KÖNIG Nebukadnezzar hatte ein siebenundzwanzig Meter hohes goldenes Standbild errichten lassen, das sein Reich symbolisierte. Zur feierlichen Einweihung versammelten sich alle seine Untergebenen: Fürsten, Präfekten, Statthalter, Ratgeber, Richter, Magistraten und weitere Beamte der Provinzen. Sie warfen sich nieder und beteten das Bild an – andernfalls drohte die Todesstrafe. Auch die Israeliten Schadrach, Meschach und Abed-Nego, die inzwischen zu Verwaltern der Provinz Babel aufgestiegen waren, waren da, verweigerten aber den Gehorsam gegenüber dem königlichen Befehl. Als dies dem König gemeldet wurde, ließ er sie voll Zorn zu sich rufen und erinnerte sie an die Strafe, die sie erwartete: Verehrt ihr das Standbild aber nicht, dann werdet ihr noch zur selben Stunde in den glühenden Feuerofen geworfen. Wer ist der Gott, der euch retten könnte aus meiner Hand? (Dan, 3,15). Die drei antworteten einmütig und voll Vertrauen: Siehe, unser Gott, dem wir dienen, er kann uns retten. Aus dem glühenden Feuerofen und aus deiner Hand, König, wird er uns retten. Und wenn nicht, so sei dir, König, kundgetan, dass wir deinen Göttern nicht dienen und das goldene Standbild, das du errichtet hast, nicht verehren (Dan 3,17-18).
Schadrach, Meschach und Abed-Nego legten unter Lebensgefahr ein eindrucksvolles Zeugnis für die wahre Anbetung ab. Sie erinnern uns daran, dass all unser Tun dazu berufen ist, Gott zu verherrlichen. Darauf kommt es in unserem Leben letztlich an. Papst Franziskus sagte in einer Predigt: „Jeder von uns hat in seinem Leben, bewusst oder unbewusst, eine ganz genaue Ordnung in der Frage, was ihm wichtiger oder weniger wichtig ist. Den Herrn anzubeten, bedeutet, ihm den Platz zu geben, der ihm gebührt. Es bedeutet, zu bejahen und zu glauben – nicht nur mit Worten –, dass allein er wahrhaft unser Leben lenkt.“1 In der Fastenzeit, kurz vor der Karwoche, lädt uns die Kirche ein, den Weg der Umkehr zu gehen: unser Leben neu auszurichten, sodass die Liebe zu Gott und zum Nächsten das Wichtigste unseres Tages ist.
DIE REAKTION Nebukadnezzars ließ nicht auf sich warten: Er befahl, den Ofen siebenmal stärker zu heizen als gewöhnlich und ließ die drei Männer hineinwerfen. Die Flammen waren so gewaltig, dass selbst die Soldaten, die den Befehl ausführten, den Tod fanden. Doch den drei Männern aus dem Haus Juda konnten sie nichts anhaben – denn ein Engel des Herrn war mit ihnen hinabgestiegen. Da sangen die drei im Ofen wie aus einem Mund, sie rühmten und priesen Gott. (...) Gepriesen ist dein heiliger, herrlicher Name, hochgelobt und verherrlicht in Ewigkeit (Dan 3,51-52).
Der Weg der Anbetung beginnt mit einer Sehnsucht – der inneren Regung, über das Unmittelbare und Sichtbare hinauszugehen, um das Leben zu ergreifen, das Gott uns anbietet. Genau diesen Schritt taten die drei jungen Männer. Sie verzichteten auf ein bequemes, sicheres Leben, das ihnen bei Gehorsam gegenüber dem König offen gestanden wäre, und strebten stattdessen einzig danach, Gott Ehre zu geben. Und obwohl ihnen der Tod gewiss schien, erhielten sie eine Rettung, die sich niemand – außer vielleicht sie selbst – hätte vorstellen können.
„Die Sehnsucht führt zur Anbetung“, so Papst Franziskus, „und die Anbetung erneuert die Sehnsucht. Denn die Sehnsucht nach Gott wächst nur, wenn wir vor Gott verweilen. Nur Jesus heilt die Sehnsüchte – und zwar von der Diktatur der Bedürfnisse.“2 Indem wir Gott verherrlichen, erfährt unser Herz eine Reinigung, sodass es sich von den bloß unmittelbaren Wünschen löst und sich dem schenkt, was wahrhaft erfüllt: der Liebe zu Gott und zu den Menschen. Dann werden wir nicht mehr auf Bequemlichkeit und Sicherheiten setzen, sondern offen sein für die Überraschungen Gottes.
TAG FÜR TAG dürfen wir an der höchsten Form der Anbetung teilhaben: an der heiligen Messe. In ihr wird das Kreuzesopfer Christi gegenwärtig – seine Hingabe aus Liebe zum Vater und zu uns. Wenn wir mit ganzem Herzen an der Messe teilnehmen, sprechen wir mit Christus: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist (Lk 23,46). Vereint mit seinem Opfer erhält jedes Tun unseres Tages einen göttlichen Wert. Dies motiviert uns, auf bestmögliche Weise zu arbeiten, aus Liebe zu Gott. Der heilige Josefmaria schrieb: „In der heiligen Messe sind wir Anbetende, die voll Liebe die Hauptpflicht des Geschöpfes gegenüber seinem Schöpfer erfüllen: Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und nur ihm dienen (Dt 6,13; Mt 4,10). Doch soll unsere Anbetung nicht kühl, äußerlich oder knechtisch sein, sondern Ausdruck inniger Wertschätzung und liebender kindlicher Hingabe.“3
Die Anbetung im eucharistischen Opfer besteht nicht nur darin, uns während der Feier nicht ablenken zu lassen. Vielmehr geht es darum, Herz, Verstand und Willen auf Christus auszurichten – und mit ihm eins zu werden. Dann wollen wir, wie die Präfationen der Messe sagen, der ganzen Schöpfung eine Stimme geben, damit sie mitsinge: „Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten.“
Die heilige Messe mit Tiefe leben, ist eine hervorragende Vorbereitung auf die Feier des Ostergeheimnisses Christi. In ihr werden wir in sein Erlösungswerk hineingenommen. Dort finden wir auch Maria, die Mutter des Herrn, die ihrem Sohn auf dem Weg zum Kreuz beisteht. Bitten wir sie, dass sie uns helfe, jede heilige Messe mit dem brennenden Wunsch zu feiern, Jesus auf diesem Weg treu zu begleiten.
1 Franziskus, Predigt, 14.4.2013.
2 Franziskus, Predigt, 6.1.2022.
3 Hl. Josefmaria, Liebe zur Kirche, Nr. 46.