Betrachtungstext: 3. Osterwoche – Sonntag (C)

Eintauchen in das Meer der Geschichte – Jesus schickt uns, die Netze auszuwerfen – Ostern lädt uns ein, auf den Herrn zu vertrauen

NACH EINER DURCHWACHTEN NACHT, in der sie keinen einzigen Fisch gefangen haben, kehren die Jünger müde und enttäuscht mit leeren Netzen ans Ufer zurück. Dort, am Strand, sehen sie den auferstandenen Herrn – doch sie erkennen ihn zunächst nicht. Wie schon drei Jahre zuvor, bei ihrer ersten Berufung, fordert Jesus sie auf, die Netze noch einmal auszuwerfen. In dieser österlichen Begegnung, am Ende seines irdischen Weges, erneuert der Herr die Einladung, die Petrus einst an demselben See vernommen hatte: Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus! (Lk 5,4).

Das Bild vom Boot und den Netzen ist auch ein Sinnbild für Sendung der Kirche. Wie Petrus und seine Gefährten befinden auch wir uns im Boot der Kirche, gerufen, das Licht Christi auf das Meer der Geschichte zu tragen und mutig die Netze auszuwerfen. „Alle Meere gehören uns“, sagte der heilige Josefmaria. „Wo das Fischen schwieriger ist, ist es auch notwendiger.“1 Um den Zweifeln und Ungewissheiten zu begegnen, die uns auf diesem Weg erwarten, müssen wir den Herrn erkennen, der am Ufer auf uns wartet. So begreifen wir, dass das Beste, das wir anderen geben können, die Begegnung mit Christus selbst ist. „Nichts kann größere Befriedigung schenken, als zahllose Seelen dem Licht und der Wärme Christi zuzuführen“2, sagte der heilige Josefmaria.

Fische, geschaffen für das Leben im Wasser, sterben, wenn sie herausgeholt werden. Doch bei der Sendung des Menschenfischers ist es umgekehrt: Das Netz Christi rettet uns aus den Wassern des Todes und führt uns zum wahren Leben. Papst Benedikt XVI. erklärte: „Darum geht es beim Auftrag des Menschenfischers in der Nachfolge Christi: die Menschen aus dem Salzmeer all unserer Entfremdungen ans Land des Lebens, zum Licht Gottes zu bringen. (…) Erst wo Gott gesehen wird, beginnt das Leben richtig.“3


DIE APOSTEL bringen die gefangenen Fische und legen sie dem Herrn zu Füßen. Diese einfache Geste offenbart den tiefsten Sinn echter Evangelisierung: alle Seelen zur persönlichen Begegnung mit Jesus zu führen. Er ist der Ursprung, der Mittelpunkt und das Ziel jeder apostolischen Initiative der Kirche. Alles andere, so wichtig es auch sein mag, bleibt zweitrangig – denn allein die Begegnung mit Christus rettet. So berichtet die Apostelgeschichte: Nach Pfingsten erfüllten die Apostel Jerusalem mit dem Namen Jesu (vgl. Apg 5,27-32), getrieben von der Kraft dessen, dessen Leben, Tod und Auferstehung sie bezeugten.

Der Prälat des Opus Dei schrieb: „Wir möchten gerne, dass sich in dieser großen Katechese, die das Werk ist, alles immer mehr um seine Person drehe.“4 Wenn wir – von dieser Sehnsucht getragen – Vorträge oder Betrachtungen halten oder Gespräche über das christliche Leben führen, werden wir die Frohe Botschaft von der Liebe Gottes zu jedem Menschen mit neuer Leuchtkraft verkünden. Der heilige Ambrosius riet: „Sammle das Wasser Christi (...); fülle damit dein Inneres, damit deine Erde gut durchtränkt werde (...); und wenn du ganz erfüllt bist, wirst du die anderen begießen.“5

Wir sehen: Wenn wir auf das Wort Jesu hören, trägt unsere Arbeit reichlich Frucht. Das Netz war so voller Fische, dass sie es kaum einholen konnten – 153 große Fische, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht (Joh 21,11). Innerhalb weniger Stunden erfahren die Jünger die Müdigkeit einer erfolglosen Nacht und die überwältigende Freude eines unvergesslichen Fischfangs. Die Worte Christi garantieren nicht äußeren Erfolg, sondern laden uns ein, die Netze auszuwerfen. Nur Gott weiß, wann er sie füllt oder wann er in einer scheinbar weniger fruchtbaren Nacht einfach nur bei uns ist.


DER APOSTEL Johannes, der uns diese Begebenheit selbst erzählt, erkennt als erster, dass der Fremde am Ufer der Herr ist. Erleuchtet von einer Liebe, die unter dem Kreuz noch tiefer und stärker geworden ist, ruft er voller Gewissheit aus, als er das Netz voller Fische sieht: Es ist der Herr! (Joh 21,7). Es ist ein spontanes Glaubensbekenntnis, ähnlich dem von Thomas, der im Abendmahlssaal staunend bekannte: Mein Herr und mein Gott! (Joh 20,28).

Diese österlichen Szenen laden uns ein, mit der Liebe des Johannes und der Demut des Thomas zu verkünden, dass Jesus der auferstandene Herr ist – der Herr unseres Lebens. Diese Hoffnung erfüllt uns mit einem Optimismus, der nicht an unseren Misserfolgen, unserer Blindheit oder den Problemen des Lebens zerbricht. Auch wenn die Nacht dunkel und die Arbeit schwer ist, wissen wir: Der Herr steht am Ufer und wartet auf uns. Papst Franziskus sagte: „Mit Jesus fährt man frei von Angst über das Meer des Lebens, ohne der Enttäuschung nachzugeben, wenn wir nichts fangen, und ohne mit einem ,Da kann man nichts mehr tun‘ zu kapitulieren. Sowohl im persönlichen Leben als auch im Leben der Kirche und der Gesellschaft gibt es immer etwas Schönes und Mutiges, das man tun kann, immer.“6

In dieser österlichen Zeit bitten wir den Herrn, unser Vertrauen in seine Macht zu stärken und uns mehr Demut zu schenken, damit er immer mehr Raum in unserem Leben findet. Maria, Königin der Apostel, wird in uns das Vertrauen und den apostolischen Elan neu entzünden, damit wir die Freude des Evangeliums in alle Bereiche unseres Lebens tragen.


1 Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einem Familientreffen, Aug. 1962.

2 Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen von einer Betrachtung, 16.4.1954.

3 Benedikt XVI., Predigt, 24.4.2005.

4 Msgr. Fernando Ocáriz, Botschaft, 5.4.2017.

5 Hl. Ambrosius, Brief 2, 4.

6 Franziskus, Angelus-Gebet, 6.2.2022.