ELISABETH, die Frau des Zacharias, war freudig überrascht, als sie während ihrer Schwangerschaft Besuch von ihrer Cousine Maria erhielt. Kaum hatte Maria sie begrüßt, sprang der noch ungeborene Johannes vor Glück in Elisabeths Schoß. Da erkannte Elisabeth, dass Maria die Hoffnung Israels, den Erlöser, in sich trug, und sie brach in Jubel aus: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes, rief Elisabeth aus. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? (Lk 1,41-43). Monate zuvor hatte Elisabeth dankbar die Nachricht empfangen, dass sie ein Kind gebären würde; nun wurde ihr eine noch größere Gnade zuteil – Maria kam, um ihr in dieser besonderen Zeit zur Seite zu stehen.
Das Fest Mariä Namen, das wir heute begehen, ist in Spanien entstanden, Papst Innozenz XI. führte es im Jahr 1683, zwei Wochen nach der Entscheidungsschlacht auf dem Kahlenberg bei Wien gegen die osmanischen Truppen am 12. September, in der ganzen westlichen Kirche ein. Der Name der Gottesmutter diente dem siegreichen Entsatzheer aus dem heutigen Polen und Deutschland als Schlachtruf. Ein Kommentator der Neuzeit folgerte: „Der Name Maria ist unser Ruf im Kampf gegen alles Gottfremde, Christusfeindliche in uns und um uns. Das Fest ihres Namens vereinige uns alle in der Siegesfreude: Maria hat geholfen, Maria wird weiter helfen.“1
Wenn wir den Namen der Mutter Jesu aussprechen, werden Glaube und Hoffnung in uns gestärkt. Es ist nicht schwer, sich an sie zu wenden – es genügt, sie mit kindlicher Einfachheit zu rufen. Wie der heilige Josefmaria oft sagte: „Unsere Beziehung zu unserer eigenen Mutter kann uns als Vorbild und Leitlinie dafür dienen, wie wir mit Maria, der Mutter mit dem liebenswerten Namen, umgehen sollen. Wir müssen Gott mit demselben Herzen lieben, mit dem wir unsere Eltern, Geschwister, Verwandten und Freunde lieben. Und mit diesem Herzen sollen wir auch Maria begegnen.“2 Das Fest Mariä Namen wird im gesamten deutschen Sprachraum begangen. Es erinnert uns daran, dass wir eine Mutter haben, die uns so nahe ist, dass sie uns – wie Elisabeth – auch ungerufen entgegenkommt.
WIE DIE heilige Elisabeth wollen auch wir unsere Mutter preisen, weil sie zuließ, dass Gott in ihrem Leben wirkte. Durch ihre Offenheit ist der Frieden in die Welt gekommen. Diese Tatsache kann uns inmitten unserer alltäglichen Kämpfe neue Hoffnung geben. Viele Heilige haben uns geraten, in Zeiten der Not zu Maria zu beten, um Zuversicht und Ruhe zu finden. Der heilige Bernhard schrieb: „In Gefahren, in Bedrängnis, in Zweifeln, denke an Maria, rufe Maria an. Lass Maria nicht von deinem Mund und nicht von deinem Herzen weichen.“3 Ebenso predigte der heilige Antonius von Padua: „Der Name unserer Mutter bringt Freude ins Herz, Honig auf die Lippen und Wohlklang in die Ohren derer, die sie verehren.“4
Der Name Maria (hebräisch Marjam oder Mirjam) lässt sich auf verschiedene Weisen deuten, doch keine der etwa sechzig Deutungen ist eindeutig. Die erste bekannte Trägerin dieses Namens war Mirjam, die Schwester des Mose (Ex 15,20). Es wird vermutet, dass der Name ursprünglich nicht hebräisch, sondern ägyptisch ist und möglicherweise „die von Gott Geliebte“ oder „die Bevorzugte“ bedeutet. Andere Deutungen lauten „Herrin“ oder „Schöne“. Papst Benedikt XVI. erklärte in einer Predigt, dass der Name Maria in der westlichen Tradition als „Stern des Meeres“ übersetzt werde. Er fügte hinzu: „Diese Bezeichnung drückt unsere Erfahrung aus: Oft gleicht die Geschichte, in der wir leben, einem dunklen Meer, das drohend seine Wellen gegen das Schifflein unseres Lebens wirft. Manchmal erscheint die Nacht undurchdringlich. (...) Das große Licht Jesus Christus, der den Tod und das Böse überwältigt hat, ahnen wir oft nur von ferne. Aber dann sehen wir ganz nahe das Licht, das sich entzündet hat, als Maria sagte: Siehe, ich bin eine Magd des Herrn. Wir sehen das helle Licht der Güte, das von ihr ausgeht.“5
DIE JUNGFRAU nimmt den Lobpreis ihrer Cousine mit Schlichtheit auf: Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter (Lk 1,46-47). Die wahre Verehrung Marias führt uns immer unmittelbar zu Gott, der Quelle aller Gnaden. Wenn sie ausruft: Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter (Lk 1,48), dann deshalb, weil die Macht des Herrn in ihrem Leben wirksam geworden ist.
Papst Franziskus betont, dass Maria einen besonderen Platz im Leben und Gebet der Christen einnimmt, weil sie die Mutter Jesu ist. Die Ostkirchen stellen sie oft als Hodegétria dar – als diejenige, die „den Weg zeigt“, nämlich ihren Sohn, Jesus Christus. In der christlichen Kunst ist Maria stets präsent, jedoch immer in Beziehung zu und in Abhängigkeit von ihrem Sohn. Ihre Hände, ihre Augen, ihre ganze Haltung sind ein lebendiger „Katechismus“, der uns immer auf den Mittelpunkt hinweist: auf Jesus. „In Maria ist alles auf Jesus bezogen“6, sagt der Papst.
Wenn wir sie im Ave Maria als „Gebenedeit unter den Frauen“ preisen, fügen wir direkt hinzu: „Und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus.“ Wenn uns manchmal die Worte fehlen, um uns an den Herrn zu wenden, zeigt uns unsere Mutter den sicheren Weg zu ihm. Denn, wie der heilige Josefmaria sagte: „Man geht zu Jesus und man kehrt zu Ihm zurück immer durch Maria.“7
1 Zeiner (08.09.1946): Mariä Namen. Oesterreichs Dank- und Siegesfest. In: Wiener Kirchenblatt, Wochenschrift für die Katholiken, 27. Jg., Nr. 36, 1–2.
2 Ebd.
3 Hl. Bernhard, Sobre la excelencias de la Virgen Madre, 2, 17.
4 Hl. Antonius von Padua, in: Marianischer Festkalender, Regensburg, 1866; Quelle: https://www.marianisches.de/marienfeste/mariä-namen/.
5 Benedikt XVI., Predigt, 12.9.2009.
6 Franziskus, Audienz, 24.3.2021.
7 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 495.