"Die Gefahr liegt in der Gewöhnung"

"Nonne cor nostrum ardens erat in nobis, dum loqueretur in via?" Brannte nicht unser Herz in uns, als Er auf dem Wege zu uns redete? Diese Worte der Emmausjünger müßten unwillkürlich, wenn du Apostel bist, von den Lippen deiner Berufskollegen kommen, nachdem sie dich auf dem Weg ihres Lebens getroffen haben. (Der Weg 917)

Ich pflege gern von einem "Weg" zu sprechen, denn wir sind ja unterwegs zu den himmlischen Wohnungen, zu unserer Heimat. Aber seid euch darüber im klaren, daß ein Weg, auch wenn er manchmal besondere Hindernisse bietet - wie etwa einen Fluß zu überqueren oder einen kleinen, dichten Wald zu durchdringen - für gewöhnlich etwas Alltägliches und ohne Überraschungen ist. Die Gefahr liegt in der Gewöhnung: in der Annahme, Gott könnte in dieser konkreten Sache in diesem Augenblick nicht zugegen sein, denn sie ist ja so banal, so alltäglich!

Zwei der Jünger Jesu gingen nach Emmaus. Es war ein gewöhnlicher Weg, wie der Weg so vieler anderer Wanderer dorthin. Da gesellt sich, ganz natürlich, Jesus zu ihnen. Das Gespräch mit Ihm verscheucht die Müdigkeit. Ich stelle mir die Szene vor. Der Tag neigt sich bereits, eine leichte Brise weht. Ringsum Felder. Der Weizen ist schon fast reif, die alten Ölbäume schimmern silbrig im schwächer werdenden Licht.

Jesus ist auf dem Weg. Groß bist Du, o Herr! Bist es immer, aber Deine Größe trifft mich besonders, wenn ich sehe, wie Du Dich herabläßt, um uns in unserem Alltag zu folgen, um uns zu suchen. Herr, gewähre uns die Einfalt des Geistes, den ungetrübten Blick, den klaren Verstand, damit wir Dich erkennen, wenn Du ohne äußere Zeichen Deiner Größe zu uns kommst.

Als sie das Dorf erreichen, geht die Wanderung zu Ende. Die beiden Jünger sind - ohne es zu merken - von den Worten und der Liebe des menschgewordenen Gottes in ihrem Herzen tief getroffen. Sie bedauern, daß der Herr weiterzieht. Denn Er grüßte sie und tat, als wolle Er weitergehen (Lk 24,28). Er, unser Herr, drängt sich nie auf. Er möchte, daß wir Ihn von uns aus rufen, nachdem wir die Reinheit seiner Liebe, die Er uns in die Seele gelegt hat, einmal erahnt haben. (Freunde Gottes 313-314)

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