Vom Leuchten der Gotteskindschaft

Zum Gedenktag des heiligen Josefmaria Escrivá am 26. Juni eine Meditation von Josef Arquer

Heilige dokumentieren mit ihrer vielfältigen Eigenart den Facettenreichtum der Nachfolge Christi. Gerade an diesen Tagen regt der liturgische Kalender zum Nachdenken darüber an. Am 24. stehen wir mit Johannes dem Täufer an der Schwelle zwischen Altem und Neuem Testament und vernehmen Worte der Umkehr und der Offenheit für den, der kommen wird. Am 29., dem gemeinsamen Feiertag der heiligen Petrus und Paulus, verweisen uns schon die kräftigen Symbole auf die Nuancen der Nachfolge: Petrus mit den Schlüsseln in der Hand, Paulus mit Buch und Schwert. Zwei Tage nach Johannes und drei Tage vor Peter und Paul steht der liturgische Gedenktag des heiligen Josefmaria Escrivá.

Zeitgenossen bedürfen keiner ikonographischen Symbole. Die Verkündigung des hl. Josefmaria erreicht uns durch zeitgerechte Hilfen: Neben den Büchern von ihm und über ihn: Filme, Bilder, Worte, einprägsame Geste. Er sprach oft von ideas madres, die er in alle einprägen möchte – von Grundeinsichten. Er fand sie in der Heiligen Schrift, besonders in der Betrachtung des Lebens unseres Herrn. Er las und betrachtete die Schrift „nicht als ein Buch der Vergangenheit, nicht als ein Buch der Probleme, über die wir streiten, sondern als ein gegenwärtiges Wort, das zu uns heute spricht; als ein Wort, in dem wir vorkommen, jeder von uns, und in dem wir unseren Platz suchen müssen, damit wir unseren Weg finden.“ (aus: Joseph Ratzinger:Wollen, was Gott will - Predigt anläßlich der Seligsprechung von Josemaría Escrivá in der Kirche Duodeci Apostoli in Rom am 19.5.1992; in: K.M.Becker/J.Eberle (Hrsg.), Die Welt - eine Leidenschaft. Charme und Charisma des seligen Josemaría Escrivá, St. Ottilien 1993, S. 11)

Die Berufung zündet ein Licht an

Im Licht der gnadenhaften Berufung zum Glauben erkennt der heilige Josefmaria: Wir sind Kinder Gottes in Christus. „Die Berufung zündet ein Licht an, das uns den Sinn unseres Lebens erkennen läßt. Im klaren Licht des Glaubens sehen wir das Warum unseres irdischen Daseins. Unser Leben - das vergangene, das gegenwärtige und das zukünftige - erscheint dann in einer neuen Dimension, mit einer nicht geahnten Tiefe. Alles, was in unserem Leben geschieht, gewinnt so seinen wahren Bezugspunkt: Wir begreifen, wohin uns der Herr führen will, und wir fühlen uns mitgerissen von der uns anvertrauten Aufgabe.“ (Christus begegnen, 45) Er möchte, dass alle „jenes göttliche Leuchten entdecken, das selbst aus den ganz alltäglichen Wirklichkeiten hervorbricht". (Gespräche 119)

Der heilige Josefmaria hat in vielfachen Variationen diese eine Einsicht entfaltet. Allen Christen, aber besonders den „Weltchristen“, den Laien, sagt er, Heiligkeit sei „keine Sache für Privilegierte“. Das Bemühen darum sei kein „Sonderweg“, sondern der „Normalfall“. Die Dinge des Alltags seien keine Hemmnisse, sondern „der Stoff der Heiligkeit", denn „jede noch so alltägliche Situation birgt etwas Heiliges, etwas Göttliches in sich.“ Deshalb: „wenn ein Christ die unbedeutendste Kleinigkeit des Alltags mit Liebe verrichtet, dann erfüllt sich diese Kleinigkeit mit der Größe Gottes.“ (Gespräche 116) Deswegen konnte er sagen: „Alle Wege Gottes auf Erden haben sich aufgetan“.

Von seiner Liebe zu den Gleichnissen bewegt, genoss es der Heilige, diese Grundeinsichten anschaulich zu machen. So soll jeder Christ wie „eine intravenöse Spritze in den Blutkreislauf der Gesellschaft“ sein. Oder „wie die Hefe im Teig". Ja sogar „wie die Maus im Käse" - hatte er gelegentlich schmunzelnd verdeutlicht, auf den apostolischen Drang anspielend, der dem Christsein innewohnt.

Er wollte der "gute und treue Knecht" aus dem Evangelium sein, der nach der Vollendung seiner Arbeit eingeladen wird, an der Freude seines Herrn teilzunehmen. An seinem liturgischen Gedenktag bestätigt die Kirche, in ihm habe sich das Wort vollendet.