Währing: Trends in Film und Fernsehen

Welches Bild von Frau und Familie wird im Fernsehen vermittelt? Wie hängen Gewalt im Fernsehen und in der Realität zusammen? Welche Bedeutung hat Kunst für den Menschen? Mit diesen Fragen beschäftigten sich rund 40 Studentinnen aus 3 Ländern auf der Mitteleuropäischen Studententagung im Studentinnenheim Währing, Wien, vom 9.-11. März 2007.

„Die Normalität im Fernsehen ist ein Leben ohne Kinder“, lautet das Ergebnis einer umfassenden Studie des deutschen Adolf Grimme Instituts (2006). Am Bildschirm gibt es heute doppelt so viel Singles und dreimal so viel Alleinerziehende wie in der Realität, die Geburtenrate in Fernsehserien ist zweimal niedriger als in der Wirklichkeit. In ihrem Einführungsvortrag unter dem Titel „Fernsehwelten als kultureller Kompass: wohin soll die Reise gehen?“ betonte die Publizistin Susanne Kummer: „Medien sind Kulturträger Nummer Eins“. Ihre normative Kraft sei nicht zu unterschätzen. Anhand aktueller Beispiele zeigte Kummer auf, wie sich im Laufe der vergangenen 30 Jahre das Frauen- und Familienbild, das im Fernsehen transportiert wird, gewandelt hat: von der ‚Drei Generationen unter einem Dach’-Familien-Serie der „Waltons“ in den 70er Jahren bis hin zur alleinstehenden, erfolgreichen und kinderlosen Kommissarheldin der Gegenwart. Als kulturvermittelnde Instanz sei es auch Aufgabe der Medienproduzenten, auf schöpferische Weise das reale Leben der Menschen – etwa einen normalen Alltag mit Kindern – darzustellen und jene Werthaltungen zu vermitteln, die letztlich für das Überleben von Demokratien notwendig seien, betonte Kummer.

Daran knüpften die Arbeitsgruppen der Studentinnen aus Bratislava, Budapest und Wien an. Sie stellten unter anderem eine Analyse der Rollenbilder in ungarischen Soap-Operas vor. Ein weiterer Beitrag behandelte die gesundheitlichen Auswirkungen des Fernsehkonsums auf Kinder. Esther Gaytan, Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Navarra, lehrte die Teilnehmerinnen einen Kinofilm „mit anderen Augen“ zu sehen und vermittelte anhand zahlreicher Filmbeispiele filmtechnische Raffinessen.

Dass Film und Fernsehen schon von seinen Anfängen her mehr auf das Exotische und Spektakuläre ausgerichtet war als auf das Normale, zeigte ein Besuch im Film Archiv Austria. Anhand von rund 100 Jahre alten Archiv-Aufnahmen erklärte der Medienwissenschaftler Thomas Ballhausen, welchen Einfluss der Propaganda-Film bereits im Ersten Weltkrieg hatte.

Abendlicher Höhepunkt der Tagung war ein Kamingespräch zum Thema „Die Freiheit der Kunst und ihre Grenzen“ mit Schauspieler Michael König. König wies darauf hin, dass in der Kunst ursprünglich „Sinn“ und „Wort“ (Logos) noch verbunden waren, diese Verbindung aber nach und nach auseinandergerissen wurde. Kunst ohne Sinn könne aber die Sehnsucht nach der Wahrheit, nach dem, was den Menschen letztlich übersteigt, nicht mehr erfüllen. Die aktuelle Tendenz des Dekonstruktivismus und der „langweiligen“ Beliebigkeit der Kunst hält König für überwindbar durch eine „Rehabilitierung der Person“. „Das Drama des Menschen als Person, die Spannung zwischen dem, was er sein soll und was er ist, zwischen dem, was er will und dem, was mit ihm geschieht“ sei der Gegenstand der Kunst. Ein echtes Kunstwerk treffe den Menschen im Tiefsten. Sie bringe ihn aus seiner „selbstgestrickten Welt“ in Berührung mit etwas, das ihn übersteigt. Und genau deshalb brauche der Mensch die Kunst: „Das poetische Offenbarwerden des tiefsten Sinns unserer Wirklichkeit ist unverzichtbar für den Menschen“, betonte König.

Studentinnenheim & Kulturzentrum Währing