Frau Gormann, Haus Hardtberg feiert dieses Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Was macht Erholung in einem Haus wie Ihrem so besonders?
Christliche Erholung geht weit über das hinaus, was die meisten Menschen unter „Urlaub machen" verstehen. Der heilige Josefmaria lehrte uns: „Erholung heißt nicht Nichtstun, sie ist vielmehr ein Sich-Entspannen bei weniger anstrengenden Tätigkeiten." Das ist ein fundamentaler Unterschied zu dem, was heute oft als „chillen und relaxen" verstanden wird oder zu durchgetakteten Genussreisen.
Der Mensch ist ein komplexes, facettenreiches Wesen aus Leib, Seele und Geist. Daher brauchen wir nicht nur körperliche, sondern auch geistige, emotionale, soziale, spirituelle und sogar kreative Erholung. Ohne einen solchen ganzheitlichen Ansatz werden einzelne Aspekte des menschlichen Daseins stets zu kurz kommen.
Was bedeutet das ganz konkret für Ihre Gäste?
Ein älterer Gast erzählte mir kürzlich begeistert von seiner Entdeckung eines kunsthistorischen Bildbandes in unserer Bibliothek, den er seit Jahren immer wieder zur Hand nimmt, um darin zu stöbern: Das war für ihn echte Erholung.
Christliche Erholung bedeutet aber vor allem auch: In der Stille des Herzens wieder hören zu können, was Gott uns sagen möchte. Es ist Zeit für die übernatürliche Beziehungspflege durch Gebet, Lektüre und Gottesdienst. Wir reflektieren das vergangene Jahr, lassen Stress und negative Emotionen hinter uns und schaffen Platz für hoffnungsvolle Gedanken.
Viele, die zu uns kommen, suchen ganz bewusst eine Auszeit mit Gott. Wir haben aber auch Gäste, etwa bei Besinnungstagen, für die das vielleicht ihre erste Erfahrung ist auf ihrem Weg, Gott zu begegnen oder sich von ihm entdecken zu lassen.
Sie sprechen von einem „ganzheitlichen Ansatz". Können Sie das konkretisieren?
Genau wie der Körper Ruhe zur Regeneration braucht, benötigt auch die Seele Abstand vom Alltag. Bei uns im Haus Hardtberg erleben die Gäste das sehr unmittelbar: Die Kapelle ist das Herzstück unseres Hauses. Hier wird täglich die Eucharistie gefeiert. Da finden wir die Mitte unseres christlichen Lebens, hier tankt die Seele auf für die Herausforderungen des Alltags.
Oft sind Geist und Seele angespannt inmitten all der Herausforderungen. Wir vergessen zu oft, auch Geist und Seele wie unseren Körper zu „dehnen“. Dazu braucht es die richtige Umgebung und natürlich auch die Sorge um das leibliche Wohl. Die herrliche Lage am Waldrand, umgeben von weitläufigen Gärten – da stellt sich bei unseren Gästen fast automatisch Ruhe ein. Die Natur hilft dabei, abzuschalten und das Handy mal einfach ganz weit wegzulassen.
Was ist Ihr persönliches Lieblingsplätzchen im Haus?
Das sind definitiv die Terrassen mit weitem Blick! Darüber hinaus erleben viele Gäste: Bewegung fördert innere Erholung. Ob Wandern auf den Eifelschleifen, Radfahren durch die sanften Hügel oder eine Schwimmeinheit im hauseigenen Schwimmbad: Sport und Natur ergänzen das geistliche Programm. Manche entdecken im Spaziergang eine Form des Gebets, andere finden beim Squash oder Fitnesstraining neuen Elan.
Unser Gelände lädt zum Verweilen ein: die verschiedenen Terrassen, stille Leseecken, Wanderwege und Ausflugsziele in die abwechslungsreiche Eifellandschaft. Gott ist dabei ein ständiger Begleiter, ob bewusst gesucht oder, für manche, ganz neu entdeckt. Dazu bieten wir integriert in den Aufenthalt je nach Zielgruppe geistliche Inputs, Weiterbildung im Katholischen Glauben, herzliche Begegnungen.
Wir sind kein Wellness-Hotel, wohl aber ein Haus des „Wellbeing", Wohlbefinden für Leib und Seele. Die Gemeinschaft mit Christus führt uns zur Gemeinschaft mit anderen. Sich austauschen, sich gegenseitig stützen und ermutigen, das ist Teil unserer christlichen Berufung und des Spirits unseres Hauses.
Der heilige Josefmaria hatte eine sehr spezifische Lehre über Arbeit und Muße. Wie prägt das Ihre Arbeit im Haus?
Der heilige Josefmaria lehrte die Heiligung der gewöhnlichen Arbeit. Für uns bedeutet das: Jede Tätigkeit mit Liebe und Professionalität auszuführen, als Dienst an Gott und den Mitmenschen. Für uns als Betrieb hat das eine besondere Dimension. Aus dem einfachen Zimmermachen kann ein Gebet werden, aus der Küchentätigkeit ein Apostolat der Nächstenliebe. Wir möchten Hilfestellung bieten, um eine Gottesbegegnung zu ermöglichen. Die Nähe Gottes im Alltag zu entdecken und das als Dienst an Gott und an den Menschen zu begreifen, das ist der Kern der Spiritualität des Opus Dei.
Die Gäste spüren das und manchmal fragen sie: Hier ist irgendetwas Besonderes bei euch. Ich glaube, das ist das Besondere: Dass hier jeder als Willkommensgeschenk mit einem stillen Gebet empfangen wird, ohne dass es jemand herausposaunt.

Gibt es einen Satz, der Ihre Philosophie auf den Punkt bringt?
Es gibt ein italienisches Sprichwort: „Quando il corpo sta bene, l’anima balla ", wo der Leib sich wohlfühlt, da tanzt die Seele. Das hat dem Gründer des Opus Dei sehr gut gefallen. Für den Leib muss gesorgt werden, er ist nichts weniger als ein „Tempel des Hl. Geistes“. Und das zeigt sich dann ganz praktisch, indem wir auf Details achten: frische, saisonale Produkte in der Küche, die liebevolle Ausstattung der Zimmer mit Erbstücken aus der alten Villa Becker, die harmonische Verbindung von Alt und Neu.
Meine Arbeit hier ist nicht nur Beruf, sondern Berufung. Wir arbeiten nicht als Angestellte in einem fremden Haus, sondern als Mutter oder Schwestern in unserem Familienhaushalt.
Moderne Menschen kämpfen oft mit Stress, digitaler Überreizung und ihrer Work-Life-Balance. Welche konkreten Hilfestellungen können Sie Berufstätigen und Familien geben?
Nach der Corona-Pandemie spüren wir bei den Menschen eine noch größere Sehnsucht nach echter Begegnung und authentischen Erfahrungen. Die digitale Welt kann die menschliche Nähe nicht ersetzen. Unsere Gäste suchen vermehrt Auszeit vom Alltag, Zeit zum Reflektieren und zum Austausch mit anderen.
Praktisch bedeutet das: Man sollte sich bewusst Zeiten der Stille nehmen. Nicht nur für sich allein, sondern auch für Gott. Es ist hilfreich, im eigenen Zuhause kleine „Inseln der Ruhe" zu schaffen, vielleicht eine Ecke mit einem schönen Bild oder einem geistlichen Buch. Man kann auch die Natur wunderbar für Momente der Stille nutzen: Ein Spaziergang wird zum Gebet, wenn man dabei auf Gottes Stimme hört.
Wichtig ist auch die Gemeinschaft: Christliche Erholung ist nie nur individuell. Man sollte Zeit mit Menschen verbringen. Der Austausch und die gegenseitige Ermutigung sind wichtig, das kann in der Familie sein, in der Pfarrgemeinde, mit Freunden oder in geistlichen Gemeinschaften.
Nach Haus Hardtberg kommt Jung und Alt. Wie gehen Sie auf die besonderen Bedürfnisse älterer Menschen ein?
Das ist eine wichtige Entwicklung. Wir haben baulich nachgerüstet mit besseren Sanitäreinrichtungen und elektrisch verstellbaren Bettsystemen. Aber das Wichtigste ist die menschliche Betreuung. Wir arbeiten eng mit den Begleitern zusammen und versuchen, jedem Gast das zu geben, was er oder sie braucht.
Wir erleben heute leider vielerorts eine Altersdiskriminierung: Anstatt die Weisheit zu hören, werden die Senioren als nicht mehr leistungsfähig abgestempelt. Doch gerade älteren Menschen können wir zeigen: Auch im hohen Alter, auch mit körperlichen Einschränkungen können sie Gott dienen und christliche Erholung finden. Manchmal ist es ein Vortrag bei einem Kaminabend, manchmal ein Gespräch auf der Terrasse, manchmal einfach das stille Vorbild beim Gebet in der Kapelle.
Was würden Sie Menschen raten, die in ihrem Alltag christliche Erholung suchen?
Man sollte Erholung nicht als Gegensatz zur Arbeit verstehen, unter dem Motto: Ich arbeite, damit ich endlich am Wochenende oder im Sommer frei habe. Das bringt nur neuen Freizeitstress. Es geht um eine gegenseitige Ergänzung. Für den hl. Josefmaria ist Abwechslung die wahre Erholung: Sie erneuert uns für die Rückkehr in den Alltag.
Unser Slogan lautet: „Haus Hardtberg, das unverwechselbare Tagungshaus in der Eifel. Sieben Tage der Woche sind Sonntag." Das ist unser Angebot an alle, die Erholung im christlichen Sinne suchen.
Haus Hardtberg auf einen Blick
Lage: Euskirchen-Kreuzweingarten, Nordrhein-Westfalen
Seit 1968 Tagungshaus des Opus Dei, 1995 Fertigstellung des heutigen Zustandes
Zimmer: 35 Einzelzimmer, davon 2 behindertengerecht ausgestattet
Gäste: Über 5.000 Übernachtungen jährlich
Ausstattung: Kapelle, Schwimmbad, Squash-/Fitnessraum, Bibliothek, mehrere Tagungsräume, weitläufige Gartenanlage
Besonderheit: Historische Villa Becker aus dem frühen 20. Jahrhundert, harmonisch ergänzt durch moderne Anbauten
Angebote: Besinnungstage, Sommerakademien, Familientage, Tagungen für Laien und Priester
Kontakt: www.haus-hardtberg.de