Betrachtungstext: 2. Sonntag des heiligen Josef

Heiliger Josef, geliebter Vater – Modellvater – Schutzpatron der Familie

DAS GEBET Jesu in Getsemani offenbart die Nähe und Macht Gottes: Abba, Vater, alles ist dir möglich (Mk 14,36). Sicherlich hat Jesus Jahre zuvor Josef, seinen irdischen Vater, mit denselben Worten angesprochen hat: Abba, Papa. Deshalb ist der Patriarch, ein Mensch wie wir, gewissermaßen ein Sinnbild für die Vaterschaft Gottes. Dieses Verständnis hat sich über die Jahrhunderte hinweg in der Volksfrömmigkeit wie auch in der Kunst niedergeschlagen, die den heiligen Josef oft mit einem Antlitz darstellt, das an Gott Vater erinnert.

Als Gott für Jesus einen irdischen Vater erwählte, entschied er sich – ähnlich wie bei Maria – für einen außergewöhnlichen und gerechten Mann, dessen Heiligkeit anziehend wirkte und dessen Gegenwart Frieden ausstrahlte. Der heilige Josefmaria schrieb über ihn: „Die Heilige Schrift berichtet nur wenig über den heiligen Josef. Er scheint sich darum bemüht zu haben, verborgen zu bleiben, und der Herr schenkte ihm diese wunderschöne Tugend (...). In der Heiligkeit, da bin ich mir sicher, kommt Josef gleich nach Maria. Er war mit herrlichen Tugenden ausgestattet – gewinnend und zugleich von starkem, festem und sanftmütigem Charakter.“1

In der Genealogie Jesu Christi, wie sie das Matthäus-Evangelium schildert, bildet ganz offensichtlich die Vaterschaft den roten Faden zwischen den Generationen: Abraham zeugte Isaak, Isaak zeugte Jakob usw. Nach Josef, dem letzten Glied, wird diese Abfolge jedoch durchbrochen. Hier heißt es: Jakob zeugte den Josef, den Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus genannt wird (Mt 1,16). Josef wird nicht als Vater bezeichnet, weil er Jesus gezeugt hat, sondern weil er der Mann Marias und – erst in weiterer Folge – der Nährvater Jesu war. Das Fundament von Josefs Vaterschaft ist die Ehe in all ihrer Schönheit und Größe. Auf diesem Weg „wurde der heilige Josef zu einem Vater, der von den Christen seit jeher geliebt wird“ (Papst Franziskus, Patris corde2).


JOSEF, SOHN DAVIDS, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben (Mt 1,20). In dieser Botschaft des Engels an den träumenden Josef fallen drei wichtige Aspekte auf: Erstens der persönliche Charakter der göttlichen Auserwählung, der sich in der direkten Ansprache durch die Namen Josef und Maria zeigt. Zweitens die ausdrückliche Bestätigung der Beziehung zwischen ihnen: Maria wird seine Frau sein. Und drittens die Verantwortung, die Gott Josef überträgt: Josef soll – wie es einem Vater gebührt – dem Kind den Namen geben. Im Leben von Maria und Josef ist alles auf Jesus bezogen und ausgerichtet. Ihre eheliche Liebe zeigt sich darin, dass sie gemeinsam auf den Sohn blicken, um so, als Vater und Mutter, am Werk der Erlösung teilzuhaben. Dabei stellen sie keinen Einzelfall dar – so wie sie leben die allermeisten Christen ihren Glauben in der Ehe. Und diese ist eine Berufung, ein Weg, um auf Jesus Christus hinzuschauen und ihm näherzukommen.

Einmal fragte eine Witwe den heiligen Josefmaria, wie sie die Leere füllen könne, die ihr verstorbener Mann hinterlassen hatte. Er riet ihr: „Sei dem heiligen Josef sehr zugetan. Er hat die Familie von Nazaret vorangebracht, und er wird auch die deine voranbringen. Leg dir ein kleines Bild des heiligen Josef zu, verehre ihn und zünde ihm von Zeit zu Zeit eine Kerze an – so, wie es unsere Mütter und Großmütter getan haben. Alle bewährten Andachten sind aktuell, es gibt keine, die nicht aktuell wäre.“3 Schon viel früher hatte die heilige Teresa von Avila eine tiefe Verehrung für den heiligen Josef und empfahl allen, sich ihm vorbehaltlos anzuvertrauen: „Ich möchte alle ermutigen, sich diesem glorreichen Heiligen anzuvertrauen, denn ich habe unzählige Male erfahren, wie viel Gutes er von Gott erlangt.“4

Der heilige Josef, der den Jesusknaben in den Umgang mit anderen Menschen einführte, der ihm vorzeigte, wie man gute Arbeit macht, und ihn samstags in die Synagoge mitnahm, damit er die Schriftlesung hörte, kann eine Stütze für alle Familien und jeden Gläubigen sein. Papst Franziskus betont seine Vorbildrolle: „Die Sendung des heiligen Josef ist gewiss einzigartig und unwiederholbar, weil Jesus absolut einzigartig ist. Dennoch ist er als Beschützer Jesu, der ihn erzieht und an Alter, Weisheit und Gnade wachsen lässt, das Vorbild des Erziehers und Vaters.“5


DER HEILIGE JOSEF nahm eine einzigartige und unersetzliche Rolle im Gefüge der Heiligen Familie ein. Papst Franziskus lädt uns dazu ein, darüber nachzudenken: „Die Inkarnation des Wortes in einer menschlichen Familie in Nazaret erschüttert mit ihrer Neuheit die Weltgeschichte. Wir müssen uns in das Geheimnis der Geburt Jesu vertiefen – in das ,Ja‘ Marias bei der Verkündigung des Engels, als das Wort in ihrem Schoß aufkeimte, und auch in das ,Ja‘ Josefs, der ihm den Namen Jesus gab und sich um Maria kümmerte.“6 Durch seine besondere Berufung, die Familie Jesu zu gründen, lernt Josef, Vater zu sein, und wirkt an der Vorbereitung Jesu auf seine Sendung mit. Gleichzeitig steht er seiner Frau treu zur Seite und unterstützt sie in ihrer Aufgabe als Mutter Gottes. Daher ist er auch der Schutzpatron für die Entstehung und Entwicklung unserer Familien.

Papst Benedikt beschreibt die Familie als „eine Gnade Gottes, die durchscheinen lässt, was Gott selbst ist: Liebe – eine vollkommen unentgeltliche Liebe, die die grenzenlose Treue trägt, selbst in den Momenten der Schwierigkeit und Entmutigung.“7 Der heilige Johannes Paul II. betonte, dass die Zukunft der Menschheit in der Familie liegt. Denn hier wird im Allgemeinen die Basis für ein glückliches Leben gelegt – auch wenn Gott für jeden Menschen seinen eigenen Weg bereithält. Deshalb wenden wir uns besonders an den heiligen Josef, den Schutzpatron der Familie, damit er uns hilft, die Schönheit des Familienlebens nach dem Vorbild von Nazaret zu leben und zu bezeugen.

Papst Franziskus verweist auf einen zentralen Aspekt jeder Eheschließung hin: „Wir dürfen keine Angst haben, Jesus zur Hochzeitsfeier einzuladen, ihn in unser Zuhause einzuladen, damit er bei uns ist und die Familie beschützt. (...) Wenn Christen ,im Herrn‘ heiraten, werden sie zu einem wirksamen Zeichen der Liebe Gottes. Christen heiraten nicht nur für sich selbst, sondern auch zugunsten der ganzen Gemeinschaft, der gesamten Gesellschaft.“8 Zum heiligen Josef, dem Gemahl der seligen Jungfrau Maria, beten wir täglich mit der Bitte: Gott hat dich zum Vater und Herrn seines ganzen Hauses gemacht – bitte für uns!


1 Hl. Josefmaria, Notizen von einem Familientreffen, 10.7.1974.

2 Franziskus, Apostol. Schreiben Patris corde, Nr. 1.

3 Hl. Josefmaria, Notizen von einem Familientreffen, 26.6.1974.

4 Hl. Teresa von Jesus, Buch des Lebens, 6, 7.

5 Franziskus, Audienz, 19.3.2014.

6 Franziskus, Apostol. Schreiben Amoris laetitia, Nr. 65.

7 Benedikt XVI., Angelus-Gebet, 28.12.2008.

8 Franziskus, Audienz, 29.4.2015.