ANGELEITET durch die Lehren und das Beispiel des heiligen Josefmaria haben wir gelernt, die Welt mit Liebe und Wertschätzung zu betrachten. Wir erfreuen uns an allem Edlen und Guten der Schöpfung, weil wir wissen, dass es eine Gabe Gottes ist. Zugleich bleibt unser Herz nicht gleichgültig gegenüber dem Bösen, das die Schönheit der Welt schmälert und sie seinem liebevollen Plan entfremdet.
Für diese Entfremdungen mögen viele Ursachen verantwortlich sein, doch eine sticht besonders heraus: die Unkenntnis vieler Menschen über die Güte Gottes. Der heilige Josefmaria hat oft darauf hingewiesen: „Man kann wohl sagen, dass die Unwissenheit der größte Feind Gottes ist. (...) Diese Unkenntnis ist der Ursprung vieler Übel und stellt das größte Hindernis für das Heil der Seelen dar.“1 Wenn die Menschen hingegen Gott kennen und entdecken, dass er unser Glück ersehnt, ist es nur natürlich, dass sie ihn über alles lieben und sich dem nähern wollen, der die Quelle alles Guten ist. Dann kann das Reich des Messias anbrechen, wie der Prophet Jesaja schreibt: Man tut nichts Böses mehr und begeht keine Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg, denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn (Jes 11,9).
Gott hat durch die Jahrhunderte hindurch Männer und Frauen berufen, seine Liebe zu bezeugen, um sich so zu erkennen zu geben. Schließlich, als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt (Gal 4,4), um sich endgültig kundzutun: Der Wunsch Gottes, dass wir ihn erkennen, ist so groß, dass er selbst Mensch wurde, um uns seine Liebe und seinen Heilsplan zu offenbaren.
Die ADVENTLITURGIE schürt in uns die Erwartung. So beginnt die Messe heute mit einer Verheißung des Propheten Sacharaja – die sich mit der Ankunft Jesu erfüllte: „Seht, der Herr wird kommen und alle Heiligen mit ihm. Ein großes Licht wird aufstrahlen an jenem Tag.“2 Auch Jesaja verspricht Großes – wir hören es in der ersten Lesung. Er sagt, dass auf dem Spross Isais der Geist des Herrn ruhen wird: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn. Er richtet nicht nach dem Augenschein und nach dem Hörensagen entscheidet er nicht, sondern er richtet die Geringen in Gerechtigkeit und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist (Jes 11,2-4).
Jesus kommt nicht nur in die Welt, er kommt zu jedem einzelnen von uns. Oft spricht er auch durch Menschen oder Situationen zu uns und verwandelt die alltäglichen Umstände in Orte der Begegnung mit ihm. Wenn wir ein beschauliches Leben führen, können wir in jedem Ereignis des Tages seine Stimme entdecken, die uns sucht.
In diesem Dialog erwartet er, dass wir ihm mit Vertrauen und kindlicher Einfachheit begegnen. Denn Gott schenkt seine Weisheit den Demütigen, den „Weisen“ dieser Welt bleiben seine Pläne unverständlich. So hören wir Jesus im Evangelium sagen: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast (Lk 10,21).
Wenn wir uns also demütig an ihn wenden, wird er uns mit Frieden und Freude erfüllen und uns die Kraft geben, die Herausforderungen des Lebens anzunehmen und zu tragen. Der heilige Josefmaria ermunterte uns: „Wie viele Schwierigkeiten lösen sich, wenn wir uns innerlich ganz in die Hände Gottes geben, der uns niemals verlässt! Jesu Liebe zu den Seinen, zu den Kranken, zu den Gelähmten, zeigt sich jedes Mal neu, mit immer anderen Schattierungen. Er fragt: Was hast du? Und schon schenkt er Licht, oder zumindest Annahme und Frieden.“3
IN JESUS CHRISTUS zeigt sich die Fülle der Offenbarung. Der Herr sagt von sich selbst: Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand erkennt, wer der Sohn ist, nur der Vater, und niemand erkennt, wer der Vater ist, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will (Lk 10,22). Papst Benedikt XVI. bekräftigt: „Jesus sagt uns nicht etwas über Gott, er spricht nicht einfach vom Vater, sondern er ist die Offenbarung Gottes, weil er Gott ist und uns auf diese Weise das Antlitz Gottes offenbart.“4 In Christus ist Gott Mensch geworden, damit wir ihn sehen, mit ihm in Beziehung treten und die Pläne seiner Weisheit kennenlernen können. Die Apostel hatten tatsächlich wenig Scheu, Jesus immer wieder nach Deutungen zu fragen: Was bedeutete dieses Gleichnis oder jenes Ereignis? Genauso können wir unser Gespräch mit dem Herrn beginnen. Der persönliche, tägliche Umgang mit ihm führt uns dazu, ihn immer besser kennenzulernen. So lernen wir, wie er auf die Herausforderungen und Situationen des Lebens wie er zu reagieren. Wir können zusätzlich den Heiligen Geist um Hilfe zu bitten, damit unser Dialog mit Jesus uns Klarheit schenkt und auch anderen Licht und Orientierung bietet.
Im Laufe unseres Lebens erwerben wir viele Erkenntnisse. Einige davon prägen unser Denken, Handeln und Sein sehr tief. Oft haben wir grundlegenden Einsichten durch die Worte und das Beispiel unserer Mütter erhalten. Von Maria können wir das Vertrauen lernen, mit dem sie standhaft blieb in ihrem Entschluss, ihr Leben nach den Plänen Gottes einzurichten.
1 Hl. Josefmaria, Brief 6, Nr. 47.
2 Römisches Messbuch, Dienstag der 1. Adventswoche, Ruf vor dem Evangelium.
3 Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 249.
4 Benedikt XVI., Audienz, 16.1.2013.
