Betrachtungstext: 18. Woche im Jahreskreis – Sonntag (B)

Die Eucharistie stillt unseren Hunger nach Gott – Essen, das uns Jesus ähnlich macht – Die Riten der Liturgie entdecken

IN DER BROTREDE stellt uns Jesus die Wahrheit der Eucharistie vor und nimmt sie vorweg. Wie wir im Evangelium der heutigen Messe erfahren, erinnerten einige der Zuhörer den Herrn daran, dass Mose in der Wüste zu Gott flehte und dieser Brot – Manna – vom Himmel regnen ließ (vgl. Ex 16,2-4.12-15). Christus nutzte diese Wortmeldung, um über ein neues Manna zu sprechen, über das Brot Gottes, das jemand ist, der vom Himmel herabkommt und der Welt Leben schenkt. Da baten die Jünger den Herrn: Herr, gib uns immer dieses Brot! (Joh 6,34). In der Tat verspürten sie einen Hunger, der nicht physisch, sondern, wie Johannes Paul II. sagte, „ein grundlegenderer Hunger war, der nicht durch gewöhnliche Nahrung gestillt werden kann. Es ist ein Hunger nach Leben, ein Hunger nach Ewigkeit. Das Zeichen des Manna war die Ankündigung des Ereignisses Christi, der den Hunger des Menschen nach Ewigkeit stillen würde, indem er selbst zum ,lebendigen Brot‘ wird, das ,der Welt das Leben gibt‘. Diejenigen, die Jesus zuhören, bitten ihn, zu erfüllen, was das Zeichen des Manna ankündigte, vielleicht ohne sich des Ausmaßes ihrer Bitte bewusst zu sein.“1

War die Forderung schon gewagt, so ist die Antwort Jesu noch erstaunlicher und neuartiger: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben (Joh 6,35). Wie der heilige Josefmaria sagte, ist dies „die frohe Botschaft, die gute Nachricht. Sie ist wirklich Nachricht, denn sie ist neu, sie spricht zu uns von der Tiefe einer Liebe, die wir vorher nicht einmal ahnen konnten. Sie ist gut, denn nichts ist besser, als uns innigst mit Gott, dem allerhöchsten Gut, zu vereinigen. Das ist die frohe Botschaft, die gute Nachricht, weil sie schon jetzt auf unsagbare Weise die Ewigkeit vorwegnimmt.”2

Mit der Eucharistie geschieht etwas Ähnliches, wie wenn wir uns in jemanden verlieben. Wir haben den Wunsch, mit der anderen Person zusammen zu sein und sie kennenzulernen. Jede Begegnung erfüllt uns und scheint zugleich unzureichend. Wenn die Liebe echt ist, reicht es irgendwann nicht mehr aus, die Person von Zeit zu Zeit zu sehen: Wir wollen unser ganzes Leben mit ihr teilen. Die heilige Kommunion stillt unseren Hunger nach Gott und weckt zugleich in uns den Wunsch, ihn nicht nur häufiger zu empfangen, sondern ihn auch von Angesicht zu Angesicht im ewigen Leben zu betrachten. Das eucharistische Brot ist für uns unentbehrlich, um weiter auf dieses Ziel zuzugehen, so wie die Israeliten in der Wüste auf das gelobte Land zugingen. So zieht uns Jesus – auch mit dem eucharistischen Brot – zu sich, zur Fülle des Himmels.


IN DER ZWEITEN Lesung des Gottesdienstes ermahnt der heilige Paulus die Einwohner von Ephesus: Legt den alten Menschen des früheren Lebenswandels ab, der sich in den Begierden des Trugs zugrunde richtet, und lasst euch erneuern durch den Geist in eurem Denken! Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit! (Eph 4,22-24). Wir möchten der Aufforderung des Apostels gerne nachkommen, aber manchmal fehlen uns konkrete Angaben, um sie in die Tat umzusetzen. Vielleicht haben wir uns wie seinerzeit Nikodemus (vgl. Joh 3,4) gefragt, wie wir wiedergeboren werden können, welchen Weg wir einschlagen sollen, um die gewünschte innere Erneuerung zu erreichen. Auf eine konkrete Möglichkeit weist uns der heilige Josefmaria hin: „Vielleicht haben wir uns manchmal gefragt, womit wir so viel Liebe Gottes erwidern können; vielleicht haben wir dann auch den Wunsch nach einem klaren Leitfaden christlichen Lebens verspürt. Die Lösung ist einfach und jeder Gläubige kann sie verwirklichen: in Liebe die heilige Messe mitfeiern, in der heiligen Messe lernen, Gott zu begegnen; denn in diesem Opfer ist alles enthalten, was der Herr von uns will.“3
Bei der Priesterweihe drückt der Bischof den Weihekandidaten die Patene und den Kelch in die Hand und spricht zu ihnen: „Bedenke, was du tust, ahme nach, was du vollziehst, und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes.“4 Das Brot des Lebens macht uns allmählich Gott selbst gleich. Die menschliche Nahrung wird vom Organismus angeglichen, sie wird Teil der Person, die sie isst, die sie verdaut; paradoxerweise geschieht mit dem Brot des Lebens das Gegenteil: Wir sind es, die sich dem, der vom Himmel herabgekommen ist, angleichen.

Die Realpräsenz Jesu in den eucharistischen Gestalten bringt seine Liebe zu uns zum Ausdruck; sie spiegelt seine Entschlossenheit wider, uns nahe zu sein, in unserer Reichweite zu bleiben, so als ob er menschliche Gesellschaft bräuchte. Daher ist die Eucharistie, wie Papst Johannes Paul II. schrieb, „die heilbringende Gegenwart Jesu in der Gemeinschaft der Gläubigen und ihre geistliche Nahrung, sie ist das wertvollste Gut, das die Kirche auf ihrem Weg durch die Geschichte haben kann“5. Eine Fürsorge und Aufmerksamkeit, die wir uns zu eigen machen und jeden Tag vertiefen wollen.


WAS WIR hörten und erfuhren, was uns die Väter erzählten, das wollen wir ihren Kindern nicht verbergen, sondern dem kommenden Geschlecht erzählen (Ps 78,3-4). Dieser Ausruf des Psalmisten verdeutlicht den Wunsch, das Heilswerk, Gottes Wohltaten, treu an andere weiterzugeben. Wir wissen sehr wohl, dass die Eucharistie in gewissem Sinne nicht uns gehört. Sie ist nicht unser Werk, sondern das Werk der Dreifaltigkeit. Deshalb bemühen wir uns, sie treu zu bewahren und diejenigen zu ihr zu bringen, die Gott uns in den Weg stellt, denn die Eucharistie hat großes evangelisierendes Potenzial. Und natürlich können wir nur das treu bewahren und verbreiten, was wir kennen und lieben. Eine der Möglichkeiten, unsere Liebe zur Eucharistie zu vertiefen, ist die Liturgie der Kirche, „die große Erzieherin zum Primat des Glaubens und der Gnade“6, wie Papst Benedikt sagte.

Die liturgischen Riten und Gesten können für uns manchmal etwas unverständlich sein; wir könnten sie dann abzutun oder ihnen keine große Bedeutung beimessen. Wir können jedoch auch versuchen, das, was sie uns mitteilen, allmählich zu erfassen. Diese Riten sind, wie die Kirche betont, „durch die Jahrhunderte gereifter Ausdruck der Gesinnung Christi, und sie lehren uns, so gesinnt zu sein wie er. Indem wir unseren Geist diesen Worten angleichen, erheben wir unsere Herzen zum Herrn.“7 So ist beispielsweise der Kuss des Priesters auf den Altar bei seiner Ankunft im Presbyterium ein Ausdruck der Verehrung. „Ich gehe mit Eifer zum Altar“, sagte der heilige Josefmaria gerne, „und ich lege nicht nur meine Hände auf, sondern umarme ihn mit Zuneigung und küsse ihn wie ein Liebender, denn das bin ich: verliebt! Ich wäre in Sorge, wenn ich es nicht wäre!“8 Auch die biblische Geste des Schlagens auf die Brust im Bußakt dient der physischen Begleitung unserer mündliche Bitte. „Ihr habt euch an eure Brust geschlagen, als ihr hörtet ,Ich bekenne‘“, sagte der heilige Augustinus. „Nun gut, was bedeutet, sich an die Brust schlagen, denn anderes als anklagen, was in der Brust ist, und mit diesem sichtbaren Schlag die unsichtbaren Sünden bestrafen?“9

Papst Franziskus betonte: „Die Liturgie gibt Gott die Ehre, nicht, weil wir etwas zur Schönheit des unzugänglichen Lichts, in dem er wohnt (vgl. 1 Tim 6,16), oder zur Vollkommenheit des Engelsgesangs, der ewig in den himmlischen Wohnungen erklingt, beitragen können. Die Liturgie gibt Gott die Ehre, weil sie es uns hier auf der Erde ermöglicht, Gott in der Feier der Geheimnisse zu sehen und, im Schauen, von seinem Pascha zum Leben zu erwachen: Wir, die wir durch die Sünden tot waren und durch die Gnade mit Christus wieder lebendig gemacht wurden (vgl. Eph 2,5), sind die Herrlichkeit Gottes.“10 Wir bitten die Gottesmutter, uns zu helfen, unser Verständnis für die Liturgie der Kirche zu vertiefen, um so fähig zu werden, ihren Sohn in der Eucharistiefeier und unter allen Umständen zu erkennen.


1 Hl. Johannes Paul II., Predigt, 31.5.1997.

2 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 152.

3 Ebd., Nr. 88.

4 Ritus der Priesterweihe.

5 Hl. Johannes Paul II., Ecclesia de eucaristia, Nr. 9.

6 Benedikt XVI., Ansprache, 6.5.2011.

7 Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Instr. Redemptionis sacramentum, Nr. 5.

8 Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einem Familientreffen, 17.3.1969 (vor der Liturgiereform nach II. Vat. Konzil).

9 Hl. Augustinus, Predigt 67.

10 Franziskus, Desiderio desideravi, Nr. 43.