Das Fronleichnamsfest ist ein Hochfest im Kirchenjahr der katholischen Kirche, mit dem die nach kirchlicher Lehre bleibende Gegenwart des als Sohn Gottes angesehenen Jesus Christus im Sakrament der Eucharistie gefeiert wird. Die Bezeichnung Fronleichnam leitet sich von mittelhochdeutsch vrône lîcham für ‚des Herrn Leib‘ ab, von vrôn, ‚was den Herrn betrifft‘ (siehe auch Fronarbeit) und lîcham (‚der Leib‘). Vielerorts wird der Gottesdienst zu Fronleichnam im Freien gefeiert. An die heilige Messe schließt sich in der Regel die Prozession an, bei der die Gläubigen die vom Priester oder Diakon getragene Monstranz mit dem Allerheiligsten in einem Festzug unter Gebet und Gesang durch die Straßen begleiten.
Päpstliche Entscheidung nach Blutwunder von Bolsena
Das Fest der leiblichen Gegenwart Christi in der Eucharistie wurde erstmals 1247 im Bistum Lüttich in der Basilika St. Martin gefeiert und 1264 von Papst Urban IV. durch die Bulle Transiturus de hoc mundo zum Fest der Gesamtkirche erhoben. Auslöser dieser Entscheidung war das Blutwunder von Bolsena, das von ihm im Jahre 1263 als echtes Wunder anerkannt worden war. Bei der Feier der Heiligen Messe entdeckte der Priester Peter von Prag Blutstropfen auf den geweihten Hostien. Seine bisherigen Zweifel am Dogma der Transsubstantiation, der Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Jesu Christi, wurden durch die blutenden Hostien ausgeräumt. Die Hostien wurden zu Papst Urban IV. gebracht, der daraufhin den zweiten Donnerstag nach Pfingsten als Datum für das Fest der Eucharistie festlegte. Bis sich das Fest überall verbreitet hatte, dauerte es allerdings noch bis ins 14. Jahrhundert. Die erste Fronleichnamsprozession fand in Köln statt.
Hl. Juliane von Lüttich: Vision von fehlendem Fest im Kirchenjahr
Die Anregung zu dem Fest geht auf die Initiative der heiligen Juliana von Lüttich zurück, einer Begine aus der Stadt Namur. Die Begine sah in einer Vision das Kirchenjahr in Gestalt eines Mondes, der einen dunklen Fleck aufwies. Diesen Fleck deutete sie als das Fehlen eines eigenen Festes für die Eucharistie. 1246 wandte sie sich mit ihrem Anliegen an den Lütticher Bischof Robert, der die Einführung des Eucharistiefestes befürwortete.
Die Fronleichnamsprozession entwickelt sich zum „freudigen Anlass“
Eine erste Sakramentsprozession an Fronleichnam gab es 1279 in der Kölner Pfarrei St. Gereon. Ihren Höhepunkt an festlicher Gestaltung erreichte die Fronleichnamsprozession im 17. und 18. Jahrhundert. In München wurden um 1600 in der Prozession von den Zünften 50 lebende Bilder dargestellt, bei denen 3000 Personen mitwirkten. Heute ist vielerorts die Messfeier zu Beginn auf einem öffentlichen Platz üblich, an dem sich die eucharistische Prozession mit Stationen nach örtlichem Brauch anschließt. Die Tradition des Schmückens des Prozessionsweges bringt eine „Freude an der Liturgie“ zum Ausdruck, das Empfinden einer „festlichen Prozession“ als ein „freudiger Anlass“. Mancherorts werden für die Segensstationen mobile, aber aus dauerhaften Materialien hergestellte und repräsentative Altäre aufgestellt, die als eine Abstellmöglichkeit für die Monstranz geschaffen wird, die mit Stoffen, Tüchern und Tischdecken repräsentativ gestaltet wird.
Während der Fronleichnamsprozession werden Lieder gesungen und Gebete gesprochen. Traditionell werden zur Prozession Litaneien und vor allem der Rosenkranz gebetet, und zwar im Wechsel von Vorbeter und Gemeinde. Zum Liedprogramm der Prozession gehören vor allem „Sakramentslieder“, die inhaltlich am „Lob und Preis des Altarssakraments“ und dem katholischen Eucharistieverständnis orientiert sind.
Eine ungetrübte Nachfeier des Gründonnerstags
Fronleichnam steht in enger Verbindung zum Gründonnerstag. An Fronleichnam, liturgisch das „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“ genannt, feiert die katholische Kirche die Einsetzung der Eucharistie, also der Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Jesu. Am Gründonnerstag setzt Jesus Christus die Eucharistie ein, wenn er seinen Leib und sein Blut als Brot und Wein zur Speise gibt. Dieses Zeichen im Sakrament der Eucharistie ist ein sehr großes Zeichen der Nähe Gottes. Das müsste man eigentlich festlich feiern. Die Stille der Karwoche passt aber nicht zu feierlichen Gottesdiensten und Prozessionen. Darum wird das Ereignis an Fronleichnam nachgefeiert.
Gerade die Fronleichnamsprozession versinnbildlicht gelebtes Christentum. Zum Ende des Osterfestkreises symbolisiert sie den christlichen Lebensvollzug, das gläubige „Wallen“, das Ziehen durch die Zeit, dem ewigen Vater entgegen. Es ist die Heimkehr der Kinder Gottes in das Himmlische Jerusalem. Sie tragen das Allerheiligste in die Welt, um zu zeigen: Gott ist nicht nur in den Kirchengebäuden zu Hause, sondern überall in den Herzen der Menschen und in seiner gesamten Schöpfung. Mit der Verehrung der Eucharistie zu Fronleichnam bitten die Gläubigen um Kraft aus dem Glauben für ihren Alltag.
Von Prof. Dr. Stephan Patt