lehren der Hirten, Konzilien und insbesondere des Papstes zu verbreiten.

Wie dürfen wir uns den Glauben vorstellen, der den heiligen Josefmaria vor einem Jahrhundert bei der Gründung des Opus Dei erfüllte, und wie hat er die Neuheit verstanden, die das Opus Dei mit sich brachte?

„Die Welt durch die Arbeit auf Gott ausrichten“

In vielen Texten der heiligen Josefmaria finden sich Hinweise auf die Ziele der neuen Gründung. Diese Ziele wirken zunächst allgemein, da sie zum Wohl der Kirche, zur Heiligung der Seelen und zur christlichen Umgestaltung der Welt beitragen sollen. Und doch verweisen sie auf eine besondere, konkrete Sendung, die das gesamte Leben derer erhellt, die diesen göttlichen Ruf erhalten. Diese Sendung lässt sich etwa so formulieren: „Die Welt durch die Arbeit auf Gott ausrichten“; oder auch: „Die irdischen Gegebenheiten umgestalten, indem wir das Kreuz Christi an ihre Spitze stellen, damit alle menschlichen Tätigkeitsbereiche, gereinigt von der Sünde, von innen her geheiligt werden und das Antlitz Christi annehmen.“ In dieser Sendung werden die Mitglieder des Werkes, so betonte der heilige Josefmaria, „sich selbst heiligen, andere heiligen und auch die Welt heiligen“. Priester und Laien tragen gleichermaßen zu dieser Sendung bei, allerdings mit einer klaren Unterscheidung: Die Priester sollen vor allem den Laien dienen, da diese Sendung direkt und in erster Linie den Laien zukommt (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Lumen gentium, Nr. 31, 36).

Der heilige Josefmaria schrieb über „das Geheimnis der Heiligkeit“, die er seit vielen Jahren predigte: „Gott hat uns alle dazu berufen, dass wir ihn nachahmen; und euch und mich, die wir mitten in der Welt leben – und gewöhnliche Leute sind –, dass wir Jesus Christus, unseren Herrn, an die Spitze aller redlichen menschlichen Tätigkeiten stellen. Nun werdet ihr folgendes noch besser verstehen: Wenn einer von euch die Arbeit – seine ihm zukommende Arbeit – nicht liebte, wenn er sich nicht aufrichtig einem ehrbaren irdischen Beruf verpflichtet fühlte, um ihn zu heiligen, wenn es ihm an einer beruflichen Berufung fehlte, könnte er niemals den übernatürlichen Kern der Lehre erfassen, die dieser Priester [damit meinte er sich selbst] vorträgt, weil ihm eine unerlässliche Voraussetzung abginge: nämlich ein Arbeiter zu sein“ (Freunde Gottes, Nr. 58).

Die Bitte, die in den Preces des Opus Dei für die Anrufung „Ad sanctum Josephmariam, conditorem nostrum“ vorgesehen ist, enthält auf knappe Weise den Kern der Botschaft des heiligen Josefmaria. Sie stellt die Heiligung der Arbeit in den Mittelpunkt und unterstreicht zugleich die apostolische und missionarische Dimension dieser Heiligung: „Intercede pro filiis tuis, ut fideles spiritui Operis Dei, laborem sanctificemus et animas Christo lucrifacere quaeramus“ (Tritt für deine Kinder ein, damit wir, dem Geist des Werkes Gottes treu, unsere Arbeit heiligen und Seelen für Christus gewinnen).

Um die Achse der Arbeit in Christus drehen sich auch alle anderen Aspekte, die der heilige Josefmaria durch die von Gott gewollte neue Gründung betont sah: die Möglichkeit, im gewöhnlichen Leben Gott zu finden und die Heiligkeit zu suchen; die Ausbreitung des allgemeinen Rufs zur Heiligkeit; die Nachahmung des verborgenen Lebens Jesu und der Heiligen Familie in Nazaret; die besondere Verehrung des heiligen Josef, des Handwerkers und Arbeiters, bis hin zur Tradition, am Festtag des heiligen Josef die Hingabe im Opus Dei zu erneuern. Weiters die Gotteskindschaft als Teilhabe an der Sendung des Sohnes, durch den Heiligen Geist alles mit dem Vater zu versöhnen; das Apostolat der Freundschaft und des Vertrauens, zu dem die Mitglieder des Werkes in ihrem Arbeitsumfeld und in ihren sozialen Beziehungen gerufen sind; und das Fortbestehen des Opus Dei, solange es Menschen auf Erden gibt, die arbeiten. All diese Aspekte sind Widerschein eines mit der Gründung verbundenen Lichts, in dessen Brennpunkt ein neues Verständnis der göttlichen Dimension der menschlichen Arbeit steht.

Ist die besondere, konkrete Sendung das Charisma des Opus Dei? Wie hängen Berufung, Sendung und Charisma zusammen?

In der Heiligen Schrift und in der Geschichte der Kirche hat der Begriff Charisma eine breite Bedeutung, vor allem jedoch bezeichnet er „eine von Gott gegebene Gabe, um eine Sendung zu erfüllen“. Demgemäß geht die Dynamik von Berufung und Sendung der Idee des Charismas voraus: Gott beruft den Menschen, um ihm eine Sendung anzuvertrauen; danach schenkt er ihm die Charismen und Gaben, die er für die Erfüllung dieser Sendung braucht. Im alltäglichen Sprachgebrauch verwenden wir das Wort Charisma oft auch, um die Gnadenhaftigkeit einer Sendung oder einer bestimmten Spiritualität zu unterstreichen – als Ausdruck dafür, dass sie ein Geschenk des Heiligen Geistes und eine göttliche Initiative ist: Gott erweckt, ruft, schenkt seine Gnade, hilft und führt, während er auf die freie Antwort des Menschen wartet.

Der heilige Josefmaria schrieb in diesem Sinn: „Wenn Gott, unser Herr, ein Werk zugunsten der Menschheit plant, denkt er als erstes an die Menschen, die er als Werkzeuge benutzen will … und schenkt ihnen die nötigen Gnaden. Die übernatürliche Überzeugung von der Göttlichkeit des Unternehmens wird schließlich eine so große Begeisterung und Liebe zum Werk in euch wecken, dass ihr euch überglücklich im Opfer fühlen werdet, damit es Wirklichkeit wird“ (Instruktion, 19.3.1934, Nr. 48-49).

Gott schenkt uns Menschen die Gnade und die Charismen des Heiligen Geistes, damit wir die Sendung erfüllen können, zu der wir alle berufen sind: heilig und Christus gleichförmig zu werden. Den Menschen, die zu einer besonderen Sendung oder einer bestimmten pastoralen Aufgabe in der Kirche berufen sind, gewährt Gott die entsprechenden Gaben und Charismen, um diese Aufgabe zu meistern.

Selbstverständlich geht die Sendung des Opus Dei seiner Institutionalisierung voraus. Diese Sendung ist grundsätzlich mit verschiedenen gegenwärtigen oder zukünftigen institutionellen Formen der Kirche vereinbar, solange sie ermöglichen, was Gott vom Gründer gefordert hat: die Heiligkeit und die Fülle der Gotteskindschaft inmitten der Welt zu suchen, und zwar durch die Ausübung der gewöhnlichen Arbeit, wobei diese auf Gott ausgerichtet und so verwandelt wird, dass sie das Antlitz Christi widerspiegelt.

Das Verständnis und die Ergründung der Sendung des Opus Dei ist eine gewissermaßen unerschöpfliche Aufgabe, da es sich um eine authentisch theologische Wirklichkeit handelt, die Gott zum Urheber hat. Diese Sendung bleibt geschichtlich gesehen offen und wird vom schöpferischen Wirken des Heiligen Geistes getragen, wodurch sie in der Lage ist, unterschiedliche Epochen und Gegebenheiten zu prägen. Es handelt sich um ein Charisma, das im Laufe der Zeit von einer Vielzahl von Menschen in unterschiedlichsten Umständen verkörpert werden wird.

Aus der pneumatologischen Dimension einer Sendung folgt, dass das Wesen und der Lebensstil derer, die sie verwirklichen, mehr als Geist denn als Buchstabe definiert werden kann. Deshalb hat das Opus Dei einen Geist – den Geist des Werkes. Eine Vertiefung in die Bedeutung dieser Sendung und dieses Geistes, wie sie der heilige Josefmaria in seiner persönlichen Betrachtung und in seinen Predigten vermittelt hat, wird Inhalt des nächsten Artikels sein.

Diese Artikelreihe wird von Prof. Giuseppe Tanzella-Nitti koordiniert. Die Autoren sind großteils Lehrbeauftragte an der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz (Rom).