Betrachtungstext: 32. Woche im Jahreskreis – Mittwoch

Den Schrei der Leprakranken übernehmen – Die Heilung kommt aus einem Glauben – Zu jeder Gelegenheit danken

Alte Mutter und Tochter gemeinsam in Freude und Dankbarkeit verbunden

JESUS, MEISTER, sei uns gnädig! (Lk 17,13) – dieser Ruf bringt das Leid und die Sehnsucht mehrerer Aussätziger nach Heilung zum Ausdruck, die sie alle Hindernisse überwinden ließ, um sich Jesus anzunähern. Aussatz war eine schwere Bürde, nicht nur wegen des körperlichen Leidens. Die als „Peitschenhieb“ bekannte Krankheit galt als hoch ansteckend, sodass Erkrankte gesellschaftlich ausgeschlossen wurden. Auch moralisch war das Leiden schwer erträglich, da man glaubte, dass Aussatz ein Zeichen für die Sünden der Betroffenen sei.

Die zehn Aussätzigen, die Jesus am Dorfrand begegneten, lebten isoliert und waren auf die Hilfe Verwandter oder mitleidiger Menschen angewiesen, die sie mit Nahrung versorgten. Wahrscheinlich hatten sie von Jesus gehört, einem Rabbi, der nicht nur Vollmacht in seiner Lehre zeigte, sondern auch Wunder vollbrachte. Als er in die Nähe des Dorfes kam, erhielten sie einen Hinweis und näherten sich ihm, in der Hoffnung, dass er sie heilen würde. „Die Männer blieben in der Ferne stehen“, kommentierte ein mittelalterlicher Heiliger, „weil sie es wegen ihres Zustands nicht wagten, näher an ihn heranzutreten. So ist es auch mit uns: Solange wir in unseren Sünden verharren, halten wir uns fern. Um wieder gesund zu werden und vom Aussatz unserer Sünden geheilt zu werden, sollten wir also mit lauter Stimme inständig bitten: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns! Freilich sollte dieses Flehen nicht aus unserem Mund, sondern aus unserem Herzen kommen, denn das Herz hat eine lautere Stimme, sodass das Gebet des Herzens bis in den Himmel hinauf steigt und bis zum Thron Gottes dringt.“1


DIE AUSSÄTZIGEN rufen laut um Heilung, und Jesus weist sie an, sich den Priestern zu zeigen, die nach dem Gesetz befugt waren, Heilungen zu bestätigen. Durch den Gehorsam gegenüber Jesu Worten bewiesen die Aussätzigen ihren Glauben – und stellten unterwegs fest, dass sie tatsächlich geheilt waren. Aber nur einer von ihnen, ein Samariter, kehrte zu Jesus zurück, um Gott zu loben und ihm zu danken: Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm (Lk 17,15-16). Jesus zeigt sich enttäuscht darüber, dass die anderen neun nicht zurückgekehrt sind, um Gott die Ehre zu geben, und sagt zu dem Samariter: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet (Lk 17,19).

Das heutige Evangelium lädt uns ein, über zwei Ebenen der Heilung nachzudenken, wie Papst Benedikt XVI. es erläuterte: „Die eine und oberflächlichere betrifft den Leib; die andere und tiefere berührt das Innerste des Menschen – das, was die Bibel das ,Herz‘ nennt –, und strahlt von dort auf das ganze Dasein aus. Die vollständige und radikale Heilung ist das ,Heil‘.“ ,Gesundheit‘ und ,Heil‘ unerscheiden sich grundlegend; das Heil umfasst mehr als das bloße körperliche Wohlbefinden – es bedeutet neues, erfülltes, ewiges Leben. Wiederum spricht Jesus auch hier das Wort: Dein Glaube hat dir geholfen, denn es ist der Glaube, der den Menschen heilt, indem er ihn in seine Beziehung zu Gott, zu sich selbst und zu den anderen zurückführt. Dieser Glaube äußert sich im tiefen Dank.2 Und Papst Benedikt fährt fort: „Wer wie der geheilte Samariter zu danken weiß, beweist, dass er alles nicht als selbstverständlichen Anspruch, sondern als Geschenk ansieht, das letztlich von Gott kommt. Der Glaube bringt die Offenheit des Menschen für die Gnade Gottes mit sich; die Erkenntnis, dass alles Geschenk, dass alles Gnade ist.“3 Ein einfaches Wort wie „Danke!“ birgt eine tiefe Weisheit und einen großen Schatz in sich.


DANKT FÜR ALLES; denn das ist der Wille Gottes für euch in Christus Jesus (1 Thess 5,18). Die Antiphon der heutigen Messe lädt uns ein, dem Herrn oft unsere Dankbarkeit auszudrücken. Wir können jeden Tag schon beim Erwachen für all das danken, was uns selbstverständlich erscheint und was wir dennoch schmerzlich vermissen würden, wenn es uns fehlte: das Atmen, das Fühlen, das Sehen, das Gehen; die Schönheit der Natur, das Licht und die Wärme der Sonne, das Geschenk einer Familie, die Möglichkeit zu lieben und geliebt zu werden. Als Christen danken wir dem Herrn besonders für die Wunder seiner Gnade, für all das, was wir unverdient erhalten und täglich empfangen, um auf dem Weg zur Heiligkeit voranzuschreiten.

Der heilige Franz von Sales schrieb: „Noch vor kurzer Zeit warst du nicht auf der Welt. (...) Gott hat dich aus dem Nichts erschaffen, um dich zu dem zu machen, was du bist, ohne dass er dich brauchte – einzig aus seiner Güte heraus. Deshalb gab er dir den Verstand, um ihn zu erkennen; das Gedächtnis, um dich seiner zu erinnern; den Willen, um ihn zu lieben; die Vorstellungskraft, um dir seine Wohltaten zu vergegenwärtigen; die Augen, um seine wunderbaren Werke zu sehen; die Zunge, um ihn zu loben. (...) Er hat dich nach seinem Bild erschaffen. Erwäge all die Gaben des Geistes, des Körpers und der Seele: Gesundheit, erlaubte Freuden, Freundschaften. Wie oft hat er dir seine Sakramente geschenkt, Eingebungen, Erleuchtungen, Ermahnungen zur Umkehr? Wie oft hat er dir deine Fehler vergeben!“4

„Wie schön ist das, was wir täglich in den Preces sagen!“, so Worte des Gründers des Opus Dei. „Ihr könnt es als Stoßgebet verwenden: Gratias tibi, Deus, gratias tibi! Denn wenn wir Gott danken, wird er uns mehr geben. Hingegen verschließen wir uns der Hilfe des Herrn, wenn unser Stolz sich aneignet, was gar nicht unser Werk ist.“5 Wenden wir uns an Maria, die in ihrer Demut und Dankbarkeit alles als Geschenk Gottes empfing und dank ihrer Haltung Gaben erhielt, von denen sie nie zu träumen gewagt hätte.


1 Bruno von Segni, Kommentar zum Evangelium nach Lukas, 2, 40.

2 Vgl. Benedikt XVI., Angelus, 14.10.2007.

3 Ebd.

4 Hl. Franz von Sales, Anleitung zum frommen Leben (Philothea), 1. Teil, Kap. 9ff., III, 34.

5 Hl. Josefmaria, Notizen aus einem Familientreffen, 19.3.1971.

Foto: Andrea Piacquadio (pexels)