Familiäre Atmosphäre braucht Kopf, Herz und Hände

In den Zentren des Opus Dei können sich Bewohner und Gäste vom ersten Augenblick an wohl fühlen. Wir sprachen mit Ursula Sibrawa, der Leiterin der Wirtschaftsverwaltung des Studentinnenheims Währing in Wien, über ihre Sicht der Haushaltsarbeit.

Wie haben Sie das Opus Dei kennen gelernt?

Meine erste Bekanntschaft mit dem Opus Dei habe ich durch meine Lateinlehrerin gemacht. An der Person und am Verhalten jener Lehrerin bemerkte ich eine Freude und Tiefe, die mich stutzig machte. Ich wollte gerne wissen, woher das stammt. Sie lud mich und meine Mitschülerinnen dann zu verschiedenen Veranstaltungen in das Studentinnenheim ein, in dem ich heute arbeite. Bald hatte ich Gelegenheit zu erfahren, dass hinter ihrer Freude eine volle Hingabe an Gott stand, die sie rundum glücklich machte.

Was hat Sie denn am Opus Dei angezogen?

In den Personen, von denen ich meine ersten Eindrücke über das Opus Dei gewinnen konnte, sah ich gleichermaßen Lebensfreude, Ausgeglichenheit, Optimismus und eine liebevolle Zuwendung. Das fand ich sehr anziehend und weckte in mir den Wunsch, auch glücklich zu werden und mich ebenso ganz auf Gott einzulassen.

Was hat Sie bewogen, Ihren Beruf zu wechseln?

Ich hatte ein Studium für das Lehramt an höheren Schulen abgeschlossen und auch kurz an solchen unterrichtet. Die Arbeit in der Schule hat mir viel Freude bereitet; ich kann die verschiedenen Fertigkeiten, die dafür notwendig waren, auch jetzt noch gut gebrauchen. Was mich bewogen hat, beruflich in den Großhaushalt beziehungsweise in die Gastronomie zu wechseln, war eigentlich das Beispiel anderer, meiner jetzigen Kolleginnen. Ich bemerkte, wie sie für uns, die wir damals Gäste des Hauses waren, mit sichtbarer Freude sorgten. Für diese Menschen war ihre Arbeit mehr als eine bloße Pflichterfüllung. Sie dienten anderen Menschen, und das gerne! Wir als Gäste fühlten uns durch diese Dienstleistung sehr gut behandelt, mehr noch: als Menschen wichtig genommen. Dadurch wurde mir klar, dass diese Arbeit einen sehr weitreichenden Sinn hat und dass ich mit dieser Tätigkeit, die mich sehr anzog, etwas ebenso Wertvolles bewirken kann wie durch meine Arbeit als Lehrerin. Seit diesem Zeitpunkt arbeite ich in diesem Beruf.

Ist die Haushaltsarbeit nach Ihrer Meinung eine Arbeit mit Zukunft? 

Auf jeden Fall! Die Familie ist trotz gewisser Zerfallserscheinungen, die wir feststellen müssen, absolut unersetzlich. Es ist letztlich gleich, ob die Familie eine „normale“ kleine Familie oder ein Großhaushalt wie ein Studentinnenheim ist. Worum es geht, ist, Menschen ein Zuhause zu bieten, dafür zu sorgen, dass jemand Sicherheit und Zuwendung erfährt. Dazu ist materielle Dienstleistung notwendig. Diese darf man nicht geringschätzen und abtun, als wäre sie nur etwas für Untalentierte. Es gibt weltweit viele Bestrebungen, den Wert des Haushalts wieder hervorzuheben. Zum Beispiel wurde vor wenigen Jahren in Großbritannien die „Home Renaissance Foundation“ ins Leben gerufen, die sich auf diesem Gebiet sehr einsetzt. Es beginnt bereits mit der Förderung von gemeinsamen Mahlzeiten in der Familie. Das handhaben wir im Studentenheim natürlich genauso.

Sie sorgen für das Wohlbefinden von rund vierzig Personen im Studentinnenheim Währing. Nach welchen Grundsätzen orientieren Sie Ihre tägliche Arbeit?

Zuerst einmal nach der bereits angesprochenen Devise, dass es bei unserer Arbeit um einen Dienst mit Freude gehen soll. Vor einigen Jahren wurde bei einer Fortbildungstagung der Unterschied zwischen Dienstleistung und Dienstgesinnung angesprochen. 

Dieser Gedanke hat mir sehr gefallen, ich wiederhole ihn gerne. Dienstgesinnung beinhaltet eine bewusste Wertschätzung des konkreten Menschen, für den ich arbeite und dem ich mittels meiner Arbeit Gutes tun will. Dabei geht es nicht nur um das rein physische Wohlbefinden, das man durch eine gute Arbeit in der Küche und ein angenehm hergerichtetes Speisezimmer zu ermöglichen hofft. Die Arbeit im Haushalt, sei er groß oder klein, vermittelt dem Empfänger, dass da jemand an ihn denkt und sich für ihn müht! Das sollte in der Familie so gehandhabt werden, und im Studentinnenheim richten wir unsere Arbeit auch nach diesem Gesichtspunkt aus.

All das führt dann zu ganz konkreten, handfesten Arbeitsprinzipien: Die Bedürfnisse der Menschen kommen zuerst – damit sind die Bedürfnisse der Mitarbeiter genauso gemeint wie die der Heimbewohner oder Gäste; die vorgesehenen Qualitätsstandards müssen eingehalten werden; die Arbeit soll möglichst effizient geplant und durchgeführt werden; wir müssen alle auftretenden Mängel und Engpässe gemeinsam meistern; und ich möchte für alle und alles erreichbar sein, ohne mich aus der Ruhe bringen zu lassen …

Wahrscheinlich hat jede Hausfrau und Mutter ähnliche Gedankengänge.

Sie arbeiten auch mit Lehrlingen. Was wollen Sie den Lehrlingen in erster Linie mitgeben?

Wir bemühen uns sehr um die Vermittlung von Schlüssel­qualifi-kationen, den sogenannten soft skills. Das bedeutet, die jungen Menschen nicht nur in ihrem Fachgebiet auszubilden, sondern auch ihre Fähigkeiten als Mensch und Teammitglied zu entfalten und zu fördern. Dieser Bereich ist uns als Lehrbetrieb sehr wichtig, wir möchten ihn in den nächsten Jahren weiter ausbauen.

Der Hausfrauen-Alltag hat den Ruf, eintönig und zuweilen frustrierend zu sein. Ist das gelegentlich auch Ihre Erfahrung?

Sehr selten! Dazu ist mein Arbeitsalltag zu abwechslungsreich. Man darf allerdings nicht mit dem Gedanken spielen, die Wirksamkeit oder ein erfülltes Arbeitslebens sei mit Karriere gleichzusetzen. Dann wäre der Haushalt frustrierend. Wenn man die Wirksamkeit im Glück seiner Mitmenschen finden kann, ist man sehr zufrieden.

Welchen Einfluss hat die Botschaft des heiligen Josefmaria auf Ihre Arbeit? 

Der heilige Josefmaria hat unermüdlich darauf hingewiesen, dass ein konsequentes christliches Leben eigentlich gar nicht möglich ist ohne die beständige Bemühung, aus dem normalen Alltag mit allem, was er mit sich bringt, einen unmittelbaren Weg zu Gott zu machen. Natürlich beeinflusst mich dieser Gedanke sehr. Ich finde es faszinierend, dass man als absolut gewöhnlicher Mensch das Leben Christi nachleben kann, eben weil Christus, dreißig Jahre unser so gewöhnliches Leben geteilt hat. Der heilige Josefmaria hat diesen Gedanken oft weitergegeben, er kann eine freudige Entdeckung für viele Menschen sein.