WIR HABEN gestern den Laetare-Sonntag gefeiert – einen Tag der Freude mitten in der Fastenzeit, als Vorgeschmack auf die Freude von Ostern. In der heutigen Lesung aus dem Buch Jesaja hören wir darüber hinaus eine gewaltige Verheißung Gottes: Ja, siehe, ich erschaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde. Man wird nicht mehr an das Frühere denken, es kommt niemand mehr in den Sinn. Vielmehr jubelt und jauchzt ohne Ende über das, was ich erschaffe! Denn siehe, ich erschaffe Jerusalem zum Jauchzen und sein Volk zum Jubel. Ich werde über Jerusalem jubeln und frohlocken über mein Volk. Nicht mehr hört man dort lautes Weinen und Klagegeschrei (Jes 65,17-19). Gott ruft zur Freude – und freut sich selbst. Schon in der Schöpfung leuchtet diese Freude auf: Als er das Werk seiner Hände betrachtet, stellt er fest, dass es sehr gut ist (Gen 1,31). Der Schöpfer blickt mit Liebe und Hoffnung auf die Welt, die er für uns bereitet hat – und auf das Leben seiner Kinder, das sich darin entfalten soll.
Auch wenn auf die anfängliche Harmonie sehr schnell der Bruch folgte – die Sünde und die Strafe –, wandte sich Gott nicht ab, sondern legte seine ganze Liebe weiterhin in jeden einzelnen Menschen. Jeder von uns ist ein wundervolles, einzigartiges Projekt Gottes und eine Freude Gottes. Papst Franziskus hat es einmal so ausgedrückt: „Gott denkt an jeden Einzelnen von uns, er liebt uns, er träumt von uns, er träumt von der Freude, die er gemeinsam mit uns genießen wird. Und gerade deshalb wollte der Herr uns neu schaffen, unser Herz neu machen (...) – um der Freude zum Sieg zu verhelfen.“1 Der heilige Josefmaria staunte immer wieder über die Worte beim Propheten Jesaja, in denen Gott bekräftigt, dass wir ein göttliches Projekt sind: Ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir! (Jes 43,1). Und er bekannte: „Gott sagt mir, dass ich sein bin! Müsste man nicht vor Liebe verrückt werden?“2
UND SELBST DER Psalmist stimmt in den Lobgesang ein: Ich will dich erheben, Herr, denn du zogst mich herauf und ließest nicht zu, dass meine Feinde sich über mich freuen. Herr, du hast meine Seele heraufsteigen lassen aus der Totenwelt, hast mich am Leben erhalten, sodass ich nicht in die Grube hinabstieg (Ps 30,2.4). Es ist die Erfahrung des Menschen, der gerettet wurde – aus Krankheit, Dunkelheit, aus innerer Leere. Er spürt, dass Gott in dunklen Stunden nicht fern ist, sondern eingreift: nicht immer sofort, nicht immer so, wie wir es erwarten, aber immer mit einem Herzen voll Barmherzigkeit. Auch wenn es manchmal scheint, als ob Gott sich zurückgezogen hätte und nicht erreichbar wäre, dauert sein Zorn nur einen Augenblick, seine Güte hingegen ein Leben lang. Wenn man am Abend auch weint, am Morgen herrscht wieder Jubel (v. 6). Wir müssen vertrauen – Gott wird immer treu sein. So ließ er uns auch durch den Propheten Jesaja sagen: Nur für eine kleine Weile habe ich dich verlassen, doch mit großem Erbarmen werde ich dich sammeln. Einen Augenblick nur verbarg ich vor dir mein Gesicht in aufwallendem Zorn; aber in ewiger Huld habe ich mich deiner erbarmt, spricht dein Erlöser, der Herr (Jes 54,7-8).
Der Psalmist gesteht, dass in Zeiten des Wohlergehens die menschliche Versuchung groß ist, selbstsicher zu werden und zu meinen, auf eigenen Füßen zu stehen: Im sicheren Glück dachte ich einst: Ich werde niemals wanken (v. 7). Alles scheint selbstverständlich. Herr, in deiner Güte hast du meinen Berg gefestigt (v. 8). Doch lassen uns persönliche oder familiäre Krisen, Krankheit und Schwäche mit neuer Tiefe verstehen, wie wichtig die Gemeinschaft mit Gott und den anderen in unserem Leben ist. Der heilige Josefmaria tröstete einen Bedrückten einmal mit diesen Worten: „Nimm nur ein wenig von diesem Kreuz, nur einen kleinen Span davon, auf deine Schulter. Und sollte dir nicht einmal das gelingen ..., dann lass es ganz auf Jesu starken Schultern. Und sprich schon jetzt mit mir: Herr, mein Gott, in deine Hände lege ich das Vergangene, das Gegenwärtige und das Zukünftige, das Kleine und das Große, das Wenige und das Viele, das Zeitliche und das Ewige. Und dann sei ganz beruhigt.“3
JESUS befand sich in Kana in Galiläa, als ein hoher königlicher Beamter zu ihm kam – verzweifelt, erschöpft, aber entschlossen. Sein Sohn lag im Sterben. Der Glaube des Mannes war noch zaghaft, seine Hoffnung schwach. Doch die Liebe eines Vaters kennt keine Grenzen. Und so hatte er sich auf den über dreißig Kilometer langen Weg von Kafarnaum nach Kana gemacht, um jenen Meister zu finden, von dem man ihm erzählt hatte, dass er Zeichen wirkte wie nie ein Mensch zuvor.
Jesus ging anfangs gar nicht auf seine Bitte ein, sondern beklagte vielmehr den Unglauben der Menge, die immer nur Zeichen und Wunder forderte, aber nicht bereit war, sein Wort anzunehmen oder sich zu bekehren. Der Mann ließ sich nicht beirren, wiederholte seine Bitte und begann ringend, allmählich und wirklich zu glauben. Als Jesus dann das entscheidende Wort sprach: Geh, dein Sohn lebt!, glaubte er und machte sich unverzüglich auf den Heimweg (vgl. Joh 4,50). Noch bevor er Kafarnaum erreichte, eilten ihm seine Diener entgegen: Sein Sohn lebt! Genau zu jener Stunde hatte sich der Zustand des Kindes gewendet, in der Jesus gesprochen hatte. Der Evangelist schließt: Und er wurde gläubig mit seinem ganzen Haus (Joh 4,53).
So handelt Gott: Er heilt, er erlöst, er schenkt neues Leben – auch heute. Wie damals den Sohn des Beamten, so will er auch uns befreien: von dem, was uns innerlich krank macht, von dem, was uns bindet, lähmt oder in der Schuld gefangen hält. Und er verlangt dasselbe wie damals: Glauben. Papst Franziskus hat diesen Glauben als Raum beschrieben, den wir Gott eröffnen in unseren Herzen: „Der Glaube besteht darin, dieser Liebe Gottes Platz einzuräumen; er besteht darin, für die Stärke, die Macht Gottes Platz zu schaffen, die Macht dessen, der mich liebt, der in mich verliebt ist und der sich mit mir freuen will. Das ist Glaube. Das heißt glauben: es heißt, Platz für den Herrn zu schaffen, damit er kommt und mich verändert.“4
Bitten wir unsere Mutter um ihre Hilfe, damit es uns in dieser Fastenzeit gelingt, unsere Herzen durch Gebet und Buße zu weiten, damit der Herr mit seiner Gnade und mit seiner Freude einziehen kann.
1 Franziskus, Tagesmeditation, 16.3.2015.
2 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 12.
3 Hl. Josefmaria, Der Kreuzweg, Siebte Station, Nr. 3.
4 Franziskus, Tagesmeditation, 16.3.2015.