DER HEILIGE PAULUS erinnerte in seinen Briefen oft an die große Liebe Gottes: Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns? (...) Weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn (Röm 8,31.39). Paulus' Überzeugung, dass uns nichts von der göttlichen Liebe trennen kann, die in Jesus Christus Gestalt angenommen hat, beruhte darauf, dass er diese Liebe persönlich erfahren hatte. Das Vertrauen in Gott – wenn Gott für uns ist, wer soll dann gegen uns sein? – kommt aus der persönlichen Erkenntnis, dass Gott ein vorsorgender Schöpfer ist, der uns nie aus seiner Hand lässt: Seine Liebe reicht, soweit der Himmel ist, seine Treue bis zu den Wolken (vgl. Ps 36,6). Dieselbe innere Erfahrung ließ den heiligen Augustinus ausrufen: „Meine ganze Hoffnung ruht allein auf deiner großen Barmherzigkeit.“1
Auf ewig werde ich ihm meine Huld bewahren, mein Bund mit ihm ist verlässlich. Sein Haus lasse ich dauern für immer (Ps 89,29-30), versichert uns Gott im Psalm. Überraschenderweise findet sich diese Zusage Gottes ausgerechnet im Kontext des Berichts über die Untreue Judas: Das Königreich Juda verließ den Tempel, um den Götzen zu dienen – das auserwählte Volk bevorzugte menschliche Sicherheit, irdischen Triumph und Macht gegenüber dem, was gut und richtig ist. Am Ende wurde es von einer Armee besiegt, die viel schwächer war als die ihre – eine öffentliche Schande, die es auf sich nehmen musste.
Unsere Liebe zu Gott soll nicht vom persönlichen Erfolg oder vom Eintreten bestimmter Umstände in der Welt abhängen, in der wir leben. Christus sagte uns, wir sollten Gutes tun, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen (Mt 5,16). Zwar ist das Licht, das wir anbieten können, nur eine kleine Leuchtspur, ein feiner Hinweis, den Christus mit einem winzigen Samenkorn verglich, doch es ist das Samenkorn jenes liebenden Gottes, den wir alle suchen.
JESUS SAGT UNS: Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird zu dem einen halten und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon (Mt 6,24-25). Der Herr warnt uns vor der Möglichkeit, uns von der scheinbaren Macht des Geldes täuschen zu lassen, einer Macht, die uns glauben lässt, wir wären die Herren der Schöpfung und die Besitzer der Menschen. In Wirklichkeit würde uns der Mammon nur zu Sklaven unseres Egoismus machen und zu Herren über einige armselige Gegenstände, die uns noch dazu daran hinderten, Gottes große Liebe zu erkennen.
Wir bitten Gott, unseren Verstand zu erleuchten, um zu erkennen, wie wir uns in jeder Situation verhalten sollen – in der Arbeit, im Familienleben, bei unseren Freizeitbeschäftigungen oder Interessen –, damit alles in unserem Leben darauf gerichtet ist, uns von Gott lieben zu lassen. Manchmal kann uns unsere Sorge unbewusst dazu bringen, allzu sehr auf die Sicherheit irdischer Dinge zu setzen. Deshalb erinnert uns Jesus: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen oder trinken sollt, noch um euren Leib, was ihre anziehen sollt! (...) Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Spanne verlängern? (Mt 6,26-27).
Sogar diejenigen, die sich intensiv einer apostolischen Aufgabe widmen, können durch ein Übermaß an persönlichem Interesse das Ziel, für das sie arbeiten, aus den Augen verlieren. Der heilige Josefmaria pflegte in Bezug auf die körperschaftlichen Werke des Opus Dei zu sagen, dass der wirkliche, ausschlaggebende Erfolg oder Misserfolg dieser Arbeit „entscheidend davon abhängt, ob sowohl die Akteure wie auch die Nutznießer dieser Arbeit dort wirksam Hilfe und Ansporn finden oder nicht, um Gott mehr zu lieben, immer deutlicher zu erkennen, dass sie Brüder aller Menschen sind, und dies in einem selbstlosen Dienst an ihren Mitmenschen bezeugen.“2 Wir können nicht mehreren Herren dienen. Das christliche Leben besteht gewissermaßen in einer ständigen Läuterung, so dass es immer mehr auf Gott ausgerichtet ist und wir die irdischen Dinge durch ihn allein lieben.
ES IST UNLEUGBAR, dass es in der Welt auch das Böse gibt. Wenn deine Söhne meine Weisung verlassen, nicht mehr leben nach meiner Ordnung, spricht der Herr durch den Psalmisten, wenn sie meine Gesetze entweihen, meine Gebote nicht mehr halten, dann werde ich ihre Vergehen mit der Rute strafen und ihre Sünde mit Schlägen. Doch ich entziehe ihm nicht meine Huld und breche ihm nicht meine Treue (Ps 89,31-34). Die Erkenntnis Gottes, die wir durch den Glauben erlangt haben, führt uns dazu, stets darauf zu vertrauen, dass er uns nie verlässt. Papst Franziskus sagte: „Unsere Treue ist nichts anderes als eine Antwort auf die Treue Gottes – Gott, der treu zu seinem Wort und zu seiner Verheißung steht.“3
Und ein anderes Mal sagt er: „Die Übel unserer Welt – und die der Kirche – sollten niemals Entschuldigungen sein, um unseren Einsatz und unseren Eifer zu verringern: Betrachten wir sie als Herausforderungen, um dadurch zu wachsen. Zudem ist der Blick des Glaubens fähig, das Licht zu erkennen, das der Heilige Geist auch inmitten der Dunkelheit verbreitet. Und er vergisst nicht, dass, wo die Sünde mächtig wurde, die Gnade übergroß geworden ist (Röm 5,20).“4 Die Antwort des Glaubens besteht in einer optimistischen Haltung, da wir wissen, dass Gott der Herr der Welt ist, alle Macht hat und alles Böse im Überfluss des Guten überwunden werden kann.
Es gibt Umstände, die uns an unseren Fähigkeiten und unserer Veranlagung zweifeln lassen, und wir sind gut beraten, dies zu tun, denn jeder kennt seine persönlichen Schwächen. Es gibt jedoch keinen Anlass, an Gott zu zweifeln, an seinem mächtigen, aber diskreten Handeln und an seinen heiligen Plänen für jeden von uns. Die Apostel Petrus und Paulus ermutigen uns, in dieser Überzeugung fest zu stehen: „Der Glaube ist die Grundlage der Treue. Nicht ein eitles Vertrauen in unsere eigenen menschlichen Fähigkeiten, sondern Glauben an Gott, der das Fundament der Hoffnung ist (vgl. Hebr 11,1).“5 Der Herr sagt uns im Evangelium: Suchet vor allen Dingen das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit; alles andere wird euch zufallen (Mt 6,30). Maria war immer offen für das Wirken Gottes, denn sie war voller Gnade: Hierin lieg das Geheimnis der Überwindung des Bösen durch das Gute Gottes.
1 Hl. Augustinus, Bekenntnisse, Nr. 10.
2 Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 31.
3 Franziskus, Predigt, 15.4.1920.
4 Franziskus, Evangelii Gaudium, Nr. 84.
5 Msgr. Fernando Ocáriz, Hirtenbrief, 19.32022, Nr. 7.