Tagesevangelium (4. Adventsonntag): Der Elan der Jungfrau Maria

Kommentar zum 4. Adventsonntag (Jahr C). Sie „eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa“. Versuchen auch wir, unsere gewöhnlichen Pflichten zügig zu erfüllen, ohne uns von der Faulheit leiten zu lassen - als Zeichen unserer Liebe zu Gott und zum Nächsten.

Evangelium (Lk 1,39-45)

In jenen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. Und es geschah: Als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabeth vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme:

- Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.


Kommentar

Im Lukasevangelium folgt die Heimsuchung Elisabets unmittelbar auf die Verkündigung des Engels, ganz einfach, weil sich die Dinge tatsächlich so zugetragen haben. Manche Bibelwissenschaftler nehmen an, dass die Jungfrau Maria in den Worten des heiligen Gabriel eine Aufforderung sah, ihre Verwandte Elisabeth zu besuchen. „Auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat“ (Lk 1,36). Marias rascher Aufbruch gibt uns sicher genug Material, um über den Geist des Dienens nachzudenken.

Jetzt wollen wir uns vielmehr mit dem Wort „eilig“ beschäftigen, der Übersetzung des lateinischen Ausdrucks „cum festinatione“. Warum tun wir Dinge „eilig“, d. h. ohne Verzögerung? Die stärkste Motivation ist sicherlich die Liebe und Zuneigung. Wenn man jemanden wirklich gernhat, tut man die Dinge, die ihn betreffen, so schnell es geht, ohne sich von Faulheit leiten zu lassen. Eine „lauwarme“ Liebe oder Zuneigung hingegen wird alle möglichen Vorwände finden, um alles, was Anstrengung erfordert, hinauszuzögern.

Um das Handeln der Jungfrau Maria besser zu verstehen, kann es in unserer Betrachtung hilfreich sein, uns in ihre Lage zu versetzen: Was ist gerade geschehen? Der Erzengel Gabriel hat ihr die erstaunlichste Nachricht der ganzen Menschheitsgeschichte überbracht: wenn sie einwilligt, wird der von Gott versprochene und von den Propheten angekündigte Messias Mensch werden. Und mit ihrer Antwort „fiat mihi“ – „mir geschehe“, „Verbum caro factum est“ – wurde das Wort in ihrem reinsten Schoß Fleisch.

Wenn wir an uns selbst denken: Wie würden wir tendenziell reagieren, wenn wir eine gute Nachricht hören, von etwas Gutem, das wir uns schon lange gewünscht haben? Vielleicht würden wir uns zurückziehen, um das, was uns gesagt wurde, in seiner ganzen Tiefe auszuloten. Vielleicht gleich anderen davon erzählen. Was tat unsere Mutter Maria: Sie „machte sich […] auf den Weg und eilte“ zu Elisabet (Lk 1,39), um für sie da zu sein.

Das Verb „gehen“ oder seine Synonyme kommt in der Heiligen Schrift sehr häufig vor, denn Gott fordert uns in seiner unendlichen Güte oft dazu auf, uns in Bewegung zu setzen, hierhin oder dorthin zu „gehen“, um ihm zu dienen, uns nützlich zu machen und die Aufträge zu erfüllen, die er in seinen ewigen Plänen vorgesehen hat und die er uns durch seine Gesetze offenbart. In diesem Sinne ist „sich niederlassen“ das Gegenteil von „gehen“. Wenn wir es uns bequem machen und es uns immer schwerer fällt, die eigene Trägheit zu überwinden, sind das ganz klare Anzeichen dafür, dass wir lau werden, zumindest in gewissen Bereichen unseres Lebens.

Denken wir in den kommenden Tagen oft an unsere himmlische Mutter, um das große Fest der Heiligen Nacht und auch uns selbst gut vorzubereiten. Denn ihre Liebe und ihr Eifer sind das Gegenteil jeder Lauheit. Diese besteht oft darin, dem Herrn nur „von weitem“ zu folgen, wie Petrus in der Nacht des Gründonnerstags (vgl. Matthäus 26, 58). Von der Jungfrau Maria wissen wir aber: „Dominus tecum“ – „Der Herr ist mit dir“, nicht in der Ferne oder weit weg.

Auch verspürt der laue Mensch im Allgemeinen eine große innere Leere. Unsere Mutter hingegen ist „gratia plena“, „voll der Gnade“, bei ihr ist kein Platz für irgendeine Art von Leere. Lauheit wird auch mit einem Feuer verglichen, das erlöscht, weil es nicht genügend mit Brennstoff versorgt wird. Das Herz der Gottesmutter jedoch steht in Flammen, mit einer Liebe von beeindruckender Kraft. Aus diesen und vielen anderen Gründen „machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland“, um zu dienen und so den Willen Gottes zu erfüllen.

Welchen Vorsatz könnten wir uns an diesem vierten Adventssonntag machen, wenige Tage vor Weihnachten? Wir wollen versuchen, alles was auf uns zukommt „eilig“ und zügig, „cum festinatione“, zu tun. Besonders unsere alltäglichen Pflichten können wir als Zeichen unserer Liebe zu Gott und zu den anderen mit Elan erfüllen. Und wenn wir merken, dass bestimmte Bereiche unseres Lebens erkaltet sind, dann denken wir an jene Stelle, die der heilige Josefmaria in seinem Büchlein „Der Weg“ niederschrieb: „Die Liebe zu unserer Mutter soll wie frischer Wind sein, der die Glut der Tugenden, die unter der Asche deiner Lauheit verborgen lagen, in helles Feuer verwandelt“ (429).