The Launch
Dass die Gesellschaft immer mehr von den Ideen der Postmoderne geprägt wird, war für die Teilnehmer am NBA-Workshop keine Frage, wohl aber die Wahrheitsabwesenheit, die dieses Denken laut der Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkowitz postuliere, und wie Christen damit umgehen sollen. Der eintägige Workshop am 31. Mai 2008 stand im Zeichen einer unvoreingenommenen und differenzierten Auseinandersetzung und zeigte christliche Perspektiven auf, auch auf Grund von Grenzgängen namhafter zeitgenössischer Philosophen.
Postmoderne vs. Christentum?
Unter den vielen Begriffen, die in Literaturkritik und Philosophie die Signatur der Zeit ins rechte Licht rücken sollten, habe der Begriff Postmoderne gezündet, erläuterte Workshop-Referent Christoph Tölg; denn in den westlichen Gesellschaften des ausgehenden 20. Jahrhunderts sei eine neue, durchwegs plurale Situation entstanden. Bis heute werde freilich diskutiert, ob unter Postmoderne eine Überwindung oder Radikalisierung der Moderne zu verstehen sei. Diese Beurteilung sei auch aus christlicher Sicht relevant, da die Moderne primär in einem ablehnenden Verhältnis zum Christentum stand. Derzeit könne man aber eher den Eindruck gewinnen, dass sich für Christen eine Chance im postmodernen Ambiente eröffnet habe.
Rookies der Postmoderne
Vor allem die leidvollen Erfahrungen von Kommunismus und Nationalsozialismus bewirkten, den Absolutheitsanspruch der Moderne in Frage zu stellen und stattdessen die Unangleichbarkeit relativer Systeme zu befürworten. Jean-François Lyotard nannte dies 1979 in „La condition postmoderne“ mit sprachphilosophischem Tiefsinn den Ersatz der Meta-Erzählungen durch die kleinen Erzählungen. Jacques Derrida entwickelte dazu aus der Textinterpretation die kongeniale Methode der Dekonstruktion, die in der Folge immer mehr zu einer Wirklichkeitsinterpretation wurde: im gesellschaftlichen, künstlerischen, anthropologischen Bereich.
Comeback
In den Arbeitsgruppen des NBA-Workshops kamen verschiedene Aspekte und Auswirkungen der Postmoderne zur Sprache, wie das Prinzip der Doppelcodierung in der postmodernen (Wiener) Architektur oder die Frage des radikalen Pluralismus, die für die Verhältnisbestimmung von Postmoderne und Christentum von grundlegender Bedeutung ist. Einiges Licht ergab sich dazu aus den Vorarbeiten Karol Wojtylas und Joseph Ratzingers über die Beziehung von Wahrheit und Freiheit, die sozusagen nicht als Serie, sondern Interferenz aufzufassen sei. Es gehe nicht um Aufhebung, sondern Information der Freiheit durch die Wahrheit. Ein durch und durch selbstbestimmter, aber doch inhaltlich qualifizierter Pluralismus komme damit in Sicht, der die spannende Frage nach den überindividuellen Verbindlichkeiten erst sinnvoll mache. To be continued.