Kardinal Marian Jaworski

Kardinal Marian Jaworski, Alterzbischof von Leópolis, lebt zur Zeit in Krakau.

Welche Bedeutung hat das Charisma des hl. Josefmaria für die Kirche?

Gerade in diesen Tagen lese ich auf polnisch Erinnerungen an den hl. Josefmaria, die sein Nachfolger, der Bischof und Prälat Msgr. Javier Echevarría geschrieben hat. Ich kann nur sagen, dass ich von dem, was ich lese, sehr beeindruckt bin. Mir scheint, es ist sehr wichtig, dieses Buch zu lesen, um das Opus Dei gut zu kennen. Diese Erinnerungen sind originell geschrieben, das heißt sie stellen keine klassische Biographie dar.

Er beginnt damit, vom Innenleben des Gründer des Opus Dei zu schreiben, und von seiner Art und Weise, Wege zu suchen. Es sind erstaunliche Tatsachen, daher ist das Zeugnis dieses Buches sehr wertvoll. In meinem Alter lese ich nicht viele Bücher, die mich wirklich fesseln und die ich von Anfang bis Ende lese, aber dieses hat mich wirklich „gepackt“. Vor allem eben, weil es vom inneren Leben des Gründers des Opus Dei erzählt.

Meines Erachtens besteht das Charisma des hl. Josefmaria darin, unentwegt den Willen Gottes zu suchen. Nicht in dem Sinn, dass wir uns an den Heiligen Geist wenden, sondern so, dass wir uns vom Heiligen Geist führen lassen. Das erste ist also, beständig den Willen Gottes zu suchen, sich vollkommen hinzugeben.

Dann möchte der Gründer des Opus Dei daran erinnern, dass jeder Christ seinen Verpflichtungen nachkommen muss, unabhängig davon, ob er Bänker, Beamter oder Arzt ist. Meiner Ansicht nach ist das Opus Dei ein Werk des Heilige Geistes mit dem Ziel, dass die Welt sich nicht von Gott entfernt. Ich glaube, der Gründer des Opus Dei hat gut verstanden, dass die Erlösung und die Erneuerung unserer Welt nur Wirklichkeit werden kann, wenn die Menschen sich in der Erfüllung ihrer täglichen Pflichten als echte Christen verhalten. Der Gründer möchte jedem von uns sagen: „Du bist ein Christ und musst als das leben, was du bist: in deiner Familie, an deinem Arbeitsplatz, in deinem ganzen Leben.“ So sehe ich das, und es scheint mir immens wichtig, damit es kein Doppelleben gibt; sonntags gehe ich zur Kirche und den Rest der Woche lebe ich quasi neben ihr.

Ich habe das Buch noch nicht zu Ende gelesen. Aber ich denke, dass die Erneuerung der Welt auf diesem Weg erfolgen wird, nämlich dass wir da, wo Christus uns hingestellt hat, Christen sind. Es beeindruckt mich auch, dass der Gründer nicht nur persönlich nach dem Geist des Werkes lebte, sondern von allen, die zum Opus Dei gehören wollten, verlangte, dass sie diesen Geist lebten, dass es also für niemanden einen „Sondertarif“ gibt.

Erschienen in Revista Palabra, April 2010