Botschaft des Prälaten (16. Oktober 2025)

Der Prälat ermutigt, die Berufung mit Dankbarkeit und Treue zu leben – im Geist des Opus Dei, mit Liebe und Kreativität.

Meine Lieben, Jesus behüte meine Töchter und Söhne!

Am 2. dieses Monats haben wir den Jahrestag der Gründung des Werkes gefeiert und am 6. den Jahrestag der Heiligsprechung des heiligen Josefmaria. Beide Daten laden uns ein, in Dankbarkeit gegenüber Gott über die Wirklichkeit unserer Berufung zum Opus Dei nachzudenken. Damit verbunden ist die persönliche, erfüllende Verantwortung, uns zu bemühen, das Werk im Dienst der Kirche zu verwirklichen und umzusetzen.

Viele von euch werden sich an diese Worte unseres Vaters erinnern: „So wie die Identität einer Person in den verschiedenen Phasen ihres Heranwachsens – Kindheit, Jugend, Reife – bestehen bleibt, so gibt es auch in unserer Entwicklung eine Evolution: Sonst wären wir tote Materie. Der Kern, das Wesen, der Geist bleiben unverändert, aber die Art und Weise, wie wir uns ausdrücken und handeln, entwickelt sich weiter – und ist immer alt und immer neu, immer heilig“ (Brief 27, Nr. 56).

Gerade im persönlichen Apostolat, aber auch in unserem Bemühen, das Berufsleben und das soziale Miteinander christlich zu gestalten, sind persönliche Kreativität und Initiative gefragt. Dies zeigen wir in der Art und Weise, wie wir uns ausdrücken und handeln. Zugleich wollen wir den Übungen von Gebet und Apostolat treu bleiben, wie sie uns der heilige Josefmaria übermittelt hat.

Wenn unser Vater schreibt, dass „sich die Art und Weise, wie wir uns ausdrücken und handeln, weiterentwickelt“, erkennen wir darin eine Wirklichkeit, die es seit Bestehen des Werkes immer gegeben hat und weiterhin gibt. Dafür lassen sich zahlreiche Beispiele anführen. Doch der Geist und Inhalt der Normen des geistlichen Lebens und der diversen Traditionen in der Familie des Werkes bleiben unverändert.

Natürlich hat nicht alles das gleiche Gewicht: In unserem Geist gibt es wesentliche Elemente des christlichen Lebens – an erster Stelle die Eucharistie – und daneben viele kleine Formen. Man könnte meinen, dass unser Vater als Gründer auf diese Kleinigkeiten hätte verzichten oder sie durch andere ersetzen können, ohne den Geist zu berühren. Dennoch wissen wir, dass auch diese kleinen Elemente, wenn sie mit Liebe gelebt werden, großen Wert erlangen. Sie tragen außerdem dazu bei, eine Familientradition zu schaffen und zu wahren, die in ihrer Gesamtheit ein weiteres Element unserer Einheit bildet – der gegenwärtigen Einheit und der lebendigen Einheit mit dem Ursprung.

In diesem Zusammenhang und ungeachtet der Unterschiede erinnere ich mich an einige Worte von Benedikt XVI. über die Weltkirche: „Die Tradition ist der lebendige Fluss, der uns mit den Ursprüngen verbindet, der lebendige Fluss, in dem die Ursprünge stets gegenwärtig sind“ (Audienz, 26.4.2006).

Mitunter kann sich in der Erfüllung von Gebetsnormen und Gewohnheiten sowie dem Empfang der Bildungsangebote die Versuchung der Routine einstellen. Wenn wir aber versuchen, all dies mit Liebe zu tun, wird es keine Routine und keine Gewöhnung geben: Die Liebe erneuert alles (vgl. Offb 21,5). Wie Papst Leo XIV. uns kürzlich in Erinnerung rief, ist die Liebe „vor allem eine Art Lebenskonzept, eine Lebensweise“ (Dilexi te, Nr. 120). Jeder Tag hat dann einen neuen Glanz, und wir können die Schönheit unseres Geistes neu entdecken.

Darum ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass wir nicht nur einem Ding – unserem Lebensplan im Opus Dei – treu sein wollen, sondern vor allem jemandem: Jesus Christus – und mit ihm und in ihm unseren Brüdern und Schwestern sowie der ganzen Welt. Wir können die Ermahnung unseres Vaters auch aus dieser Perspektive verstehen: „Seid treu, Kinder meiner Seele, seid treu! Ihr seid die Kontinuität“ (Im Dialog mit dem Herrn, Nr. 79).

Das Werk liegt in unseren Händen. Es ist ein Erbe, ein Schatz, den wir mit Gottes Gnade und mit Freude fruchtbar machen und weitergeben dürfen – trotz unserer persönlichen Grenzen und Fehler. Und dabei lassen wir uns auch nicht von allerlei Schwierigkeiten entmutigen, die zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten auftreten können.

In diesen entscheidenden Momenten für den Weltfrieden wollen wir weiterhin eng mit der Person und den Anliegen des Papstes vereint bleiben.

Mit aller Liebe segnet euch

Euer Vater

Rom, den 16. Oktober 2025