Familienforum im Bildungszentrum Maarhof, Köln

Gute Erziehung wollen alle. Aber wie können Eltern sie im heutigen Alltag umsetzen? Zu einer Klärung veranstaltete der Eltern-Arbeitskreis des Kölner Bildungszentrums Maarhof ein Familienforum.

Die Podiumsteilnehmer.

Nach bewährter Talk-Show Manier sollten vier Fachleute prägnant auf vorgegebene Fragen antworten. Unter der Moderation von Rainer Roskopf waren das die französische Publizistin Martine Liminski, die in Hamburg lehrende Wirtschaftsdozentin Marianne Blumentritt, der Kölner Unternehmer Johann B. Wehler und der Familienbeauftragte der Stadt Köln, Peter Hoffstadt. Den Podiumsteilnehmern gemeinsam war, dass jede(r) mehrere Kinder hatte.

Deutschland hat, so Roskopf in seiner Einführung, ein erhebliches demografisches Problem. Im Vergleich mit 190 anderen Staaten belegt unser Land Platz 180 bei der Anzahl der Kinder pro Frau. Die Folgen werden zunehmend auch persönlich wahrgenommen: Die Gesellschaft ist überaltert, die sozialen Sicherungssysteme brechen zusammen, es fehlt an qualifizierten Arbeitskräften.

Allzu häufig gibt es für gut ausgebildete Frauen nur die Alternative: Familie oder Beruf. Muss das so sein? Sind die Frauen, die zu Hause bleiben, wirklich die Dummen? Was kann der Staat tun? Was die Väter?

Johann Baptist Wehler, Gesellschafter und Geschäftsführer eines Kölner Familienunternehmens, selbst Vater von vier Kindern, machte zu Beginn auf Vorteile aufmerksam, die sich für Familien ergeben, in denen beide Elternteile berufstätig sind. Kinder würden selbständiger und früher zu Mitarbeit und Verantwortung erzogen, Mütter setzten sich nicht dem Risiko aus, die Arbeitsstelle zu verlieren. Allerdings, so Wehler, ergebe sich in dieser Konstellation immer das Problem der Betreuung. De facto könnten die Eltern ihren eigenen Anspruch auf eine möglichst gute Erziehung nicht ganz erfüllen. Und nur wenn einer von beiden zu Hause bleibe, sei eine nachhaltige christliche Erziehung möglich.

Frau Martine Liminski, die mehrere Jahre eine französische „École maternelle“ leitete und mittlerweile zehn Kinder hat, machte darauf aufmerksam, dass es in aller Regel nicht an Betreuung mangele, sondern an Erziehung. Die Institutionen des Staates könnten immer nur Ergänzungen zur elterlichen Fürsorge sein, denn: „Eltern lieben, Erzieher erledigen ihren Job“.

Als attraktive und durchaus realistische Alternative zu derzeit üblichen Modellen warb Dr. Marianne Blumentritt, Dozentin für BWL an der FH Hamburg, für das gleichzeitige Arbeiten im Beruf und in der Erziehung der Kinder zu Hause. Auch wenn dies bislang nur selten realisiert würde, müsste man sich Maßnahmen überlegen, wie man Müttern und auch Vätern diese Möglichkeit eröffnen könne. Konkret nannte sie die Vereinheitlichung der Schulzeit, so dass man die verschieden alten Kinder nicht zu unterschiedlichen Zeiten aus dem Haus schicken müsse. Erheblich vereinfacht würde die Arbeit auch, wenn die Kinder ihre Hobbies nach dem Unterricht in der Schule ausüben könnten. So würden zeitintensive Fahrten zur Musikschule oder zum Sportverein am Nachmittag wegfallen. Allerdings sprach sich Dr. Blumentritt, selbst Mutter von drei Kindern, gegen das derzeit von der Politik favorisierte Modell der Ganztagsschule aus: „Wenn das die Alternative ist, würde ich aus dem Beruf aussteigen“.

Das Problem mit der staatlichen Betreuung sahen die Diskutierenden vor allem in der mangelnden fachlichen Qualifikation der Erzieher. Peter Hoffstadt, Familienbeauftragter der Stadt Köln, sieht vor allem in diesem Bereich Handlungsbedarf. Von der Notwendigkeit der Ganztagsbetreuung zeigte er sich angesichts der Gesellschaftlichen Realitäten aber überzeugt: „In einer Stadt wie Köln gibt es 97.000 Familienhaushalte. Darunter sind 25.000 Alleinerziehende. An diesen Realitäten kommen wir einfach nicht vorbei.“

Neben der Stadt Köln, die im Rahmen ihres Gesamtkonzepts „Leitbild Köln 2020“ auch ein „Kölner Bündnis für Familien“ ins Leben gerufen hat, sei aber, so Hoffstadt weiter, auch die Wirtschaft gefordert. Die bleibe nicht gänzlich untätig. Er wies auf die vielen Betriebskindergärten hin, in denen

Eltern ihre Kinder jederzeit unterbringen können, falls sie das möchten.

Familienfreundliche Maßnahmen förderten ohnehin die Rentabilität eines Unternehmens, was Rainer Roskopf anhand einer aktuellen Studie belegen konnte.

Ebenfalls zur Sprache kam das Modell des Erziehungsgeldes, wonach den Eltern freigestellt wäre, die Kinder in Betreuungseinrichtungen zu geben oder sie zu Hause zu erziehen – mit Hilfe jener finanziellen Mittel, die sonst für das Betreuungspersonal aufgewendet werden müssten. Auch Tagesmütter und Hebammen könnten so bezahlt werden.

Bei all dem, so machten die Beteiligten abschließend deutlich, wird aber letzten Endes nur an Symptomen kuriert. Das zentrale Problem ist die fehlende Anerkennung für die Erziehungsleistung, die die Eltern, vor allem die Mütter, erbringen. Nicht bezahlte Arbeit wird als solche gar nicht

richtig anerkannt. Ein gewaltiger Bewusstseinswandel müsste einsetzen, damit steigende Geburtenraten erzielt werden. „Innerhalb von ein paar Tagen kann man heute die Menschen dazu bewegen, irgendein Produkt so toll zu finden, dass alle es haben wollen“, gab Peter Hoffstadt zu bedenken. „Dann muss es doch auch möglich sein, das Image der Familie wieder zu verbessern“.

Ganz so einfach scheint es nicht zu funktionieren. Offensichtlich gibt es vieles in unserer Gesellschaft, das einer gesunden Entwicklung von Kindern und Familien entgegensteht: Scheidungsraten von über 30% auch in Köln, zunehmende Belastung im Beruf, Hang zum Egoismus und Streben nach einem bequemen Lebensstil. Dennoch gibt es erste Anzeichen, dass sich etwas in den Köpfen der Menschen tut. Horst Köhler sprach in seiner Antrittsrede sogar von der „Renaissance der Familie". Diese ist auch bitter nötig, denn, so das Schlusswort des Moderators: „Ohne Kinder keine Zukunft“.