„Ich versichere euch, wenn ein Christ die unbedeutendste Kleinigkeit des Alltags mit Liebe verrichtet, dann erfüllt sich diese Kleinigkeit mit der Größe Gottes. Das ist der Grund, warum ich immer und immer wieder betone, dass die christliche Berufung darin besteht, aus der Prosa des Alltags epische Dichtung zu machen. Himmel und Erde scheinen sich am Horizont zu vereinigen; aber nein, in euren Herzen ist es, wo sie eins werden, wenn ihr heiligmäßig euren Alltag lebt.“ [1]
Die Mission des Opus Dei besteht darin, den Christen dieses Ideal verwirklichen zu helfen. Nach seinem Gründer ist das Opus Dei „eine weltweite Katechese“ [2]. Es ist eine der vielen Weisen zu entdecken, dass Gott uns jederzeit liebevoll anschaut, auch in scheinbar ganz banalen Momenten jeden Tages. Eine Weise, die Welt unter diesem Blick aufleuchten zu lassen. Denn Jesus Christus, das Licht der Welt, lebt in uns und wir in ihm durch Taufe und Firmung sowie im unbeschreiblichen eucharistischen Geheimnis (vgl. Joh 6,55 u. 15,5).
Im Opus Dei gibt es ganz unterschiedliche Menschen. Mit Blick auf diese Vielfalt sagte der heilige Josefmaria oft, dass man im Werk „auf verschiedene Art gehen kann: Links, rechts, im Zickzack, zu Fuß, zu Pferd. Es gibt zehntausend Weisen, diesen göttlichen Weg zurückzulegen.“ [3] Und ebenso vielfältig wie die Menschen sind auch die Lebens- und Zeitumstände, in denen man diesen Weg finden, den Ruf Gottes hören und ihm folgen kann.
Jeder und jede einzelne hat seine eigene Geschichte. Aber wir schreiben unsere Biografie nicht alleine. Menschen, die unseren Lebensweg auf die eine oder andere Weise mitgehen, schreiben daran mit – und mit großem Zartgefühl auch Gott, unser Vater. Unser Leben verläuft nicht in vorgegebenen Bahnen wie nach einem Mustervertrag oder Masterplan. Es nimmt mitunter unerwartete Wendungen, und seine Konturen zeigen sich mit der Zeit. Ja, Gott rechnet mit der Zeit, und der Heilige Geist führt sein Werk in der Welt weiter. [4] Und er rchnet mit unserer Initiative, damit wir uns „finden“, damit wir unseren Platz in der Welt und in der Geschichte finden, damit wir entdecken, wie und wo er uns haben will.
1. Eintritt in das Opus Dei
Zahlreiche Menschen haben auf die eine oder andere Weise Anteil an der Spiritualität des Opus Dei, auch in Ländern, in denen die Prälatur noch nicht präsent ist. Viele nehmen für eine gewisse Zeit oder auch jahrelang an seinen Aktivitäten teil, ohne dass sie den Ruf verspüren, selbst dem Werk anzugehören. [5] Andere hören irgendwann den Anruf Gottes, ihm auf diesem Weg zu folgen. Doch sich begeistern ist eine Sache und eine andere, ob dies wirklich ihr Weg ist, ob Gott sie tatsächlich ruft, ihn einzuschlagen, und ob sie die Voraussetzungen mitbringen, diesem Weg Tag für Tag und Jahr für Jahr in lebendiger Hoffnung und voller Freiheit zu folgen.
Der formale Rahmen
Das Ja auf den Ruf, das heißt die Entscheidung, Jesus Christus im Opus Dei zu folgen, wird auf der institutionellen Ebene allerdings nur sehr allmählich vollzogen. In diesem Sinne und gemünzt auf die geistliche Begleitung stellt Papst Franziskus fest: „Damit eine gewisse Reife erlangt wird, so dass die Personen fähig werden, wirklich freie und verantwortliche Entscheidungen zu treffen, muss man mit der Zeit rechnen und unermessliche Geduld haben.“ [6] Wie in zahlreichen gesellschaftlichen und kirchlichen Bereichen üblich werden beim Opus Dei deshalb bestimmte Fristen eingehalten, bis die Zugehörigkeit zum Opus Dei realisiert wird. Andernfalls wäre die Freiheit des Betreffenden gefährdet und eine sichere Klärung seitens des Betreffenden wie der Prälatur erschwert. [7]
Die Existenz von bestimmten Fristen sowie von beiderseitigen Rechten und Pflichten zeigt, dass das Werk und seine einzelnen Mitglieder mit der Berufung reale Verbindlichkeiten eingegangen sind. Ohne einen solchen formalen Rahmen gehörte man dem Opus Dei so nebenbei an wie einem Hobby-Klub oder Sportverein: Man tritt ein, geht hin oder nicht und tritt beliebig wieder aus. Dagegen basiert die Zugehörigkeit zum Opus Dei auf einer Berufung, setzt also einen Ruf Gottes voraus, der die ganze Existenz umfasst.
Die Zugehörigkeit zum Opus Dei basiert auf einer Berufung, setzt also einen Ruf Gottes voraus, der die ganze Existenz umfasst.
Demnach ist der formale Rahmen zwar unverzichtbar, steht aber für das tägliche Leben der Christen im Opus Dei keineswegs an erster Stelle. Jeder lebt Tag für Tag schlicht und einfach als Christ.
Erste Schritte: Aufnahmeantrag und Zulassung
Wie bei anderen Berufungen in der Kirche kennt jeder, der sich ins Opus Dei berufen fühlt, eine Art Schnittstelle, die das Leben in ein Vorher und ein Nachher teilt, nämlich den Tag, an dem sie Jesus Christus ihr Jawort zu diesem Weg gesagt haben. Eine göttliche Berufung eröffnet „eine neue Lebensperspektive … So als würde jemand ein Licht in unsrem Inneren anzünden“ [8]. Es handelt sich um eine persönliche Bindung, durch die „unser Leben – das vergangene, das gegenwärtige und das zukünftige – […] in einer neuen Dimension, mit einer nicht geahnten Tiefe“ erscheint. [9] Doch wie ein Samenkorn muss diese persönliche innere Bindung erst einmal Wurzeln schlagen und nach und nach heranreifen.
Die Bitte um Aufnahme bedarf einer vertieften Vorklärung, obwohl bereits eine ernsthafte Reflexion auf Seiten des Betreffenden und der Prälatur vorangegangen ist. Das braucht so viel geduldige Arbeit wie die Saatpflege eines Gärtners. Diese Klärung ist unverzichtbar, denn „wie das Evangelium wird uns der Geist des Werkes nicht übergestülpt, sondern belebt uns. Er ist wie ein Samenkorn, das im Inneren eines jeden aufgehen soll.“ [10] Dies gilt im Übrigen nicht nur für die ersten Etappen der Berufung, sondern für das ganze Leben im Opus Dei.
Hat jemand seinen Beitrittswunsch in Ruhe reifen lassen, benötigt er die Zustimmung des Leiters eines Zentrums des Werkes [11] und muss mindestens 16 ½ Jahre alt sein [12], bevor er die Aufnahme in das Opus Dei formell beantragen kann. Mit dieser Bitte um Aufnahme beginnt ein Zeitraum von sechs Monaten, währenddessen der Betreffende im Rahmen des Möglichen anfängt, gemäß dem Ruf Gottes zu leben und eine erste Ausbildung erhält.
Obwohl noch eine Stecke der Ausbildung und des Vertrautwerdens mit der Berufung zurückzulegen bleibt, nimmt man den Ruf Gottes bereits als eine Liebe für das gesamte Leben wahr: „Alles, was in unserem Leben geschieht, gewinnt so seinen wahren Bezugspunkt: Wir begreifen, wohin uns der Herr führen will, und wir fühlen uns mitgerissen von der anvertrauten Aufgabe.“ [13]
Am Ende der sechs Monate antwortet die Prälatur auf den Aufnahmeantrag mit der sogenannten Admission (Zulassung) zu einem Probejahr, das allerdings noch keine Mitgliedschaft bedeutet. Auf Seiten des Betreffenden führt es zu der reifen Entschiedenheit, sein christliches Leben und seine apostolische Sendung so am Geist des Opus Dei auszurichten, dass es eine solide Perspektive auf seinen weiteren Dienst an Kirche und Menschheit eröffnet [14].
Die befristete und die endgültige Aufnahme in das Opus Dei
Bis zur Aufnahme in das Opus Dei muss nach der Admission mindestens ein Jahr vergangen sein. Diesen Schritt nennen die Statuten Oblation. Voraussetzungen dafür sind, dass der Betreffende das 18. Lebensjahr vollendet hat sowie die entsprechenden Pflichten kennt und bejaht, die er damit übernimmt.
Die Bindung zwischen der Prälatur und dem Betreffenden durch diese erste Aufnahme entspricht bis auf zwei Besonderheiten der Bindung eines jeden katholischen Laien an sein Bistum: Sie antwortet auf eine spezifische göttliche Berufung und sie besteht rechtlich in einer gegenseitigen formalen Erklärung vor zwei Zeugen. [15]
Die Liebe stellt keine Bedingungen, sie sagt ganz einfach Ja. Aber die Klugheit verpflichtet zu warten, bevor man etwas für immer festmacht.
Die Liebe stellt keine Bedingungen. Sie sagt ganz einfach Ja. Aber die Klugheit verpflichtet zu warten, bevor man etwas für immer festmacht.
Die wechselseitige Bindung durch die Oblation dauert deshalb zunächst bis zum nächsten 19. März, dem Hochfest des heiligen Joseph. Ab dann beginnt ein längerer Zeitraum in Richtung einer endgültigen Aufnahme. Diese kann nämlich frühestens fünf Jahre nach der Oblation stattfinden.
Während dieser Jahre setzt jeder Angehörige des Opus Dei seinen Weg in Beruf, Gesellschaft usw. gemäß der Geist des Opus Dei in dem Bestreben fort, ein Leben aus einem Guss zu führen. [16] In einem Klima des Vertrauens hilft ihm die Prälatur weiterhin, sich im Glauben und im Geist des Opus Dei zu bilden. Sofern das Mitglied will und die die Prälatur keine Einwände erhebt, erneuert es jedes Jahr seine Bindung. Natürlich treten im Laufe der Jahre gelegentlich Erschöpfung, vielleicht auch Zweifel oder Schwanken auf. Doch weiß ein jeder, dass er mit der Unterstützung und der Stärke der anderen im Opus Dei – und zwar konkret von Bruder zu Bruder – rechnen kann.
So kann mit Zustimmung der Prälatur frühestens fünf Jahre nach der Oblation die Fidelitas folgen, das heißt die Aufnahme in das Opus Dei auf Lebenszeit [17]. Im Jahre 1950 verfügte der heilige Josefmaria, dass Supernumerarier normalerweise erst nach deutlich mehr Jahren definitiv aufgenommen werden. Grund dafür ist die besonders bunte Mannigfaltigkeit ihrer Lebensumstände sowie die Art und Weise ihrer Ausbildung im Werk. Die endgültige Aufnahme verändert den kirchlichen wie zivilen Stand der Laien in keiner Weise. Auch am Stand derjenigen Weltpriester, die in ihrem jeweiligen Bistum inkardiniert sind, ändert sich nichts, wenn sie der Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz beitreten.
2. Austritt aus dem Opus Dei
Jeglicher eingeschlagene Lebensweg benötigt Freiheit, Reife, Hoffnung, Vertrauen auf Gott und auf die, die er uns zur Seite stellt. Die Angehörigen des Opus Dei ruhen in den Händen Gottes, ihres Vaters und zählen auf die Hilfe der anderen. Doch all das schützt sie nicht vor den Stürmen, die jeden heimsuchen, mögen sie die Gesundheit, das eigene Temperament oder das familiäre oder gesellschaftliche Umfeld betreffen oder mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten, dem Arbeitsplatz usw. zu tun haben.
Über persönliche Schwächen, Fehler und Sünden hinaus fehlt es den Jüngern Christi nie an Prüfungen, Versuchungen und Verfolgungen unterschiedlicher Art (vgl. Joh 15.20) [18]. Zudem kommt es mitunter zu Irrtümern bei der vorangegangenen Klärung von Eignung und Reife oder bei der geistlichen Begleitung [19]. Andererseits herrscht heute ein starker gesellschaftlicher Druck, unter dem sich der Wert der Treue verdunkelt hat und es notwendig zum Christsein gehört, „keine Angst davor zu haben, gegen den Strom zu schwimmen und für die Verkündigung des Evangeliums zu leiden“.
Es kommen also etliche Elemente zusammen, die auf den weiteren Lebensweg von Personen einwirken, die sich Gott hingegeben haben. Einige davon machen wenigstens teilweise erklärlich, warum jemand, der seine Absicht bekundet hatte, seiner Berufung ins Opus Dei treu zu bleiben, später das Werk verlassen möchte. Unter allen Umständen verdient das Geheimnis der menschlichen Person grenzenlosen Respekt und eine Klugheit, die sich jeglichen Urteils enthält. Nur Gott „erforscht alle Herzen und kennt jedes Sinnen der Gedanken“ (1 Chr 28,9).
Unterschiedliche Situationen
Will jemand das Werk vor der Oblation verlassen, genügt es, dies mündlich mitzuteilen. Doch während dieser Zeit kann auch der Prälat bzw. der zuständige Regionalvikar jemandes Ausscheiden veranlassen oder anraten, wenn sie zu der Auffassung gelangt sind, dass der Betreffenden nicht die notwendige Bereitschaft oder Eignung mitbringt [21].
Ein Mitglied des Opus Dei, das sich durch die Oblation auf Zeit verpflichtet hat, verbleibt in der Prälatur, sofern es diese Bindung jeweils am 19. März erneuert. (Dafür gibt es keine feste Formel. Vielmehr handelt es sich um einen innerlichen Akt vor Gott. Der Betreffende muss lediglich mitteilen, dass er ihn vollzogen hat.) Wenn er diesen Akt willentlich unterlassen hat, ist er ipso facto, das heißt eben dadurch und ohne weitere Maßnahmen aus der Prälatur ausgeschieden.
Gehört er dem Werk durch die Oblation auf Zeit an, will es aber vor dem nächsten 19. März verlassen, oder hat er sich durch die Fidelitas bereits endgültig gebunden, ist vor dem Austritt ein Antrag auf Beendigung der eingegangen Bindung mit der Prälatur nötig, und damit zugleich auf das Ende der entsprechenden wechselseitigen Rechte und Pflichten [22].
Die existentielle Bedeutung von Entscheidungen, die eine Berufung betreffen, bringt es mit sich – und das gilt hier speziell für Entscheidungen, aus dem Opus Dei auszutreten – dass man versucht, jeder einzelnen Person zu helfen, in aller Gelassenheit vor Gott abzuwägen, was am besten für sie ist. Es geht darum, überstürzte Entscheidungen zu vermeiden und stets das Wohl der betreffenden Seele zu suchen, wenn sie sich mit dem Gedanken trägt, diese Entscheidung zu treffen. Manchmal ist die Entscheidungsfreiheit auch gemindert, etwa durch Leidenschaften, vorübergehende bzw. bleibende Gemütszustände oder durch irgendwelche Zwänge von außen. Aber wenn jemand trotz alledem gehen will, greift die folgende Vorgehensweise.
Die Beendigung der Bindung zwischen einem Mitglied und der Prälatur
Zunächst muss feststehen, dass derjenige die Prälatur freiwillig verlassen will [23]. In der Regel bringt er diesen Willen in einem Brief an den Prälaten des Opus Dei zum Ausdruck [24]. Darin muss keine Begründung gegeben, sondern lediglich der freie, eindeutige und ausdrückliche Wille auszutreten erklärt werden [25]. Der Brief wird dem Prälaten unverzüglich übermittelt, da ihm die Dispens von den eingegangenen Pflichten zukommt. Sobald sie erteilt ist, wird dem Betreffenden bestätigt, dass seine Bindung auch von Seiten der Prälatur beendet ist.
Normalerweise versucht man unmittelbar nachdem er die Bitte um Auflösung seiner Bindung gestellt hat, alle Aspekte seiner neuen Lage zu klären. Außerdem wird ihm eine dieser Situation gemäße geistliche Hilfe angeboten. Ehemalige Mitglieder möchten dem Opus Dei zumeist als sogenannte Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter verbunden bleiben.
Mitunter möchte jemand nach langer Zeit erneut in das Werk aufgenommen werden. Für den Wiedereintritt, und zwar als Supernumerarierin oder Supernumerarier, ist die Genehmigung des Prälaten erforderlich.
3. Vergangenheit und Zukunft – vergeben und hoffen
Wenn jemand einen Berufungsweg verlassen hat, ist das Geschehene kaum vollständig aufzuarbeiten. Manchmal war die Situation für beide Seiten schmerzlich. Andere Male hatten sich so viele belastende Missverständnisse angehäuft, dass sie nicht mehr aufzulösen waren. Oder ein lange Zeit vernachlässigten geistlichen Lebens ließ die Hingabe an Gott irgendwann sinnlos erscheinen. Oder es waren viele widrige Faktoren zusammengekommen, dass der Betreffende sich nicht mehr in der Lage sah, auf dem bisherigen Weg zu bleiben, usw.
Aber das Leben geht weiter. Vor Gott ist das Leben längst nicht zu Ende. Er kann „auch auf den krummen Linien unserer Geschichte gerade schreiben […]. Gott lässt uns unsere Freiheit und er weiß doch, in unserem Versagen neue Wege seiner Liebe zu finden. Gott scheitert nicht.“ [26] Mit seiner Hilfe kann man zwei Haltungen stärken, die heilen und wieder zu Kräften kommen lassen: Vergeben und verzeihen.
Vergebung ist in dem Sinne ein Blick zurück, dass man den Schaden verzeiht, den man womöglich erlitten hat, und dass man anerkennt, was man selbst dazu beigetragen hat. Und Hoffnung ist wie ein Blick nach vorn, „denn Gott mit seiner Liebe geht mit uns. ‚Ich hoffe, denn Gott ist an meiner Seite.‘“ [27] Und man weiß, dass eine Verletzung, eine Enttäuschung, ein Aufbegehren oder mitunter auch eine Mischung von alledem für Gott Gelegenheiten sind, uns einen neuen Weg anzubieten: „Das Beschreiten eines neuen Weges der Liebe nach dem Scheitern eines ersten Angebots [ist] durchaus möglich. […] Zu den Wegen der Geschichte Gottes mit den Menschen gehört gerade diese ‚Flexibilität‘ Gottes, der auf die freie Entscheidung des Menschen wartet und aus jedem Nein heraus einen neuen Weg der Liebe eröffnet.“ [28]
Im Übrigen ist ein ehemaliges Mitglied des Opus Dei ein Mensch, der sich Gott hingeben hatte. Das prägt seine persönliche Identität zutiefst.
Ein ehemaliges Mitglied des Opus Dei ist ein Mensch, der sich Gott hingeben hatte. Das prägt seine persönliche Identität zutiefst.
Weder Gott noch das eigene Herz vergisst das. Die Jahre der Hingabe, die hinter ihm liegen, sind Jahre des Betens, des christlichen Zeugnisses, des Mühens und Sorgens für die Dinge Gottes und für die Belange der Armen und Verlassenen. Oftmals wird er außerdem Bildungs-, Kultur- oder Sozialwerke gefördert haben. [29] „Man hat die Sicherheit, dass keine der Arbeiten, die man mit Liebe verrichtet hat, verloren geht, dass keine der ehrlichen Sorgen um den Nächsten, keine Tat der Liebe zu Gott, keine großherzige Mühe, keine leidvolle Geduld verloren ist.“ [30]
Eine Zeitlang mag die Erinnerung fast ausschließlich um die schmerzlichen Begebenheiten kreisen. Doch andererseits hat ein ehemaliges Mitglied auch viel Gutes erfahren: Zuwendung und Sympathie, menschliche und geistliche Bildung, Geschmack an gut getaner Arbeit und an Offenheit gegenüber anderen Menschen. Auch das gehört zur Ausstattung für sein weiteres Leben als Christ.
Die Prälatur fördert das Bestreben ihrer Angehörigen, den Kontakt zu einem ehemaligen Mitglied nie abbrechen zu lassen, sofern derjenige damit einverstanden ist. Im Bildungsbereich der Prälatur Tätige sind aufgerufen, in ihrem Leben zu verwirklichen, was Papst Franziskus so väterlich lehrt: „Der Begleiter versteht es, die Situation jedes Einzelnen vor Gott anzuerkennen. Sein Leben in der Gnade ist ein Geheimnis, das niemand von außen ganz verstehen kann. Das Evangelium schlägt uns vor, einen Menschen zurechtzuweisen und ihm aufgrund der Kenntnis der objektiven Bosheit seiner Handlungen wachsen zu helfen (vgl. Mt 18,15), ohne jedoch über seine Verantwortung und seine Schuld zu urteilen (vgl. Mt 7,1; Lk 6,37). Ein guter Begleiter lässt freilich fatalistische Haltungen und Kleinmut nicht zu. Immer lädt er ein, sich heilen zu lassen, seine Bahre zu nehmen (vgl. Joh 5,8), das Kreuz zu umarmen, alles hinter sich zu lassen, immer neu aufzubrechen, um das Evangelium zu verkünden. Die eigene Erfahrung, uns begleiten und heilen zu lassen, indem es uns gelingt, unser Leben mit vollkommener Aufrichtigkeit vor unserem Begleiter auszubreiten, lehrt uns, mit den anderen Geduld zu haben und verständnisvoll zu sein, und ermöglicht uns, die Wege zu finden, um ihr Vertrauen zu wecken, so dass sie sich öffnen und bereit sind zu wachsen.“ [31]
Anmerkungen und Quellen
[1] Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 116. (Das Zitat im Kontext)
[2] Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einem Familientreffen, 06.02.1967, zitiert in: Fernando Ocáriz, Brief, 14.02.2017, Nr. 7.
[3] Hl. Josefmaria, Brief, 02.02.1945, Nr. 19, zitiert in: Fernando Ocáriz, Brief, 09.01.2018, Nr. 11.
[4] Vgl. Römisches Messbuch, Viertes Hochgebet.
[5] Der lateinische Name „Opus Dei“ bedeutet „Werk Gottes“. Daher wird die Prälatur im Folgenden auch einfach „das Werk“ genannt.
[6] Franziskus, Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, Nr. 171.
[7] Die Schritte zu Aufnahme bzw. Ausscheiden entnehmen wir den Statuten der Prälatur Opus Dei (Statuta vel Codex iuris peculiaris Operis Dei), im Folgenden „Statuten“. Auf Deutsch existiert vorläufig eine unkorrigierte Privatübersetzung.
[8] Hl. Josefmaria, Brief, 09.01.1932, Nr. 9, zitiert in: Andrés Vázquez de Prada, Der Gründer des Opus Dei Josemaría Escrivá, Bd. 1, Köln 2001, S. 289f.
[9] Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Köln 1975, Nr. 45. (Das Zitat im Kontext)
[10] Fernando Ocáriz, Brief 09.01.2018, Nr. 11. (Deutsch vom Übers. Zum Kontext vgl. Anm. [3])
[11] Dieser Antrag besteht in einem formlosen handgeschriebenen Brief, der ausdrücklich den Wunsch enthält, dem Opus Dei anzugehören. Vgl. „Statuten“, Nr. 14, §1; 19; 63. Vgl. Anm. [7].
[12] Ist derjenige jünger, kann er als sog. Aspirant betrachtet werden. (Anm.: Ein Aspirant des Opus Dei ist ein Jugendlicher, die ab dem Alter von 14 ½ Jahren als Antwort auf den Ruf Gottes seinen Wunsch geäußert hat, nach Erreichen des Mindestalters von 16 ½ Jahren um die Aufnahme in das Opus Dei zu bitten, wie im Folgenden beschrieben wird.)
[13] Christus begegnen, Nr. 45. (Das Zitat im Kontext)
[14] Vgl. „Statuten“, Nr. 20, §1; 22. Vgl. Anm. [7].
[15] Vgl. „Statuten“, Nr. 20, 27 (vgl. Anm. [7]), die den Inhalt dieser Erklärung im Einzelnen darlegen. Die Erklärung des Aufzunehmenden bringt die feste und ernsthafte Verbindlichkeit zum Ausdruck, der göttlichen Berufung in das Werk treu zu antworten, wobei er wisse, dass er persönlich schwach und begrenzt ist, sich aber auf die Gnade Gottes stütze. Bei der Zulassung und Aufnahme der Mitglieder der Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz gelten dieselben Bestimmungen wie für die Assoziierten und Supernumerarier der Prälatur, nur dass ggf. „Prälatur Opus Dei“ durch „Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz“ und „Gläubige“ durch „Mitglieder“ zu ersetzen ist. Vgl. Codex des Kanonischen Rechts, Can. 278; Apostolische Konstitution Ut sit, Präambel und Art, I. – Anm. d. Übers.: Beide hier fachsprachlich verwendeten Ausdrücke werden in der deutschen Standardsprache umfassender verstanden und so ggf. auf dieser Website verwendet: „Gläubige“ gilt z.B. auch für Moslems. Mit „Mitgliedern“ werden außer Angehörigen von Vereinigungen aller Art auch Christen im Sinne von Gliedern am Leibe Christi bezeichnet. – Ansonsten stärkt die Zugehörigkeit zur Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz, ohne dass die assoziierten und Supernumerarier-Mitglieder etwa in der Prälatur Opus Dei inkardiniert wären, ihre volle Abhängigkeit von ihrem Diözesanbischof sowie ihren Dienst an der Diözese. Mit anderen Worten haben sie genau wie die sonstigen Diözesanpriester keinen anderer Vorgesetzten als ihren Bischof.
[16] Der heilige Josefmaria umriss diesen zentralen Aspekt der Spiritualität des Opus Dei mit dem Ausdruck „unidad de vida“, wörtlich übersetzt „Einheit des Lebens“, der am Treffendsten mit „Leben aus einem Guss“ umschrieben werden kann. Mehr dazu: Im Geist und in der Wahrheit: Die Einheit des Lebens erreichen.
[17] Dazu dient dieselbe formale Erklärung des Betreffenden bzw. der Prälatur wie bei der Oblation mit dem Unterschied, dass die Aufnahme bzw. Eingliederung für das gesamte Leben gilt. Nur wenige Supernumerarier vollziehen diese endgültige Eingliederung. Normalerweise erneuern sie die Oblation weiterhin am 19. März.
[18] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 530.
[19] Der heilige Josefmaria pflegte zu sagen, im Opus Dei gehörten folgende Elemente zu den „Grundlagen der Leitungskunde“: „Liebe zur Freiheit der anderen – ihnen zuhören – und zur eigenen, die Überzeugungen, dass die Leitung kollegial sein muss und dass sich die Leiter irren können, und dass sie in diesem Fall Wiedergutmachung leisten müssen.“ (Instruktion vom 31.05.1936, Nr. 27) Zur Unterscheidung von Leitung und geistlicher Begleitung im Opus Dei siehe den Beitrag in spanischer Sprache: “Dirección espiritual en el Opus Dei” (Geistliche Leitung durch das Opus Dei).
[20] Franziskus, Brief an den Prälaten des Opus Dei, 26.06.2014.
[21] Vgl. „Statuten“, Nr. 28. Vgl. Anm. [7].
[22] Vgl. „Statuten“, Nr. 28, 33. Vgl. Anm. [7]. Solange die befristete Aufnahme Bestand hat bzw. wenn die definitive erfolgt ist, benötigt jemand, der die Prälatur freiwillig verlassen will, eine Dispens, die nur der Prälat des Opus Dei bewilligen kann (vgl. „Statuten“, Nr. 29. mit Anm. [7].