"Etwas ganz einfach Gestricktes: Urchristentum"

Wie H. Burkhart, Mitglied von Opus Dei in Österreich, ihre Organisation und ihre Rolle darin sieht

Wien - Das Buch von Dan Brown hat sie gelesen - "ein Krimi wie viele". Ob sie sich auch den Film anschaut, weiß sie noch nicht - "kommt drauf an, ob ich Zeit habe". Dass dieser Fall eintritt, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Denn Heidi B. führt ein ausgefülltes Leben. Und das hat sowohl mit ihrem Beruf zu tun als auch mit dem Opus Dei. Als Geschäftsführerin von Hilfswerk Austria, der Auslandshilfsorganisation dieser österreichischen Sozialhilfe-NGO, ist Heidi B. sehr viel unterwegs. Und als Mitglied des Opus Dei lebt sie ein strukturiertes Leben mit Normen, Regeln und Verpflichtungen: "Kein anspruchsloses Leben, man braucht schon einen gewissen sportlichen Geist dazu."

Heidi B. ist so genannte Numerarierin und gehört damit gewissermaßen zur Elite des Opus (rund 20 Prozent der weltweit etwa 85.000 Mitglieder): "Die Numerarier sind nicht verheiratet und verzichten auf Gründung einer Familie, um sich ganz für Gott freizuhalten. Damit sind wir auch freier für andere Aufgaben, vor allem in der Ausbildung anderer Menschen. Und das ist offensichtlich mein Weg gewesen." Ein Weg, auf dem aber offensichtlich auch familiäre Beziehungen eine starke Rolle spielen: Bruder Ernst B. ist Priester, er war Regionalvikar des Opus Dei für Österreich als Nachfolger des jetzigen St. Pöltener Bischofs Hans Küng und Vorgänger des derzeitigen Regionalvikars Martin Schlag. Als Mitglied des Generalsrats von Opus Dei in Rom hat Ernst B. noch immer eine einflussreiche Stellung in der Organisation.

Dass Frauen im Opus Dei nur untergeordnete Funktionen innehätten, etwa in der Hausarbeit in den Einrichtungen der Organisation, bestreitet Heidi B. (sie ist ausgebildete Konzertviolinistin und promovierte Pädagogin): Die Bildungseinrichtungen für Frauen würden ausschließlich von Frauen geleitet: "Da haben Männer nichts zu sagen. Und Frauen haben sehr wohl auch leitende Positionen in der gesamten Organisation."

Wodurch ist das öffentliche Bild des Opus Dei als einer verschworenen, weltweit vernetzten Gemeinschaft entstanden, die die Gesellschaften sozusagen unterwandert und einen konservativen, politisch einflussreichen Katholizismus verbreiten soll? Entspricht das der Gründungsphilosophie, oder hat sich das Ganze verselbstständigt? "Da wird was hineingeheimnisst, das so nicht ist. Das Opus Dei ist eine buntscheckige Schar von Einzelpersonen, die sich bemühen, da, wo sie sind, ihr Bestes zu geben. Wenn einer intellektuell veranlagt ist und Karriere macht und zufällig auch vom Opus Dei ist, dann ist er ein vifer Mensch und außerdem Christ und beim Opus Dei. Dass Christen am Werk sind und die Welt mitgestalten, ist ja eine super Sache. Warum soll nicht die Freude des Christentums regieren dürfen?"

Am liebsten würde sie "laut hinausschreien, wie dankbar ich bin, erstens, glauben zu dürfen, und zweitens für das, was ich durch das Opus Dei gelernt habe, wie schön und einfach und lustig das ist". Ja, etwas "ganz einfach Gestricktes" sei das Opus: "Urchristentum, im Grunde." (DER STANDARD, Printausgabe, 24.5.2006)

DER STANDARD