Betrachtungstext: 16. Woche im Jahreskreis – Freitag

Das Wort Gottes verstehen – Feste Überzeugungen – Gutes Erdreich sein

SELBST DIE APOSTEL haben die Worte Jesu nicht immer verstanden. Trotz der Vertrautheit, die sie mit ihm hatten, gelang es ihnen oft nicht, die göttlichen Überlegungen nachzuvollziehen. Doch Christus zeigt sich nicht ungeduldig oder müde angesichts ihres Unverständnisses. Im Gegenteil, er bemühte sich, seine Lehren in klarerer Form zu wiederholen. Denn ihm war es wichtig, dass seine Botschaft die Herzen der Menschen erreichte. Diese Tatsache kann uns trösten, wenn auch wir uns in einem bestimmten Moment verloren fühlen oder den Willen Gottes nicht klar verstehen. Wir können sicher sein: Jesus wird uns aufsuchen, um uns eine unerwartete Situation oder ein unverständliches Wort zu erhellen, ähnlich wie er es mit den Aposteln tat, nachdem er das Gleichnis vom Sämann erzählt hatte.

Zu jedem Menschen, der das Wort vom Reich hört und es nicht versteht, kommt der Böse und nimmt weg, was diesem Menschen ins Herz gesät wurde; bei diesem ist der Samen auf den Weg gefallen (Mt 13,19). Ein Wort, das nicht verstanden wird, ist wie ein Samenkorn, das an der Oberfläche bleibt: Es kann sein Potenzial nicht entfalten, es kann nicht wachsen, um anderen Schatten zu spenden. Doch durch die betrachtende und häufige Lesung des Evangeliums kann dieser Samen in den Boden unserer Seele eindringen, wachsen und Früchte tragen. Papst Franziskus kommentierte: „Das Wort Gottes legt in uns einen Weg zurück. Wir hören es mit den Ohren, und es geht zum Herzen; (...) und vom Herzen geht es zu den Händen, zu den guten Werken. Das ist der Weg, den das Wort Gottes zurücklegt: von den Ohren zum Herzen und zu den Händen.“1 Fragen wir uns: Habe ich den gleichen Wunsch wie die Apostel, zu verstehen, was Jesus mir sagen will, damit sein Wort in meinem Leben Frucht bringt? Will ich bereit sein, dass Gottes Wort in meinem Geist, in meinem Herzen und in meinen Händen aufgeht?


GELEGENTLICH machen wir die Erfahrung, dass wir ein Projekt mit Begeisterung beginnen. Wir sind voller Freude und Eifer dabei, es voranzutreiben, weil wir gerne daran teilnehmen oder weil wir glauben, dass es eines Tages großartige Ergebnisse bringen wird. Doch manchmal verlieren wir diesen anfänglichen Impuls, wenn Routineaufgaben zu erledigen sind oder Schwierigkeiten auftreten. Dann sehen wir den Sinn unseres Tuns nur noch verschwommen und fragen uns, inwieweit es eine gute Idee war, uns auf dieses Abenteuer einzulassen. Ähnliches kann in unserer Beziehung zu Gott geschehen: Es gibt Zeiten der Lebendigkeit und Leichtigkeit, aber auch Momente der Apathie oder des Desinteresses. In einem Gleichnis spricht Jesus von dieser Situation: Auf felsigen Boden ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort hört und sofort freudig aufnimmt; er hat aber keine Wurzeln, sondern ist unbeständig; sobald er um des Wortes willen bedrängt oder verfolgt wird, kommt er sofort zu Fall (Mt 10,20-21).

Der Herr betont die Beständigkeit als ein wichtiges Kriterium für unseren Glauben im Gebet. Gerade in Momenten des Kreuzes, wenn die Begeisterung nachlässt, haben wir die Möglichkeit, auf die Kraft des Gebetes zu vertrauen und im menschlichen und übernatürlichen Glauben zu wachsen. Obwohl es menschlich verständlich ist, dass wir zufrieden sind, wenn die Dinge gut laufen, und die Freude verlieren, wenn sie es nicht tun, sind wir dann erst wirklich Herr über uns selbst, wenn unser Leben von tiefen Überzeugungen und Gottes Hilfe getragen ist. Die Monotonie oder Lustlosigkeit im Umgang mit dem Herrn sind keine Hindernisse, sondern eine Chance, um uns enger an ihn zu binden; sie sind eine gute Gelegenheit, unser Leben nicht auf einen Gemütszustand oder äußere, oft unkontrollierbare Umstände zu stützen, sondern um unseren Samen im fruchtbaren Boden von Gottes Ruf anzubauen, unser Leben mit ihm zu teilen.


AUF GUTEN Boden ist der Samen bei dem gesät, der das Wort hört und es auch versteht; er bringt Frucht – hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach (Mt 13,23). Die Frucht des guten Samens hängt nicht allein von unserer Kraft ab. Wie der heilige Josefmaria schreibt, dürfen wir nicht vergessen, dass „Jesus gleichzeitig der Sämann, der Samen und die Frucht der Saat ist: das Brot des ewigen Lebens“2. Dank der Barmherzigkeit Gottes kann unsere Seele der gute Boden sein, der dem Samen hilft, seinen vollen Gehalt zu entwickeln.

Der Alltag stellt uns vor viele Situationen, in denen wir eine Nächstenliebe leben können, die diesen Boden bereitet und es dem Herrn ermöglicht, in uns zu wachsen. Der heilige Josefmaria nennt einige Beispiele: „die treffende Bemerkung und der Witz, die du dir verkneifst; das freundliche Lächeln für einen, der dich stört; das Schweigen gegenüber ungerechten Vorwürfen; wohlwollendes Verhalten gegenüber zudringlichen Menschen und solchen, die ungelegen kommen; Nachsicht mit den lästigen Angewohnheiten derjenigen, mit denen du täglich zu tun hast und die dir auf die Nerven fallen …“3Das sind die schmackhaften Früchte, die zeigen, dass die Saat des Herrn auf guten Boden gefallen ist, und die wiederum den Boden für das Gebet vorbereiten.

Papst Franziskus sagte: „Jeder von uns ist ein Boden, auf den der Same des Wortes fällt, niemand wird ausgeschlossen. Das Wort wird jedem von uns gegeben. Wir können uns fragen: Was für eine Art von Boden bin ich? Gleiche ich dem Weg, dem steinigen Boden, dem Dornbusch? Wenn wir wollen, dann können wir mit Gottes Gnade zu gutem Boden werden, der mit Sorgfalt gepflügt und bestellt wird, um den Samen des Wortes reifen zu lassen. In unseren Herzen ist er bereits vorhanden, aber ob er Früchte trägt, hängt von uns ab, es hängt davon ab, wie wir dieses Samenkorn aufnehmen.“4 Die Jungfrau Maria war der gute und fruchtbare Boden, auf dem Gott heranwuchs. Sie kann uns helfen, damit auch wir zu einem Boden ohne Dornen und Steine werden und gute Früchte für unser eigenes Leben und für das Leben der anderen hervorbringen.


1 Franziskus, Audienz, 31.1.2018.

2 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 151.

3 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 173.

4 Franziskus, Angelus-Gebet, 12.7.2020.