Neupriester Clemens Gudenus: „Die Entscheidung zum Priestertum ist die Annahme eines Rufes“

„Der Priester hilft den Gläubigen einen inneren Freiraum für die Begegnung mit Gott zu schaffen“, erläutert der Neupriester in einem Gespräch zu seiner Priesterweihe am 25.5.2024 in Rom. Er sieht da sogar Verbindungen zwischen seinem Architektenberuf und der neuen seelsorglichen Aufgabe.

UN: Lieber Clemens, die Priesterweihe war sicherlich der bedeutsamste Moment in Deinem bisherigen Leben. Was bedeutet dieser Schritt für Dich?

CG: Natürlich ist die Priesterweihe, dieses besondere Eintauchen in die Nähe zu Jesus Christus, etwas Großes und Erhabenes. Aber in meinem Fall sehe ich den Schritt eher evolutionär als revolutionär. Alle meine bisherigen Lebensentscheidungen haben sich mit Gottes Hilfe harmonisch ineinandergefügt. Dies betrifft auch die Entscheidung zum Priestertum. Es ist die Annahme eines Rufes, den ich von jemandem erhalten habe, dem ich bedingungslos vertraue. Der liebe Gott macht die Dinge wirklich gut, er hat mir auf eine sehr attraktive Weise einen Schritt nach dem nächsten gezeigt.

UN: Dein eigentlicher Traumberuf, den Du auch einige Jahre ausgeübt hast, war Architekt. Stellt es für Dich einen Verzicht dar, Dich nun einer anderen Tätigkeit zu widmen?

CG: Ganz im Gegenteil: Es gibt zahlreiche Parallelen zwischen den Berufen des Architekten und des Priesters. Schon mit 13 wollte ich Architekt werden. Was mich damals bis heute bewog, war die Erschaffung schöner Räume. Hierbei ging es um Orte, an denen man aufatmen und die Seele baumeln lassen kann. Was ich damals in physischer Form getan habe, übertrage ich nun auf den spirituellen Bereich. Die Aufgabe des Priesters ist die Schaffung eines inneren Freiraums, der Begegnungsort mit Gott wird. Darüber hinaus brauche ich als Architekt wie als Priester technisches bzw. theologisches wie auch kommunikatives, also pastorales, Knowhow. Insofern sehe ich mich als Architekt gut gerüstet für meine neue Aufgabe als Priester. Übrigens war mein letztes berufliches Projekt der Entwurf für eine Kirche – der Kreis schließt sich also wieder (lacht).

UN: Welche Botschaft steht für Dich im Mittelpunkt Deines priesterlichen Wirkens? Was ist Dir in der Seelsorge besonders wichtig?

CG: Einer der häufigsten Sätze in der Heiligen Schrift lautet „Fürchtet Euch nicht“. Das hat mich immer sehr fasziniert. Heutzutage gibt es viele Ängste unter den Menschen – bei tatsächlichen, aber auch vielen konstruierten Krisen. Doch Angst lähmt und ist nicht vereinbar mit einem freien, freudigen Eintreten für die Botschaft des Evangeliums. Als Priester möchte ich genau dies den Menschen vermitteln: Mit Christus gibt es keinen Grund, Angst zu haben. Als Christen sind wir nämlich Menschen der Hoffnung. So möchte ich heilen, aufbauen und bestärken – allen voran die jungen Menschen, damit sie aktiv mit ihrem Elan am Aufbau einer gerechten und guten Gesellschaft mitwirken.

Clemens Gudenus wurde 1987 als Sohn eines Österreichers und einer Deutschen in Mailand geboren. Nach Abschluss einer Tischlerlehre und Wehrdienst beim österreichischen Bundesheer beendete er 2014 sein Architekturstudium mit einem Master-Abschluss in Innsbruck. Drei Jahre zuvor arbeitete er bereits in einem Architekturbüro in Innsbruck. Von 2014 bis 2018 studierte er Theologie und Philosophie in Rom, ehe er 2018 für die Leitung des Wiener Jugendclubs Delphin in die Heimat zurückkehrte. Im November des vergangenen Jahres empfing er wieder in Rom die Diakonenweihe.