Wie feierte der heilige Josefmaria Weihnachten?

Erinnerungen verschiedener Menschen, die mit dem heiligen Josefmaria im Laufe der Jahre zusammen waren, zeigen, wie der Gründer des Opus dei das Weihnachtsfest feierte. Sie erzählen von seiner Liebe zum Jesuskind und zur Heiligen Familie und den liebevollen Aufmerksamkeiten für seine Umgebung.

Der Text zum Bild ist der Punkt 345 aus dem<i>Feuer der Schmiede</i>

Die Krippe

Während der Weihnachtszeit wurde im Haus der Escrivás die Krippe aufgebaut, stets dieselbe, aber immer erneuert. Da entstanden Berge aus Kork oder Karton und die Kinder halfen, die kleinen Figuren rund um den Stall aufzustellen. Nachts gingen Josemaría und seine Schwestern mit den Eltern in die Kathedrale zur Mitternachtsmesse, die in Spanien unter dem Namen ‚Messe zum Hahnenschrei’ bekannt ist. Auch war es Sitte, dass die Familie sich zusammen setzte, um im Chor die volkstümlichen Weihnachtslieder zu singen, die – fröhlich oder eher melancholisch wie ein Wiegenlied – die Freude der Menschen ausdrücken, dass Gott als Kind zur Erde gekommen ist.

Ein Weihnachtslied liebte der kleine Junge besonders: Madre, en la puerta hay un Niño – "Mutter, an der Tür steht ein kleiner Junge". In einer Strophe wiederholt das Jesuskind: "Ich bin auf die Erde gekommen, um zu leiden." Dieses Lied begleitete ihn von der Wiege bis zum Grab. "Als ich drei Jahre alt war”, erzählte er manchmal, "nahm meine Mutter mich in den Arm und sang mir dieses Lied vor. Dann schlief ich glücklich ein." In seinen letzten Lebensjahren war er sichtlich gerührt und versank ganz im Gebet, wenn er dieses Lied in der Weihnachtszeit hörte.

Zeichnung von Paulina Mönckeberg

Es sind vermutlich Erinnerungen aus seiner Kindheit, wenn er im Weg, Punkt 557, schreibt: „Frömmigkeit zur Weihnacht. – Ich lächle nicht, wenn ich dich die Baumrindengebirge aufbauen und die kindlichen Figuren an ihren Platz rücken sehe. – Du bist mir nie männlicher vorgekommen als jetzt, da du ein Kind bist.“

Das Jesuskind

Für den hl. Josefmaria war Weihnachten eine besonders liebenswerte Zeit, in der er sich bemühte, die Atmosphäre im Stall von Bethlehem nachzuempfinden, wo Maria und Josef ganz auf das Kind konzentriert waren. Einmal lag José Luis Illanes, ein andalusischer Student, der sich durch viele Talente und eine außerordentliche Vitalität auszeichnete, am Heiligen Abend mit hohem Fieber im Bett. Dem Vater tat es leid, dass der Junge nicht an der Festtagsfreude teilnehmen konnte, die im ganzen Haus herrschte. Er gab daher den Auftrag, „einen Weihnachtsbaum vorzubereiten, wie die, die im Haus aufgestellt waren, aber in klein, und daran Schmuck und viele kleine Schokoladenfigürchen zu hängen… Ich habe nämlich einen kranken Sohn… Aber ich habe ein winziges Jesuskind besorgt, um es ihm in sein Zimmer zu bringen. Es bricht mir wirklich das Herz, dass er diese Tage, die wir im familiären Miteinander verbringen, mit Fieber im Bett liegen muss.“

Während dieser Tage brachte der hl. Josefmaria seine Zuneigung zum Jesuskind ganz konkret zum Ausdruck. Pilar Urbano erzählt in ihrem Buch „El hombre de Villa Tevere“ (Der Mann in Villa Tevere) eine lehrreiche Geschichte. Weihnachten 1969 bringt man ihm eine Skulptur des Jesuskindes aus bemaltem Ton, das Palmira Laguens, eine Tochter von ihm gemacht hat, die Künstlerin ist. Der Vater geht an die Krippe, schaut das Kind an, lächelt und nimmt es in seine Hände. Er hebt es ganz hoch in die Luft, als spiele er mit einem echten Menschen. Dann küsst und liebkost er es, während er ihm liebevolle Worte sagt, ohne Rücksicht darauf, dass er von allen angeschaut wird. „Wie wunderbar du bist! Wie schön! Eine Stupsnase hast du! Mein Kleiner…! Den behalte ich bei mir!“

Diese Verehrung hatte schon lange tiefe Wurzeln in seiner Seele geschlagen. Vor vielen Jahren, als Josemaría die Kaplanstelle des Klosters Santa Isabel innehatte, gaben ihm die Ordensfrauen ein kleines Christuskind, das sie heute noch „das Jesuskind von Prälat Escrivá“ nennen. Die Mutter Carmen de San José, Küsterin des Klosters in jener Zeit, erzählt, dass sie öfters gesehen habe, wie Josemaría das Kind, das in der Sakristei der Kirche zur Verehrung ausgestellt war, in liebevoller und vertrauter Art in seinen Armen wiegte und ihm Lieder sang, als würde es sich um ein lebendiges Kind handeln.

“Alvaro, ich habe mir gedacht, wir könnten das Jesuskind dem Römischen Kolleg vom Heiligen Kreuz schenken, als Grundstein sozusagen für den endgültigen Sitz." ”

Alvaro del Portillo erzählt eine kleine Geschichte, die sich auf dieses Jesuskind bezieht. Sie zeigt, welche Loslösung der hl. Josefmaria sich stets zu leben bemühte: Im Dezember 1959 ließ er die Skulptur eines Jesuskindes kopieren, die den Augustinerinnen des Elisabeth-Stifts in Madrid gehörte, deren Seelsorger er von 1931 bis 1936 gewesen war. Die Kopie sollte etwas größer als das Original werden. Für ihn war dieses Jesuskind mit vielen sehr persönlichen geistlichen Erinnerungen verbunden, mit außerordentlichen göttlichen Gnadenerweisen. Heute nennen die Schwestern im Kloster die kleine Skulptur deshalb »das Jesuskind des Don Josemaría«. Die damalige Sakristanin, Schwester San José, berichtet, daß der Vater, wenn das Jesuskind während der Weihnachtszeit in der Sakristei war, oft zu dem Kind sprach, ihm etwas vorsang, ihm zulächelte, ganz so, als sei es wirklich lebendig. Drei Tage vor Weihnachten 1959 nun kam der Vater in das Büro der Architekten in Villa Tevere und setzte sich; er war erschöpft und ungewöhnlich schweigsam, versunken in Gott. Just in dem Augenblick kommt Manuel Caballero herein, der das Tonmodell für die Holzkopie gefertigt hatte. Jetzt hatte er die fertige Skulptur verpackt bei sich, setzte sich neben den Vater und machte das Paket – absichtlich langsam – auf. Als der Vater sah, daß es das Jesuskind war, nahm er es in seine Arme, drückte es an sich und verließ, sichtlich gerührt, den Raum.

Wenig später kam er zu mir und sagte: »Alvaro, ich habe mir gedacht, wir könnten das Jesuskind dem Römischen Kolleg vom Heiligen Kreuz schenken, als Grundstein sozusagen für den endgültigen Sitz.« Er wollte so jeder Anhänglichkeit aus dem Weg gehen, nachdem er gemerkt hatte, wie sehr ihn das Kind anrührte: nicht einmal eine so unschuldige Freude wollte er sich gönnen.

Javier Echevarría, der heutige Prälat des Opus Dei, hat mehr als zwanzig Jahre an der Seite des hl. Josefmaria verbracht. Er kann sich an Einzelheiten erinnern, die den Umgang des Gründers des Opus Dei mit der Heiligen Familie in der Weihnachtszeit charakterisierten: „Was mich immer sehr beeindruckt hat, war seine Spontaneität im Umgang mit Gott. Ich war auch Zeuge seiner brennenden, leidenschaftlichen Liebe, wenn Weihnachten war. Voller Zärtlichkeit küsste er das neugeborene Kind, wenn er in die Kapelle ging oder sie verließ. Andere Male nahm er es in seine Arme und liebkoste es, während er es dankbar anschaute und zeigt, wie sehr er von ihm lernen wollte. Einmal richtete er nach einem Kuss seine Augen auf dieses Jesuskind und mit der liebevollen Zartheit eines Familienvaters machte er ihm ein Kompliment: „Du stupsnasiger Bengel!

In mehreren Jahren habe ich Weihnachten folgende Szene vor Augen gehabt: Bei der Aufstellung der Krippenfiguren stellte jemand den heiligen Josef etwas entfernt vom Kind und von Maria auf oder eher im Hintergrund. Msgr. Escrivá stellte sie dann wieder zusammen und sagte: ‚Wir wollen Josef immer in die Nähe von Jesus und Maria stellen, denn so war es damals. Er ist ihnen immer noch sehr nah und sollte außerdem unser Lehrmeister für den dienst an Gott sein. Dabei rechnen wir immer mit der Fürsprache Mariens, denn auch sie war ganz für ihn da."

Verbunden mit seinen Töchtern und Söhnen

Der hl. Josefmaria versuchte stets, diese Familienfesttage mit seinen Kindern zu feiern. So besuchte er im Jahr 1937, mitten im spanischen Bürgerkrieg, als die wenigen Mitglieder des Opus Dei sich alle an der Front befanden, Botella und Casciaro in ihren militärischen Stellungen. Sie feierten den Heiligen Abend in den Baracken. Botella erinnert sich, dass „ in diesen außergewöhnlichen Umständen, in denen wir uns befanden, seine spürbare Liebe und das familiäre Zusammensein mich tief berührten. Ich war total glücklich und die Hingabe an Gott schenkte mireine tiefe Freude“.

“Wo, mein Sohn, ist das Bild Christi das ich in deinem Herzen suche?”

Später, als das Opus Dei schon in mehreren Ländern vertreten war, konnte der hl. Josefmaria Weihnachten nicht mehr mit jedem feiern. Dann baute er Nähe auf, indem er weihnachtliche Briefe oder wenigstens Glückwünsche schickte, wie etwa Weihnachten 1971: „Er (Gott) und seine Heilige Mutter, unsere Mutter Maria - adeamus cum fiducia ad thronum gloriae, zu María, ut misericordiam consequamur - mögen uns eine heilige Weihnacht bescheren und uns die Gnade einer immer feinfühligeren und großzügigeren Hingabe erwirken.

Meine Lieben. Jesus schütze meine Töchter und Söhne! Ich sende euch diese Zeilen mit den besten Wünschen für eine heilige Weihnacht. Gleichzeitig möchte ich euch wiederholen, damit ihr es in eurem Herzen bewahrt, dass Gott sich auf uns, auf einen jeden von uns, stützt und wir alle auf unseren Schultern die gesegnete Last verspüren müssen, das Werk voranzubringen, wie Gott es von uns erwartet – voller Optimismus und mit dem Blick auf die ganze Welt."

Nun war diese Vorgehensweise nichts Neues, denn schon in seiner Jugend verschickte er Grußkarten zu Weihnachten. So weiß die kritische Ausgabe vom Weg zu erzählen: "Der Punkt 94 – Er hat sich so klein gemacht – du siehst ja: ein Kind! – damit du ohne Scheu zu Ihm kommst – hat vermutlich seinen Ursprung in einem Brief, der vor Weihnachten 1938 geschrieben wurde. Man besitzt nämlich noch einen Brief an Ricardo Fernández Vallespín, in dem es heißt: ›Ich werde das Jesuskind bitten - du siehst ja: ein Kind! – es möge uns helfen, den ‚alten Menschen’ unter dem Schnee dieses Dezembermonats zu begraben. Wenn wir das wollen, wird es so geschehen. Eine feste Umarmung und mein Segen. Mariano.‹"

Don Joaquín Alonso hatte mehrere Jahre die Gelegenheit, die Festtage mit dem hl. Josefmaria zu verbringen: "Sehr gut erinnere ich mich an den Heiligen Abend 1954, als wir Studenten des Römischen Kollegs gerade in das Gebäude gezogen waren, das Casa del Vicolo genannt wurde, in der Bruno Buozzi Straße 73. Ein Künstler aus Andalusien, der bei uns lebte, Manolo Caballero, damals sehr jung, aber inzwischen schon lange tot, hatte ein paar Figuren für die Krippe hergestellt, die wir im Wohnzimmer aufbauen wollten, das sozusagen noch leer stand, ohne Möbel. Der hl. Josefmaria kam herein, um sie sich anzusehen, und sie gefielen ihm sehr. Er sagte dann, wir müssten sie mit einer Betrachtung an dem Abend im Wohnzimmer einweihen.

" Er hat sich so klein gemacht – du siehst ja: ein Kind! – damit du ohne Scheu zu Ihm kommst."

Da es keine Stühle gab, saßen wir bei dieser Betrachtung alle auf dem Boden. Wir waren etwa hundert sehr junge Leute. Nun, er als Prediger saß natürlich auf einem Stuhl. Ich erinnere mich vor allem an einen Satz, den er mehrmals wiederholte, als wolle er ihn uns fest einprägen: "Wo, mein Sohn, ist das Bild Christi das ich in deinem Herzen suche?" Eins um andere Mal wiederholte er diesen Satz, und man spürte, dass er ihm aus dem Herzen kam.

Die Betrachtung, die er uns an Heilig Abend 1963 hielt, wurde später, nachdem er sie etwas bearbeitet hatte, in Christus begegnen veröffentlicht; es ist die Homilie mit dem Titel: "Christi Triumph in seiner Demut". Was er dort sagt, dass wir nämlich das Licht und die Gnade Christi tief in unser Herz dringen lassen sollen, erinnert mich daran, was er uns damals 1954 sagte, denn es ist ein für ihn typischer Gedanke im Zusammenhang mit Weihnachten. Ein anderer ist der, dass wir lernen müssen, den Willen Gottvaters zu erfüllen wie Jesus, Maria und Josef, die mit ihrem Gehorsam daran mitarbeiten, dass wir das neue Leben in Christus haben."

*Die Auswahl der Texte erfolgte aus folgenden Büchern:

El hombre de Villa Tevere, von Pilar Urbano; Edición Crítica de Camino, Ed. Pedro Rodríguez; La Fundación del Opus Dei, John F. Coverdale; Über den Gründer des Opus Dei; Interview mit Alvaro del Portillo, Césare Cavalleri; Historia del Opus Dei y de su Fundador, François Gondrand; Memoria del Beato Josemaría, Javier Echevarría sowie Der Gründer des Opus Dei, Andrés Vázquez de Prada, und das Interview mit Joaquín Alonso für diese Webseite.