Betrachtungstext: 15. Woche im Jahreskreis – Donnerstag

Erholung, um unsere Ideale zu erneuern – Lernen, nicht bis zur Erschöpfung zu gehen – Die Anzeichen von Übermüdung erkennen

JESUS weiß, dass wir Erholung nötig haben. Daher sagte er einmal zu den Aposteln: Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken (Mt 11,28). Gott selbst hat die Erfahrung der Erschöpfung gemacht und daher auch die Notwendigkeit verspürt, neue Kraft zu schöpfen. Der heilige Josefmaria betrachtete gerne diesen Aspekt der Menschheit unseres Herrn: „Wenn uns durch die Arbeit, das Studium, unsere apostolische Aufgabe die Kräfte ausgehen und wir wie vor einer Mauer stehen, dann blicken wir auf Christus: auf den gütigen Jesus, auf den ermüdeten Jesus, auf den hungrigen und durstigen Jesus. Herr, du machst es uns so leicht, dich zu verstehen! Du machst es uns so leicht, dich zu lieben!“1

In Zeiten intensiver Tätigkeit ermutigte Jesus seine Jünger wohl, sich nicht vom Aktivismus mitreißen zu lassen, sich auch nicht von Nützlichkeitserwägungen leiten zu lassen, nicht zu denken, dass alles von ihrem Tun abhänge: ständiges Hetzen von einem Ort zum anderen, immer beschäftigt sein ... Daher die Aufforderung, sich auszuruhen, jedoch nicht auf irgendeine Weise, sondern indem wir zu ihm kommen. Papst Franziskus gibt folgenden Rat: „Es ist nicht nur Erholung des Leibes, es ist auch Ruhe des Herzens. Denn es reicht nicht aus, ,den Stecker zu ziehen‘, wir müssen uns wirklich ausruhen. Und wie tut man das? Dazu müssen wir zum Kern der Dinge zurückkommen: innehalten, still sein, beten.“2

Es kann vorkommen, dass der Druck, rein menschlich gesehen produktiv zu sein, auch auf die Ruhezeiten übergreift. Wir wollen in dieser Zeit so viele Dinge erledigen, dass wir danach vielleicht noch erschöpfter sind als vorher. Daneben gibt es auch Menschen, die dazu neigen, die Ruhe in umgekehrter Richtung zu suchen, indem sie versuchen, nicht mehr als das Notwendigste zu übernehmen. Wie dem auch sei, Jesus empfiehlt uns eine Erholung, die uns dazu führt, unser Herz in seiner Gegenwart zu betrachten, um die Ideale, die uns Tag für Tag bewegen, zu überdenken und zu stärken. Wenn wir uns in der Stille sammeln, so sagte Papst Benedikt, so kann dies „einen inneren Raum tief in uns selbst schaffen, um Gott dort wohnen zu lassen, damit sein Wort in uns bleibt, damit die Liebe zu ihm in unserem Geist und in unserem Herzen verwurzelt ist und unser Leben beseelt. Das also ist die erste Richtung: die Stille wieder zu erlernen, die Offenheit zum Hören, das uns für den anderen, für das Wort Gottes öffnet.“3 Und diese Art der Erholung ist in jedem Moment des Jahres erreichbar.


ES GIBT MOMENTE im Leben, die besonders anstrengend sein können. Sie treten meist dann auf, wenn zu den normalen täglichen Anforderungen außergewöhnliche Belastungen hinzukommen, die ebenfalls unsere Zeit und unseren Einsatz beanspruchen: die Krankheit eines geliebten Menschen, die Geburt eines weiteren Kindes, komplexe Projekte, die abgeschlossen werden müssen, ein finanzieller Engpass ... Wenn solche Situationen anhalten, ist es wichtig, Momente der Erholung einzuplanen, auch wenn sie nur kurz sind, um zu verhindern, dass der Verschleiß zu einem größeren Problem wird. Dazu kann gehören Sport zu treiben, zu lesen, Musik zu hören, sich einem Hobby zu widmen, die Gesellschaft anderer zu genießen und vieles mehr.

Eine gute Art, sich auszuruhen, besteht darin, zu lernen, nicht auszubrennen. Dazu ist es manchmal notwendig, die Leitung einer Aufgabe vorübergehend anderen zu überlassen, auch wenn es uns schwer fällt. Das heißt nicht, dass wir uns nicht anstrengen wollen, sondern dass wir unsere Grenzen erkennen und uns manchmal auch ein wenig von den Ergebnissen unserer Arbeit lösen. Gott möchte, dass wir uns aus Liebe verausgaben, nicht aber dass wir uns so sehr verausgaben, dass die Liebe erlischt, weil das Gebäude einstürzt wie das auf Sand gebaute Haus (vgl. Mt 7,24-27). Der heilige Josefmaria schrieb: „Körperliche Erschöpfung. – Du bist ... zusammengebrochen. – Ruhe dich aus. Stelle die äußere Tätigkeit ein. – Hole ärztlichen Rat ein. Gehorche und mache dir weiter keine Sorgen. – Bald wirst du zu deinem Leben zurückkehren und dein Apostolat noch besser machen, wenn du treu bist.“4

„Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“, ist eine bekannte Volksweisheit, die uns auffordert, fleißig zu sein und unsere Arbeit nicht aufzuschieben. Allerdings sollte diese Weisheit auch andersherum betrachtet werden: „Lass für morgen, was du heute nicht bewältigen kannst.“ Mit anderen Worten: Nimm dir für heute nicht mehr vor, als du schaffen kannst. Auch im Buch der Weisheit können wir diese Maxime nachlesen: Kind, du sollst nicht zu viele Geschäfte betreiben! Wenn du sie vermehrst, wirst du nicht ungestraft bleiben, und wenn du sie verfolgst, wirst du nichts erreichen; du entkommst ihnen nicht, auch wenn du fliehst (Sir 11,10). In diesem Sinn sagte auch der heilige Josefmaria: „Mir bleiben immer Dinge für den nächsten Tag übrig. Wir müssen den Abend, nach einem vollen Arbeitstag, mit einer Fülle von Arbeit für den nächsten Tag, erreichen. Wir müssen den Abend vollbeladen erreichen, wie Gottes kleine Esel.“5


EINES der häufigsten Anzeichen von Erschöpfung ist, dass die Grenzen unseres Charakters deutlicher hervortreten. Es ist, als ob unsere persönlichen Abwehrkräfte geschwächt wären und wir uns auf eine Art und Weise verhalten, die die anderen befremden mag. So kann zum Beispiel ein Mensch, der normalerweise optimistisch ist, plötzlich apathisch reagieren, oder jemand, der normalerweise mild und sanft ist, auf einmal schroff auftreten.

In solchen Momenten, in denen unser Blick etwas getrübt ist, kann eine freundschaftliche Hand uns helfen, uns selbst zu erkennen und die Anzeichen der Erschöpfung wahrzunehmen, damit wir uns ausruhen können, bevor wir ausbrennen. Der heilige Josefmaria gab einem Menschen, der in eine solche Lage geschlittert war, folgenden Rat: „Dass dir alles egal ist? – Täusche dich nicht. (…) Dir ist nicht alles egal. Nur sind deine Kräfte nicht unbegrenzt, ... und du brauchst mehr Zeit für dich selbst. Diese Zeit wird auch deinen Werken zugutekommen, weil du letzten Endes das Werkzeug bist.“6

Ein Zeichen der Freundschaft ist es, anderen zu helfen und ihnen auf sympathische Weise beizubringen – nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe –, sich nicht zuviel aufzuladen. Vielleicht sollten sie lernen, zu bestimmten Bitten nein zu sagen, ohne deswegen von Gewissensbissen geplagt zu werden; Projekte abzublasen, die ihnen in den Sinn kommen, wenn es nicht realistisch ist, sie in Angriff zu nehmen; Verhältnismäßigkeit walten zu lassen und manches vielleicht mit geringerer Perfektion abzuschließen, als es ihnen lieb ist; vor allem auch zu sehen, dass es – abgesehen von den Aufgaben, die sie derzeit in Händen haben, oder der neuen Fronten, die sich ihnen auftun – ihre Pflicht ist, ihre Kräfte immer wieder zu erneuern. Bitten wir Maria, uns zu zeigen, wie wir uns erholen und anderen helfen können, sich zu erholen, damit wir mit der Freude leben können, ihrem Sohn zu dienen.


1 Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 201.

2 Franziskus, Angelusgebet, 18.7.2021.

3 Benedikt XVI., Audienz, 7.3.2012.

4 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 706.

5 Hl. Josefmaria, Brief 14, Nr. 10.

6 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 723.