Ins Herz geschrieben

Vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen hielt der Salzburger Rechtshistoriker Professor Wolfgang Waldstein im Kulturzentrum Hallsteg ein Plädoyer für eine Rückbesinnung auf die Wurzeln der europäischen Rechtskultur.

Salzburg April 2010. Gibt es Rechte, die jeder Mensch von Natur aus hat, die sich aus seiner Würde als Person ergeben? Gibt es ein Gesetz, das über allen Gesetzbüchern steht? Und wenn ja, welche Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen – für Ehe und Erziehung, den Schutz menschlichen Lebens und Eigentums oder auch für die Achtung der Privatsphäre und den Sozialstaat? Wolfgang Waldstein entwickelte diese Fragen vor einem interessierten Publikum im Kulturzentrum Hallsteg, für dessen geistliche Orientierung das Opus Dei verantwortlich ist. Die Frage nach der tragfähigen Basis des heutigen Rechtsstaats ist seit vielen Jahren das zentrale Anliegen des Wissenschafters, ihr hat er einen Großteil seiner Forschungstätigkeit gewidmet. Den Kern der Ergebnisse ebenso wie den aktuellen Stand der Auseinandersetzung veröffentlichte er kürzlich in einem Buch mit dem Titel „Ins Herz geschrieben. Das Naturrecht als Fundament einer menschlichen Gesellschaft“. 

Die gesamte europäische Rechtsentwicklung sei ohne grundlegende, der menschlichen Vernunft unmittelbar einleuchtende Rechte, wie sie bereits in der vorchristlichen Antike erkannt und beachtet wurden, gar nicht zu verstehen, erörterte der Rechtsexperte. Auf dieser Basis sage Österreichs Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch noch heute, jeder Mensch habe „angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte“ (ABGB Paragraph 16). Auch die allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1950 beruhe auf vorgesetzlichen Rechten. Doch zeigten gegenwärtige Entwicklungen wie die Missachtung menschlichen Lebens beziehungsweise der Person, dass diese Rechte oft nicht mehr verstanden werden. Damit seien sie in Gefahr, nicht nur grob verletzt, sondern überhaupt vergessen und missachtet zu werden. Damit stehe eine menschenwürdige Zukunft auf dem Spiel. Um dem entgegenzuwirken, so Waldsteins These, müsse das allgemeine Rechtsbewusstsein auf der Grundlage des gemeinsamen kulturellen Erbes gebildet werden. Darin sieht Waldstein eine der wichtigsten Aufgaben zur Wiederherstellung einer europäischen Wertegemeinschaft.